China muss Überschuss abbauen – who’s next?
Das ist eine schlechte Nachricht für EUropa: Die USA zwingen China unter Androhung von Strafzöllen zum Abbau des Exportüberschusses. Nun wird der Druck auf die EU und Deutschland noch größer.
Washington soll eine Verringerung des Defizits mit China um 200 Mrd. Dollar bis 2020 verlangt haben. Aus der vagen gemeinsamen Erklärung geht zwar nicht hervor, ob Peking diese Zahl tatsächlich abgenickt hat.
Es wurden aber „bedeutende Erhöhungen“ der US-Agrar- und Energie-Exporte nach China angekündigt. Die neue Handelskooperation soll auch den medizinischen Bereich, High-Tech-Produkte und Finanzen umfassen.
Wenn dieser dubiose Deal hält, so bedeutet das nichts Gutes für die EU. Eigentlich wollte sie ihre „bewährten“ Beziehungen zu den USA spielen lassen, um ein transatlantisches Bündnis gegen China zu schmieden.
Das war eine schlechte Idee, denn US-Präsident Trump ist auf diesem Ohr taub. Besser wäre es gewesen, gemeinsam mit den Chinesen eine Abwehrfront gegen Trumps Protektionismus aufzubauen.
Doch das haben die EUropäer nicht gewagt. Nun kommt es so, wie in diesem Blog vorhergesagt: America first, China second, EUrope third. Die USA dürften ihen „Erfolg“ nutzen, die EUropäer noch mehr zu bedrängen.
Das wird vor allem Deutschland zu spüren bekommen. Trump hatte den Druck auf das größte – und exportabhängigste – EU-Land zuletzt spürbar erhöht. Deutschland wird zur Zielscheibe für seine Pressionsversuche.
Dabei geht es nicht mehr nur um Stahl und Autos, sondern auch um Flugzeuge und Energie – Stichwort Nord Stream. Man darf gespannt sein, ob Kanzlerin Merkel eine Parade findet – sie war gerade erst in Russland…
Die US-Offensive könnte aber auch auf Frankreich zielen, wenn es – wie in China – um Agrarexporte geht. Immerhin kann Präsident Macron darauf hinweisen, dass sein Land eine ausgeglichene Handelsbilanz hat.
Das kann man von Deutschland nicht behaupten. Die deutschen Überschüsse sind sogar noch größer als die Chinas. Entsprechend groß dürfte nun der Druck aus Washington werden.
Der „Überschusssünder“, der den „Defizitländern“ allzu gerne Lektionen erteilt, bekommt nun die Quittung für seine Politik. Die Deadline läuft bis Ende Mai – müssen wir dann mehr Produkte aus Trumpland kaufen?
Siehe auch „Trotz Trump: EU will mehr exportieren“
Herbert Hensler
21. Mai 2018 @ 13:24
Es gibt einige Politiker und Ökonomen die seit Jahren darauf hinweisen, wie dringend man sich auf das magische Fünfeck besinnen und auf einen Zahlungsbilanzausgleich achten müsse. Dazu gehörte auch die Forderung, die Binnennachfrage in Deutschland durch kräftige Lohnerhöhung und Investitionen zu stimulieren und gleichzeitig die Arbeitslosigkeit zu verringern. Was passierte auf diese Forderung? Wenig bis nichts, denn die Antwort blieb beim Beharren auf der Schwarzen Null und geringfügigen Lohnerhöhungen. Selbst die Gewerkschaften verharrten in ihrer Angststarre, sie könnten den Erwartungen des Exportweltmeisters Schaden zufügen. Die prophezeite Antwort kommt zwar mit Verspätung, aber sie kommt, und es rächt sich, dass die Regierung ihre Berater, ihrer eigenen neoliberalen Ideologie entsprechend, ausgewählt hat.
Peter Nemschak
21. Mai 2018 @ 12:20
Export ist keine Einbahnstraße. Allein wenn ein Handy entwickelt, produziert und vertrieben wird, durchläuft der Prozess mehrere nationale Grenzen und manifestiert sich einmal als Export, dann wieder als Import. Interessant ist die Frage, welche Anteile der Wertschöpfung wo hängen bleiben. In jedem deutschen Auto, das exportiert wird, stecken hohe importierte Komponenten. Werden BMWs, die in den USA produziert werden, durch den Einsatz von mehr US-Arbeit relativ teurer als bisher, wird sich die Roboterisierung beschleunigen und damit Arbeit durch Kapital ersetzt werden. Ob Trump selbst glaubt, im Interesse seiner Popularität bei bestimmten Schichten ökonomische Gesetze nachhaltig außer Kraft setzen zu können, wage ich zu bezweifeln. Es kommt ihm auf kurzfristige Effekte an, um an der Macht zu bleiben, und er rechnet mit der Einfalt seiner Wähler.
Schubert
21. Mai 2018 @ 09:08
Jede Wirtschaft will exportieren, Überschüsse realisieren. Defizite abzubauen ist normal, besonders bei „American first“. Den Unwägbarkeiten des Exportes aus dem Wege zu gehen, verlangt, den eigenen Binnenmarkt besser zu nutzen.
Buschock
Peter Nemschak
20. Mai 2018 @ 15:18
Beim Deal mit den Chinesen sind Zweifel angebracht: zwischen medial und real sind gerade bei Trump Unterschiede zu erwarten. Es wird auch unterschätzt, dass die Wertschöpfungsketten der Konzerne nicht starr sondern flexibel sind und dass menschliche Arbeitskraft leichter als früher durch Roboter zu ersetzen ist.
Peter Nemschak
20. Mai 2018 @ 11:01
Was von Trumps Deals, diesmal der China-Deal, zu halten ist, werden die nächsten Monate zeigen. Mit politischen Ansagen lassen sich ökonomische, aber auch machtpolitische Realitäten nicht ohne weiteres zur Seite wischen. Wunschdenken ist auch eine Spielart von Denken.
ebo
20. Mai 2018 @ 12:35
Da haben Sie völlig recht. Leider hat die EU nicht mehr mehrere Monate Zeit, sondern nur noch zwei Wochen – dann endet Trumps Deadline. Beim Flüssiggas ist sie den USA schon weit entgegen gekommen. What’s next?