Weber hat zu viel versprochen: “Türkei bleibt Beitritts-Kandidat”
So kann’s gehen: Nur drei Tage nach der Europawahl treibt die EU-Kommission die umstrittene Erweiterung voran. Sie will Beitrittsgespräche mit Albanien und Nord-Mazedonien – und umwirbt die Türkei.
Das Reich von Sultan Erdogan sei ein “Schlüsselpartner” und “EU-Kandidat”, erklärte die Außenbeauftragte Federica Mogherini. Es habe sich zwar zuletzt von der EU entfernt und “Spannungen” im Mittelmeer verursacht, doch das lasse sich ja noch reparieren.
Diese Aussagen sind ein Schlag ins Gesicht für das EU-Mitglied Zypern, vor dessen Küste die Türkei Marineübungen abhält und Öl- und Gasbohrungen plant – unter Verletzung aller internationalen Verträge. Zudem sind sie ein Rückschlage für EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber.
Der CSU-Mann hatte im Wahlkampf ein Ende der EU-Türkei-Gespräche versprochen. Kanzlerin Angela Merkel hatte sich noch am Dienstag für Weber stark gemacht – er solle Kommissionschef werden. Doch das hindert die scheidende Kommission nicht, mal eben schnell Fakten zu schaffen.
Schneller voran gehen soll es nun vor allem in Albanien und Nord-Mazedonien. “Beide Länder haben bei Reformen geliefert”, sagte Erweiterungskommissar Johannes Hahn. Er forderte die EU-Mitgliedstaaten auf, ihre Versprechen einzulösen und der Empfehlung für Beitrittsverhandlungen zu folgen.
Bei Albanien verlangten die EU-Staaten insbesondere “weitere greifbare Ergebnisse im Kampf gegen Korruption auf allen Ebenen und im Kampf gegen organisiertes Verbrechen”. Bei Nord-Mazedonien forderten die Mitgliedsländer weitere Reformen in der Justiz, Verwaltung und bei den Sicherheitsbehörden.
Doch all diese Probleme könnten schnell vergessen werden. Denn es geht hier auch um Geopolitik: Die EU will den angeblich wachsenden Einfluß Russlands und Chinas auf dem Westbalkan zurückdrängen und die Türkei bei Laune halten, damit Merkels Flüchtlingsdeal weiter geführt werden kann.
Was sind dagegen schon Wahlkampf-Versprechen, Sicherheits-Bedenken und Korruptions-Probleme? Die haben wir ja schließlich auch bei den EU-Mitgliedern Bulgarien und Rumänien, um nur zwei Beispiele zu nennen…
Siehe auch “Meint Weber das ernst?”
Baer
30. Mai 2019 @ 10:24
Hastings Ismay hat als erster NATO Generalsekretär folgenden Satz von sich gegeben.
Der einzige Sinn der NATO ist Russland draußen,Amerika drinnen und Deutschland unten zu halten.
Alles Weitere erklärt sich von selbst.Würden unsere Politikdarsteller ein wenig mehr Hirn haben, wären die unumgänglichen Schritte vollkommen klar.
Aber nicht mit diesen Akteuren.
Nur wer gegen den Strom schwimmt gelangt zur Quelle, nur tote Fische schwimmen mit dem Strom.
zykliker
30. Mai 2019 @ 19:32
Doro alte Latex-Bitch, wissen wir alle, schon mal vom Besatzungs-Statut gehört? Nicht daß wir das toll fänden: klingt komisch, iss aber so. Nennt man reale Machtverhältnisse, konnte nur ein Nazi wie der alte Adolf selig sprengen, aber dann hätten wir halt den GröFaz rechtzeitig bremsen müssen, doch der wollte auch unbedingt zur Quelle und viele von uns mit. Vielleicht sind die jetzigen Polit-Darsteller schlauer als wir denken, die wollen vielleicht einfach nur auch noch länger leben; schon mal von der Seite gesehen?
Also: nur Fische, die laichen und dann sterben wollen, schwimmen bergauf, oder sie werden schon vorher vom Grizzly gefressen.. das ist so ein riesiger nordamerikanischer …!
zykliker
30. Mai 2019 @ 22:01
PS: “Besatzungs-Statut” ist etwas pauschal; hier die Fakten:
https://www.facebook.com/watch/?v=1923172867904312
Vernunftbegabt
30. Mai 2019 @ 09:08
Stellt noch jemand die Frage, wer tatsächlich die EU zerstört?
Oudejans
29. Mai 2019 @ 21:48
>>”Das Reich von Sultan Erdogan sei ein “Schlüsselpartner” und “EU-Kandidat”, erklärte die Außenbeauftragte Federica Mogherini”
‘… noch schnell.’ möchte ich da anfügen.
Holly01
29. Mai 2019 @ 17:09
Da die Vision der Vereinigten Staaten von Europa vom Tisch sind, muss und kann man sich umorientieren.
Die EU wird (so man den Entscheidungen folgen möchte) eine sehr starke Verteidigunskomponente bekommen. Wobei man das Wort Verteidigung eher so im US Stil verstehen muss.
Die Sicherung der Aussengrenze ist gesetzt. Das wird also auch ein starker Teil sein.
Die Verteilung von Flüchtlingen ist vom Tisch.
UNO Verträge her, EU Absprachen hin, das wird schlicht nicht stattfinden, ist also de facto Sache der Einzelstaaten.
Die soziale EU ist (vor allem dank Deutschland) ebenfalls vom Tisch. Alles was soziale Fragen angeht bleibt national.
Steuern werden für die EU offensichtlich nicht eingeführt. Auch da ist es offensichtlich, das Einstimmigkeit nicht zu erreichen ist.
Was kommt also:
Es kommt eine stark militarisierte EU mit harten Aussengrenzen, in der abgesehen von Strukturfonds und Forschungsgeldern nur Subventionen verteilt werden.
Das Regelwerk wird über die EU gemacht.
Die Gerichte entscheiden national, aber de facto nach EU Recht.
Der Brexit zeigt, wie unmöglich die Trennung nationaler Verträge von der EU ist.
Unter diesen Aspekten sind die Aufnahmeverhandlungen zur EU nur noch Makulatur.
Auf der Basis können alle Ex-Yugoslawien Staaten, die Türkei und sogar die Ukraine beitreten. Inhaltlich sind die Nationen und Gesellschaftften so weit getrennt, das das völlig egal ist.
Bleibt das Problemkind “Euro”.
Unter dieser Sicht werden im Euro nur die verbleiben, die dort Vorteile sehen und das sind nicht viele.
Es wird also einen Modus geben aus dem Euro auszutreten.
Es wird auch die Regel abgeschafft, das in der EU der Euro die Währung für alle sein soll (muss).
Damit zerfällt die EU tatsächlich in ein Gebilde das dem der HrRdN sehr ähnlich sein wird.
Das hat 1000 Jahre gehalten. Nicht gut. Nicht schön. Totalitär und Innovationsfeindlich dazu, aber stabil.
Dann ist es auch egal ob Orban oder die PiS “dies” tun oder “das” lassen.
Das Motto lautet “wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe”, der EU Bürger kann wohnen wo immer er/sie/es mag, muss sich aber natürlich den nationalen regeln beugen und sie einhalten. Dafür garantiert die EU weitgehende wirtschaftliche “Unversehrtheit” und relative “Rechtssicherheit”.
vlg
ebo
29. Mai 2019 @ 19:00
Treffende Analyse. Das Problem :eine solche EU wird die nächste Krise nicht überleben. Wobei jede Wahl eine Krise auslösen kann…