Im Fußball Weltklasse, in der Weltpolitik nur Amateur

Im Fußball ist Europa Weltklasse – Frankreich, Kroatien, Belgien und England haben es an diesem Wochenende bewiesen. On est Champions du monde! Doch wenn es um die große Politik geht, spielen wir in der Regionalliga.

Das zeigen die beiden Gipfel, die am Montag in Helsinki und in Peking stattfinden. Gleich zweimal steht die EU zögernd am Rande – unfähig, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen und Steilvorlagen zum Tor zu verwandeln.

Am eklatantesten ist dies beim Treffen Trump-Putin in Helsinki. Da treffen sich die beiden mächtigsten Männer der Welt in Europa, und kein einziger EU-Politiker nimmt teil! Lieber warten die Eurokraten an der Seitenlinie…

…und freuen sich klammheimlich, dass Trump mal wieder unter Druck steht. „Pünktlich“ zu seinem Treffen mit Putin hat das US-Justizministerium Anklage gegen zwölf russische Geheimdienstmitarbeiter erhoben.

Sie sollen in Cyberattacken vor Trumps Wahl verwickelt sein. Beweise gibt es keine, das Timing ist suspekt. Doch das Ziel wurde erreicht: Trump ist in der Defensive, Putin steht als „Aggressor“ da, das Klima ist vergiftet.

Die EU könnte, ja müsste dieses Treffen nutzen, um eine eigene Agenda vorzulegen, die die USA und Russland aus dem Kalten Krieg holt und Entspannung für Europa bringt. Doch in Brüssel spielt man nicht offensiv…

Auch der EU-China-Gipfel steht unter ungünstigen Vorzeichen. Zwar sind die Chinesen im Vorfeld auf Schmusekurs gegangen; gemeinsam mit den Europäern wollen sie Trumps Attacken in der Handelspolitik abwehren.

Doch die EU denkt gar nicht daran, diese Traumvorlage anzunehmen. In Brüssel betont man bei jeder Gelegenheit, dass man mit den USA einig sei: die Chinesen sind die Bösen, nur Trumps Stil gefällt den Eurokraten nicht.

Auf keinen Fall möchte man einen politischen Gegenpol gegen die USA bilden – lieber hält man den Amerikanern auch noch die zweite Wange hin. EU-Ratspräsident Tusk hat das gerade wieder gezeigt.

Als Trump behauptete, Europa sei ein „Gegner“ der USA, fiel Tusk nichts besseres ein, als zu twittern: „Amerika und die EU sind beste Freunde. Wer auch immer sagt, wir seien Feinde, verbreitet Fake News.“

Immerhin, der EU-Präsident hat dem US-Präsidenten widersprochen. Aber wie? Tusks Antwort mag ironisch gemeint sein, doch sie sieht nicht gerade nach erfolgreicher Vorwärts-Verteidigung aus…

WATCHLIST:

  • Rückkehr der Bleus nach Paris. Am Montag werden die Fußball-Weltmeister in Paris erwartet. Wird es ein Triumphzug wie 1998? Damals fuhr die Equipe tricolore im Bus die Champs-Elysées hoch, ganz Frankreich feierte „black blanc beur“, also die (scheinbar) gelungene Integration. Zwanzig Jahre später feiern sie Mbappé und den „zweiten Stern“…
  • Es ist wieder Brexit-Time. Nachdem Trump den Plan von Premierministerin May in der Luft zerrissen und ein Freihandelsabkommen UK-USA ausgeschlossen hat, dürfte nun EU-Verhandlungsführer Barnier den Rest erledigen – und Mays Plan ebenfalls zerlegen. Die warnt schon mal, UK könne am Ende „ganz ohne Brexit dastehen.

WAS FEHLT:

  • Der Schulterschluss zwischen Kanzlerin Merkel und EU-Kommissionschef Juncker. Nach Berichten über die gesundheitlichen Probleme Junckers sagte Merkels Sprecher, dass man „sehr hohes Vertrauen“ in den EU-Chef habe. Das Kanzleramt stärkt Juncker den Rücken – der Luxemburger darf nicht abtreten, selbst wenn er wankt…
  •  Ein sicherer Hafen für Frontex. Neuerdings verweigert Italien sogar Schiffen der EU-Grenzschutzagentur die Einfahrt. Also müssen 450 Flüchtlinge auf andere EU-Länder verteilt werden, darunter Deutschland und Frankreich. In Brüssel feiert man das als „neue Solidarität“ – man kann es aber auch „Amoklauf am Mittelmeer“ nennen…