Gabriels neue (Un-)Ordnung
Während Kanzlerin Merkel zunehmend in der Versenkung verschwindet, denkt Noch-Außenminister Gabriel (SPD) über die Neuordnung EUropas nach dem Brexit nach. Und kommt zu merkwürdigen Ergebnissen.
“Wenn wir ein kluges Abkommen mit Großbritannien hinbekommen, das die Beziehungen zu Europa nach dem Brexit regelt, könnte das ein Modell für andere Länder sein: die Ukraine und auch die Türkei”.
Die Türkei soll also auf dieselbe Stufe wie UK und die Ukraine gestellt werden? Ein bizarrer Gedanke. Denn zum einen ist längst nicht sicher, dass wir “ein kluges Abkommen mit Großbritannien hinbekommen”.
Die letzten Pläne aus Brüssel laufen eher darauf hinaus, dass UK entrechtet und hingehalten wird – bis 2020 sollen die Briten alle EU-Gesetze übernehmen, ohne noch mitreden zu dürfen.
Danach will die EU noch ein paar Jahre über ein Freihandelsabkommen verhandeln. Bestenfalls sei ein CETA plus drin – also ein Klon des umstrittenen EU-Kanada-Abkommens, heißt es in Brüssel.
Das ist weder sehr attraktiv noch besonders klug. Man kann sich kaum vorstellen, dass die Ukraine oder die Türkei sich damit zufrieden geben würden.
Die Gleichung Türkei = UK = Ukraine geht nicht auf – auch wenn es durchaus Sinn macht, sich über die künftigen Beziehungen zu unseren Nachbarn Gedanken zu machen.
Merkwürdig ist auch Gabriels Timing. Er macht seinen Vorschlag just in dem Moment, da Sultan Erdogan eine neue Verhaftungswelle einleitet. Klar, ein paar Deutsche wurden zuletzt freigelassen.
Aber reicht das, um der Türkei schon wieder privilegierte Beziehungen zu versprechen, sogar eine “neue, engere Form der Zollunion”? Wohl kaum.
In Wahrheit nähert sich die Türkei immer mehr russischen Verhältnissen an. Für Russland hat sich Gabriel jedoch noch keine spezielle Partnerschaft ausgedacht.
Dabei ist Moskau für die Zukunft EUropas mindestens genauso wichtig wie Ankara…
Thomas
28. Dezember 2017 @ 15:34
Ukraine: Billige Arbeitskräfte und Rohstoffe. Da war die Deutsche Maschine schon immer scharf drauf. Wo das Interesse an der Türkei herkommt erschliesst sich mir nicht. Noch mehr Türken in Deutschland? Thanks, but no thanks.
Manfred Waltermann
28. Dezember 2017 @ 09:17
Club der Gestrigen
Es ist tatsächlich kaum zu glauben, dass nahezu die gesamte Riege der führenden EU- und deutschen Regierungsmitglieder in Weihnachtsurlaub abgetaucht scheint! –
Bei uns werden wohl die “Verhandlungen” um eine Wiederauferstehung der Groko nahezu ausnahmslos von Personen geführt werden, die dieser Mißgeburt der Demokratie niht mehr angehören sollten! – Die beiden Spitzen eingeschlossen!! –
Gabriel hat in dieser Urlaubspause die Gelegenheit genutzt, sich selbst mit unausgegorenen Ideen im Gespräch zu halten. – Es geht ja nicht zuletzt auch um seine Altersversorgung.
Frau Merkel testet inzwischen, wie weit sie ihre Umfragewerte noch in den Keller treiben kann, während Marti Schulz sich dort schon befindet.
Zum Glück ist die Bundesrepublik so gut aufgestellt, dass sie diese regierungslose Phase ohne wirtschaftlichen Schaden gut überstehen wird.
Baer
28. Dezember 2017 @ 08:52
Wenn GB den EURO hätte und alle anderen Rechte und Pflichten,würde ich mir mehr Sorgen machen.An GB sieht man doch sehr deutlich,dass ein Europa auch ohne den Euro gut leben kann .Eine gemeinsame Wirtschaftsgemeinschaft mit einer gemeinsamen Verrechnungseinheit,aber auch nationalen Währungen.
Was die Türkei und die Ukraine angeht,gibt es no war.
Wenn Putin näher bei der Eu wäre, müsste uns die USA geopolitisch auch keine Sorgen mehr machen.
Die derzeitige unsägliche EU Politik muss mit Stumpf und Stiel ausgerissen werden,dann wird aus Vielem ein Schuh.Allerdings mit einem deutlich verminderten und radikal erneuerten Personal .Ansonsten werden wir noch viel Ärger bekommen.
Peter Nemschak
28. Dezember 2017 @ 09:47
Wir sollten uns weniger Sorgen um die anderen machen, weil wir selbst genug zu tun haben. Die USA sind am Selbstfindungstrip, Russland, Türkei und die Ukraine autoritär, Ostmitteleuropa irgendwo dazwischen. Dennoch geht es den meisten in Deutschland und Österreich materiell so gut wie nie zuvor.
Reinard Schmitz
27. Dezember 2017 @ 17:04
Das ist ja alles recht und schön. Aber kann mir mal jemand erklären, weshalb GB hinterher und außerhalb der EU ebenso gut integriert und versorgt sein soll wie derzeit noch innerhalb der EU als normales Mitglied? Sie betreiben den Austritt, dass das auf Dauer nur Stunk und Schwierigkeiten geben wird, das ist doch jedem klar. Und all das nicht zu knapp. Jede Verhandlung müsste eigentlich auf den Wiedereintritt hinauslaufen, alles andere hätte ja wenig Logik. Nichtmitglieder erster und zweiter Klasse? Mit privilegierter Partnerschaft hat Merkel ja bereits die Türkei erfolgreich verscheucht.
Wenn unser Herr Außenminister darauf hinweisen will, dass es entweder einen Platz in der EU mit allen Rechten und Pflichten gibt oder eben einen Holzschemel draußen vor, dann hätte das Sinn. Aber zuvor müssten wir innerhalb der EU heftig fegen, damit alles glänzt.