Triell: Unkritische Bekenntnisse zu EU und Nato
Welche Lehren ziehen die drei Kanzlerkandidaten aus dem Afghanistan-Desaster? Das erste “Triell” lieferte keine überzeugenden Antworten. Baerbock, Laschet und Scholz propagieren ein entschiedenes “Weiter so”.
Alle drei Kandidaten bekannten sich zu EU und Nato – ohne Wenn und Aber. Zudem forderten sie eine Stärkung der sicherheitspolitischen Rolle Deutschlands – also mehr Geld für die Bundeswehr. Laschet möchte zudem einen “nationalen Sicherheitsrat”.
Dass auch die EU und die Nato in Afghanistan versagt haben, kam keinem der drei Spitzenkandidaten in den Sinn. Im Gegenteil: Baerbock will die Nato noch “stärker” machen. Und Scholz fordert der Linken einen Treueschwur zum Atlantischen Bündnis ab.
Dabei hat sich die Nato nicht nur als “hirntot” (Frankreichs Macron), sondern auch als handlungsunfähig erwiesen. Sie ist den USA in Afghanistan auf Schritt und Tritt gefolgt und war am Ende nicht einmal in der Lage, für eine geordnete Evakuierung in Kabul zu sorgen.
Auch die EU hat sich nicht mit Ruhm bekleckert. Die “geopolitische Kommission” in Brüssel ist seit Tagen abgetaucht, die Außenminister spielen keine Rolle, die Innenminister streiten über eine mögliche Flüchtlingswelle. “Rette sich wer kann”, heißt das Motto.
Von den Kandidaten hätte ich erwartet, diese Probleme anzusprechen und Alternativen zu formulieren. In der Nato braucht es einen Neubeginn, ohne Generalsekretär Stoltenberg. Da er ohnehin bald geht, wäre es leicht, dies auszusprechen – doch niemand wagte es.
In der EU spricht man über “strategische Autonomie”; Frankreich fordert seit Jahr und Tag eine europäische Verteidigung. Industriekommissar Breton hat diese Forderung gerade bekräftigt. Nach Afghanistan sei eine EU-Verteidigung keine Option, sondern ein Muss.
Doch Baerbock, Laschet und Scholz weichen auch dieser Debatte aus. Sie wollen die deutsche Rolle stärken und die Bundeswehr aufrüsten. An den überkommenen Strukturen in EU und Nato wollen sie jedoch nichts ändern.
Und Kritik an den USA, die für das Afghanistan-Debakel verantwortlich sind, hört man von diesem Triell gleich gar nicht…
Mehr zur Bundestagswahl hier
Armin Christ
30. August 2021 @ 21:02
Ich fürchte der Maas wird Nachfolger von Stolteneberg. Dann kann allerdings Macrons Aussage nicht mehr stimmen, denn wo nix is kann auch nix tot sein.
european
30. August 2021 @ 19:58
Man wird sehen, was davon nach der Wahl noch bleibt.
Zumindest Olaf Scholz traue ich zu, dass er in der nächsten Legislaturperiode zumindest mit Verhandlungen diesbezüglich beginnen könnte, ohne gleichzeitig offiziell die NATO in Frage zu stellen.
Was wirklich überfällig ist. Macron hatte ja Recht.