Krise West (II)
Die Trump-Wahl stürzt die EU in eine existentielle Krise. Plötzlich wird offenbar, wie abhängig EUropa von den USA ist. Vor allem Kanzlerin Merkel steht unter Druck – Trump könnte sie in den Zangengriff nehmen.
[dropcap]E[/dropcap]s ist gerade einmal drei Wochen her, dass ich in diesem Blog die „Krise West“ analysiert habe. Damals ging es um Großbritannien, Belgien und die Niederlande, die die EU-Politik infrage stell(t)en.
Es ging um die innere Krise der EU, die längst nicht mehr nur Süd- oder Osteuropa betrifft, sondern auch den Westen, also den alten Kern. Nun kommt eine äußere Krise hinzu – aber auch sie trifft EUropa ins Mark.
Denn Trump ist ja keine Premiere, Berlusconi war ein früher Vorgänger. Und die gewendeten USA stehen nicht allein. Sie haben schon einen Fuß in der europäischen Tür, zumindest in UK haben sie einen Partner.
Das zeigt sich schon jetzt in Brüssel, wo der britische Außenminister Johnson ein Sondertreffen der Chefdiplomaten schwänzt. Er ist Trump-Fan und will daher nicht über die US-Wahl-Folgen reden.
Neben den Briten dürfen auch Polen und Ungarn als Trump-Fans gelten. Ungarns Premier Orban hat Trumps Wahl sogar begrüßt. Die EU steht also nicht geschlossen gegen Trump, sondern geschwächt.
Noch komplizierter wird die Lage, wenn man Russland und die Türkei betrachtet. Sollte Trump seine Ankündigungen wahr machen und Putin und Erdogan umarmen, so könnte er die EU in den Zangengriff nehmen.
Besonders anfällig dafür ist ausgerechnet das angeblich so mächtige Deutschland. Denn Kanzlerin Merkel hat sich von Erdogan abhängig gemacht. Der wiederum arbeitet mit Putin zusammen, und der setzt nun auf Trump.
Wenn es dumm läuft, formiert sich hier eine fünfte Kolonne, die nicht nur Merkel das Leben schwer machen könnte. Mit Moralpredigten allein wird EUropa dagegen nicht ankommen…
Siehe auch „Der letzte Weckruf“ und „Diese Rede müsste Juncker jetzt halten
Peter Nemschak
14. November 2016 @ 11:22
@S.B Damit es uns in Europa nicht schlechter geht, müssen wir höherwertigere Güter und Dienstleistungen als die Menschen in der Dritten Welt produzieren. Dafür müssen wir in Bildung, Infrastruktur und Forschung investieren. Einfache Lösungen gibt es nur aus der Hand der Populisten. Im übrigen wird in Europa trotz Problemen auf nach wie vor hohem Niveau gejammert.
S.B.
14. November 2016 @ 13:47
@Peter Nemschak: Die herrschenden, angeblichen Demokraten investieren seit Jahrzehnten in Bildung. Was dabei herausgekommen ist und herauskommt, kann allenthalben bewundert werden: sozialistische Indoktrination. aber nur geringe Kenntnisse im Übrigen. Das kann ich so behaupten, da meine Tochter gerade in die 9. Klasse aufs Gymnasium geht. Für das, was die nachwachsenden Generationen zum Leben brauchen, lernen die nichts, wenn es ihnen nicht zu Hause beigebracht wird. Das Gleiche gilt für einen Großteil der Studienfächer (Laber-Wissenschaften) an den Unis.
Zu höherwertigen Gütern: Was wollen Sie denn da so an Höherwertigem produzieren und wer braucht das? Und wer von den vielen in Armut lebenden oder von ihr bedrohten Europäern, soll denn diese höherwertigen Güter kaufen? Und: Wer braucht (gefühlt) noch höherwertige Güter, wenn es die normalen Sachen auch tun? Ich jedenfalls kaufe mir auch keine Miele-Waschmaschine, wenn eine Bosch zum halben Preis genauso ihren Zweck erfüllt.
Zum Jammern auf hohem Niveau: Das ist genau das abgehobene „Eliten“-Denken, das den angeblichen Populisten Auftrieb gibt. Übersetzt heißt das: Mir geht’s gut, dann hat es Dir auch gutzugehen.
Zu einfachen Lösungen: Ach was, selbstverständlich gibt es einfache Lösungen. Man muss sie nur wollen. Dummerweise sind die komplizierten Lösungen das Geschäftsmodell der Politik, die mit einfachen Lösungen großteils überflüssig wäre.
Reinard
14. November 2016 @ 10:47
Ich denke, der industrielle-militärische Komplex samt Geheimdiensten wird Trump in die „richtige Richtung“ schieben. Das hat ja leider bisher fast immer geklappt. Im Zweifelsfall mit Mord. Wer nur die Ära Obama passieren lässt und sich die Resultate anschaut, sollte keine allzu großen Erwartungen hegen.
kaush
14. November 2016 @ 09:25
Und noch eine Frage, ebo:
Gehörst Du auch zur Lückenpresse:
„Frankreich und Großbritannien sind dem EU-Krisengipfel über Donald Trump ferngeblieben. London will mit den USA bilateral zusammenarbeiten.“
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/11/14/eu-gespalten-london-und-paris-bleiben-krisen-gipfel-zu-trump-fern/
Es ist eben nicht nur der britische Außenminister dem Treffen fern geblieben, wie Du hier behauptest.
Wie man den oben zitierten Artiekl entnehmen kann, kam auch deutliche Kritik von Österreich an dem Treffen:
„Österreichs Außenminister Sebastian Kurz äußerte ebenfalls Kritik an dem Treffen. Er beurteile einen Politiker „lieber, wenn er wirklich im Amt ist und gezeigt hat, in welche Richtung seine Politik geht“, sagte Kurz am Sonntagabend vor den Beratungen der EU-Außenminister zu Konsequenzen aus der US-Wahl in Brüssel. Er finde deshalb, „dass dieses Treffen zu einem sehr frühen Zeitpunkt“ stattfinde.“
Andere Länder haben auch nicht ihre Chef-Diplomaten geschickt, sondern Vertreter.
ebo
14. November 2016 @ 09:29
@kaush Haha, Lückenpresse! Stimmt, ich hatte eine Wissenslücke, denn bis gestern Abend wußte niemand, dass Frankreich fernbleibt. Heute wissen es alle. Ich hielt das Treffen ohnehin für verfrüht, es war eine Idee von Steinmeier, der dann selbst viel zu spät kam. Such is life!
kaush
14. November 2016 @ 09:05
Oh mein Gott, wir sind von Feinden umzingelt.
ebo, Du machst mich ganz konfus. Wenn soll ich denn heute nun Hassen und Fürchten?
Das wird langsam unübersichtlich. Und was ist schlimmer, Trump-Fan, oder Putin-Versteher? Bei wem muss ich mehr Vater unser Beten?
Das hysterische Kreieren von Feinden, die angeblich die EU bedrohen, vernebelt doch nur den ungetrübten Blick auf die Realität: Die Totengräber EUropas sitzen in Brüssel und Berlin. Die haben das ganz ohne Trump geschafft.
ebo
14. November 2016 @ 09:16
@kaush Niemeand sollst Du hassen und fürchten. Aber auch niemanden preisen und verehren. Unser erster Trump hieß Berlusconi, EUropa ist nicht so politisch korrekt und clean, wie es manche in Brüssel oder Berlin nun weismachen wollen…
Peter Nemschak
13. November 2016 @ 18:03
Was das UK und manche Osteuropäer mit Trump verbindet, ist der nationalistische Populismus. Die Schwäche dieses Populismus besteht darin, dass er zersplittert ist und politisch gemeinsam nicht handlungsfähig ist. Diesen Umstand sollten sich die pluralistischen Demokratien zunutze machen.
Claus
14. November 2016 @ 08:43
. . . so, so, lieber Herr Nemschak, und das unter der EU vereinte Europa der „pluralistischen Demokratien“ hat seine unzersplitterte Handlungsfähigkeit in politisch oder gesellschaftlich signifikanten Bereichen durchschlagend bewiesen bzw. erwarten Sie dies noch?
S.B.
14. November 2016 @ 08:46
@Peter Nemschak: Die „pluralistischen Demokratien“ zeigen doch seit Jahrzehnten, dass sie ihre an sich selbst gestellten Ziele immer wieder verfehlen. Das „demokratische“ Establishment, das real gar nicht demokratisch ist, labert schon seit gefühlten Ewigkeiten von einer besseren Welt, mehr Gerechtigkeit etc. pp. und hat alle Steuerungsinstrumente in der Hand. Die Realität zeigt uns, was diese Leute tatsächlich erreichen. Das genaue Gegenteil von dem, was sie vorgeben erreichen zu wollen:
„118 Millionen EU-Bürgern droht Armut“
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/social-justice-index-2016-18-millionen-eu-buergern-droht-armut-a-1121113.html
Das Einzige, was diese politische Kaste, die sich mit dem Tarnmantel der Demokratie einhüllt, betreibt, ist die Sicherung und der Ausbau ihrer Pfründe. Die Menschen sind ihnen völlig egal, was diese zunehmend spüren.
Peter Nemschak
14. November 2016 @ 10:01
Meinen Sie, dass Trump und seine europäischen rechten Pendents es besser machen würden? Immerhin gibt es in Europa wesentlich weniger Ungleichheit als in den USA und ausgebaute Sozialsysteme. Besser kann man es immer machen. Dass sich wirtschaftliche Entwicklung und damit steigende Einkommen mittlerweile von Europa nach Asien und in andere Dritte Welt Regionen verschoben haben, dürften Sie geflissentlich übersehen haben. Dort geht es Millionen Menschen besser als vor einer Generation. Sie übertreiben mit Ihrer Kritik.
S.B.
14. November 2016 @ 11:07
„Meinen Sie, dass Trump und seine europäischen rechten Pendents es besser machen würden?“
Das weiß ich nicht. Gerne gebe ich ihnen aber nach der langen, langen Zeit der Misserfolge der angeblichen Demokraten mit zunehmender Negativtendenz, die Chance.
„Besser kann man es immer machen.“ Sie sagen es. 😉 Man könnte auch sagen, schlechter kann man es kaum noch machen.
„Dass sich wirtschaftliche Entwicklung und damit steigende Einkommen mittlerweile von Europa nach Asien und in andere Dritte Welt Regionen verschoben haben, dürften Sie geflissentlich übersehen haben.“
Das freut mich für die Menschen in diesen Ländern. Allerdings sehe ich nicht, warum es den Menschen in Europa deswegen schlechter gehen muss und warum die europäische Politik sich für diese Entwicklung in fremden Ländern, für deren Wohl und Wehe sie nicht zuständig und nicht gewählt ist, einsetzen sollte, anstatt für ihre Bürger.
„Sie übertreiben mit Ihrer Kritik.“ Das mögen Sie so sehen, ich hingegen nicht.
GS
13. November 2016 @ 17:54
In der NYT wird derweil Merkel schon fast ARD/ZDF-mäßig überhöht: http://www.nytimes.com/2016/11/13/world/europe/germany-merkel-trump-election.html?smid=tw-share&_r=0
Ich verstehe auch nicht, warum die EU jetzt gegen Trump stehen muss. Außenpolitisch Entspannung gegnüber Russland – ist das doch toll.
Peter Nemschak
13. November 2016 @ 20:41
Der Mangel an Gelassenheit ist Indiz für die Schwäche der EU. Egal welchen Weg die USA in Zukunft gehen wird, die EU muss den ihren gehen, europäisches Selbstbewusstsein ist gefragt.