Türkische Invasion: EU ringt um Worte

Die türkische Militäroffensive in Nordsyrien wird zum Stresstest für die neue „Geopolitik“ der EU. Die Außenminister finden den Vormarsch zwar schlimm – doch irgendwie hat es ihnen die Sprache verschlagen.

Ganz anders Präsident Recep Erdogan: Er warnte die Europäer davor, von einer „Invasion“ zu sprechen und drohte damit, Zehntausenden syrischen Flüchtlingen „die Tore nach Europa“ zu öffnen.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn forderte die EU dagegen auf, Erdogan zu widerstehen und eine „klare Position“ zu beziehen.

Am Montag treffen sich die EU-Außenminister, um über die Lage in Nordsyrien und andere Krisen zu beraten. Der erste Versuch, eine gemeinsame Haltung gegenüber der Türkei zu bestimmen, war am Mittwoch am Veto Ungarns gescheitert.

Die EU wollte den türkischen Präsident Recep Tayyip Erdoğan vor einem Einmarsch in Nordsyrien warnen, kam wegen des Neins aus Budapest jedoch zu spät. Danach verurteilten die Europäer den Einmarsch und forderten eine politische Lösung.Anzeige

Von Sanktionen gegen die Türkei war zunächst keine Rede. Die EU könnte ihre Haltung jedoch noch überdenken, sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn.

„Wir können nicht gleichgültig bleiben“, betonte er. Die von der Türkei angegriffenen Kurden „waren Verbündete in einem Kampf, den wir allein nicht gewonnen hätten“. Dass nun ausgerechnet die Kämpfer gegen den „Islamischen Staat“ getroffen würden, „das tut menschlich unheimlich weh“.

Zunächst will die EU jedoch die Reaktion im Weltsicherheitsrat und das Verhalten der USA abwarten. In Washington haben einige Senatoren bereits Strafmaßnahmen gegen die Türkei gefordert.

Auch in Paris denkt man über Sanktionen nach. Das Thema werde den EU-Gipfel am Donnerstag beschäftigen, sagte die französische Europa-Staatssekretärin Amelie de Montchalin.

Von den Außenministern, die schon am Montag tagen, erwartet man in Paris offenbar nicht viel…

Siehe auch „Erdogan führt EU & Nato vor“ sowie meinen Kommentar für die taz: „Vom Appeasement zur Ohnmacht

P.S. Immerhin einer findet klare Worte: Ratspräsident Tusk. Die EU werde „niemals akzeptieren, dass Flüchtlinge zu Waffen gemacht und benutzt werden, um uns zu erpressen“, sagte Tusk am Freitag bei einem Besuch beim EU-Mitglied Zypern. „Daher betrachte ich die Drohungen von Präsident Erdogan gestern als völlig verfehlt“, so Tusk.