The good, the bad and the ugly (III): Das ging schief

Die Legislaturperiode ist zu Ende, die “heiße” Phase des Europa-Wahlkampfs hat begonnen. Zeit für eine Bilanz: Was hat Junckers “Kommission der letzten Chance” geschafft, was bleibt zu tun – und wo tun sich neue Brüche und Krisen auf? – Teil 3 einer mehrteiligen Serie.

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Der Beinahe-Rauswurf Griechenlands, die Flüchtlingskrise, der Brexit – und dann noch der Aufstieg der Rechtspopulisten und Nationalisten: Selten ist in der EU so viel schief gegangen wie in den letzten fünf Jahren unter Jean-Claude Juncker. Dabei ist der scheidende Chef der EU-Kommission daran am wenigsten Schuld.

Fast alle Krisen verbinden sich mit einem anderen Namen: Angela Merkel. 2014 war sie noch die ungekrönte Queen of Europe, unangefochten führte sie die EU in einem Bündnis mit dem britischen Premier Cameron. Frankreich war an den Rand gedrängt worden, Italien auch. Und die EU-Kommission war geschwächt.

Als Juncker dann Anfang 2015, kurz nach seiner Wahl, versuchte, der neuen Linksregierung in Griechenland zu helfen, wurde er von Merkel und ihrem damaligen Finanzminister Wolfgang Schäuble brüsk in die Schranken gewiesen. Von dieser ersten Kraftprobe, die zugunsten Berlins ausging, sollte er sich nie wieder erholen.

Auch Merkels doppelter Alleingang in der Flüchtlingskrise – erst bei der Aufnahme der Migranten aus Ungarn, dann beim Türkei-Deal – hat den Kommissionschef und seine Autorität schwer beschädigt. Aber auch Ratspräsident Donald Tusk wurde beim Türkei-Deal übergangen, wie die ARD-Dokumentation „Das Europa-Drama“ belegt.

Kurz danach begann das Brexit-Drama. In Berlin hat man versucht, es Juncker in die Schuhe zu schieben. Dabei war es Merkel, die mit Cameron gegen Brüssel paktiert hatte (beide haben das EU-Budget gekürzt) – und nun jedes größere Zugeständnis an London verweigerte, das das Referendum womöglich doch noch hätte wenden können.

Allerdings wäre es falsch, den Brexit auf einzelne Politiker zu schieben, wie es nun wieder Juncker versucht („Cameron war der größte Zerstörer“). Der britische EU-Austritt ist Symptom einer viel größeren Malaise, die gern als „politisches Risiko“ abgetan wird: gemeint ist die Abgehobenheit der EU-Eliten und das „Demokratie-Defizit“.

Juncker, als abgewählter Ex-Premier des Steuerparadieses Luxemburg, wurde spätestens mit dem LuxLeaks-Skandal nolens volens zum Symbol dieser abgehobenen Eliten. Das Demokratie-Defizit hat er nicht behoben, sondern sogar noch verstärkt. Das OXI der Griechen wurde ebenso übergangen wie das „No“ der Briten.

Nur in einem Bereich ging es voran

Zu den Negativ-Punkten der letzten fünf Jahre gehört aber auch, dass die EU und der Euro nicht reformiert wurden. Das Junker-Team war nicht einmal in der Lage, die Steilvorlage zu verwandeln, die Frankreichs neuer Präsident Emmanuel Macron 2017 lieferte. Das Chance wurde vertan – auch wegen Merkel.

Nur in einem Bereich ging es voran: Bei der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Hier hat es tatsächlich Bewegung gegeben, die durch den Brexit erleichtert wurde. Allerdings hat es die EU nicht geschafft, sich aus dem Schatten der USA zu lösen – im Gegenteil: ganz im Sinne der US-Falken rüstet sie nun gegen Russland auf.

Die entsprechenden Beschlüsse wurden in Rekordzeit gefasst und noch rechtzeitig vor der Europawahl durch das EU-Parlament geboxt. Der Brexit hingegen wurde verschleppt, genau wie die „Rettung“ Griechenlands, die sich nun noch bis 2060 (!) hinziehen dürfte. Und die Flüchtlingskrise? Sie wurde nur eingedämmt und verdrängt, nicht gelöst.

Siehe auch Teil 2 der Serie: Brüchige Erfolge

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