Brüssel transparenter als Berlin – Rezession näher als erwartet
Die Konservativen waren dagegen, ihr Spitzenkandidat Weber (CSU) duckte sich weg. Offenbar war ihm das Thema zu heiß. Dennoch hat sich das Europaparlament neue, striktere Lobbyismus-Regeln gegeben. Damit wird die Gesetzgebung in Brüssel transparenter als in Berlin.
Künftig sollen wichtige EU-Abgeordnete – etwa Berichterstatter der Ausschüsse oder Vorsitzende der politischen Gruppen – offenlegen, mit welchen Lobbyisten sie sich getroffen haben. Damit soll die Transparenz verbessert werden.
Die Entscheidung fiel mit 380 zu 224 Stimmen. Auf Antrag der konservativen EVP-Fraktion, der auch CDU/CSU angehören, war die Abstimmung geheim. Dies ist im Europaparlament ein sehr ungewöhnliches Verfahren.
Nach Angaben des Grünen-Abgeordneten S. Giegold war es die erste geheime Abstimmung über eine Sachfrage seit Jahren. In Brüssel sind nach Schätzungen zwischen 15.000 und 25.000 Lobbyisten aktiv, genaue Zahlen gibt es nicht.
Bei umstrittenen Themen wie dem Datenschutz, dem Copyright im Internet oder auch verschärften CO2-Grenzwerten für Neuwagen werden die Europaabgeordneten regelrecht von Lobbyisten bedrängt und belagert.
Auch in der normalen Gesetzgebung spielen Interessenvertreter oft eine zentrale Rolle. Dennoch war bisher nicht zu erkennen, welche Lobbyisten Einfluss genommen haben. Viele Treffen finden in Brüsseler Hinterzimmern statt.
Das soll sich mit der neuen Geschäftsordnung ändern. Die Kontakte sollen künftig in einem öffentlich (online) zugänglichen Transparenzregister verzeichnet werden. Doch das passt nicht allen Abgeordneten.
Durch die Neuregelung müsse er sich von seinen Gesprächspartnern „schriftlich bestätigen lassen, dass sie nicht als Unternehmensvertreter unterwegs und außerdem im Transparenzregister erfasst sind“, klagt der CDU-Abgeordnete D. Caspary.
Doch die Anhänger der Reform – neben den Grünen stimmten auch Sozialdemokraten und Linke dafür – weisen das zurück. Die Bedenken aus den konservativen und liberalen Reihen seien nur vorgeschoben, hieß es.
Offengelegt werden sollen nämlich nur jene Lobby-Treffen, die der Vorbereitung eines EU-Gesetzes dienen. Ansonsten könnten die Abgeordneten auch künftig frei agieren…
WATCHLIST:
- Am 1. Februar tritt das neue JEFTA-Abkommen mit Japan in Kraft. Es ist das größte Handelsabkommen, das die EU jemals geschlossen hat . Es soll u.a. dazu führen, dass 99 Prozent der Zölle auf EU-Exporte nach Japan wegfallen. Allerdings dürfte der Nutzen für Bürger und Unternehmen vergleichsweise gering sein – warum das so ist, steht hier
WAS FEHLT:
- Die Rezession in Italien und andere schlechte Konjunkturdaten, u.a. aus Deutschland. Das Bruttoinlandsprodukt Italiens schrumpfte im 4. Quartal um 0,2 Prozent. In Deutschland wurde die Rezession mit plus 0,1 Prozent nur haarscharf verfehlt. Beide Länder leiden u.a. unter den Unsicherheiten beim Brexit. Die Krise ist näher als man denkt – mehr hier
Peter Nemschak
1. Februar 2019 @ 12:36
Selbst ein Waffenstillstand im Handelskrieg China-USA wird nichts daran ändern, dass beide Länder weiterhin um die Spitze als Weltmacht ringen werden. Dies könnte zu einer Beschleunigung der Digitalisierung führen und würde auch massive Auswirkungen auf die EU haben. Eine neue Form der Rüstungskonjunktur könnte nach einer vorübergehenden Rezession einsetzen. Analogien dazu gab es in den 1960-iger Jahren durch das Apolloprogramm der NASA als Reaktion auf den sowjetischen Sputnik-Erfolg 1957, die Cocom-Restriktionen (Exportbeschränkungen für militärisch sensible Güter und Soft Ware) der USA gegen die UdSSR und in den 1980-iger Jahren die SDI (Strategic Defense Initiative – „star wars“) der USA, welche den technologischen Fortschritt anfeuerte und die rasche Ausbreitung des Internet nach 1991 begünstigte. Die Ausgangsposition der USA ist heute schlechter, weil sich die geopolitischen Gewichte zu ihren Ungunsten verschoben haben. Die USA täten im Eigeninteresse gut daran, ihre westlichen Verbündeten bei Laune zu halten und strategisch einzubinden statt sie sich zu entfremden und zu Feinden zu machen.
Peter Nemschak
1. Februar 2019 @ 08:29
Eine Rezession ist keine Krise sondern ein natürliches konjunkturelles Phänomen in einer kapitalistischen Wirtschaft.