USA gegen Europa
Die USA drohen Europas Großbanken mit Milliardenstrafen. Wegen angeblicher Verstöße gegen US-Embargos soll die französische Großbank BNP Paribas bis zur 9 Mrd. Euro zahlen. Das könnte das gesamte Bankensystem erschüttern – wann wehrt sich die EU?
Beim letzten EU-Gipfel gab es schon vertrauliche Gespräche zwischen Frankreichs Präsident Hollande und US-Präsident Obama. Offenbar haben sie nicht gefruchtet: die Milliardenstrafe rückt näher.
BNP Paribas soll nicht nur bis zu 9 Mrd. Euro wegen angeblich illegaler Geschäfte mit Iran, Sudan und anderen von den USA einseitig mit Embargo belegten Ländern zahlen.
Die französische Großbank soll auch vom Handel am Dollarmarkt ausgeschlossen werden, was das Vertrauen erschüttern und das Rating verschlechtern könnte.
Sollte es tatsächlich so weit kommen, wäre dies ein “systemisches Risiko”, warnt das belgische Wirtschaftsblatt “Trends Tendances”. Denn BNP Paribas ist nicht allein. Viele europäische Banken könnten bluten.
Die Deutsche Bank, die italienische Unicredit und die belgische Fortis (ein Ableger von Parisbas) müssen sich akute Sorgen machen. “Europas Banken in Angst”, titelt das “Wall Street Journal”.
Und was macht die EU? Nichts. Bis auf eine folgenlose Erklärung des (französischen) Binnenmarktkommissars Barnier ist nichts passiert. Dabei ist das US-Vorgehen unter Partnern inakzeptabel.
Es gefährdet die ohnehin fragile Erholung von der Banken- und Eurokrise – und es wirft ein Schlaglicht auf den amerikanischen Einsatz von Finanzsanktionen als Waffe, wie derzeit gegen Russland.
Das mindeste, was man erwarten könnte, ist eine scharfe Protestnote des EU-Gipfels. Die Europäer müssten gemeinsam Front gegen den “Imperialismus des US-Rechts” machen, fordert “La Tribune”.
Stattdessen bereiten Kanzlerin Merkel & Co. schon wieder neue Sanktionen gegen Moskau vor – auf Druck der USA….
Siehe auch “Kleinkrieg um Groß-Sanktionen”
Peter Nemschak
26. Juni 2014 @ 15:18
@ebo Österreichische Banken müssen wissen, was passiert, wenn sie sich nicht an die Regeln halten (Beispiel: FATCA). Wenn nicht, ist ihnen nicht zu helfen. Solange alle, unabhängig von ihrer nationalen Herkunft, gleich behandelt, müssen die Banken damit leben nach dem Motto “Nobody is too big to jail”. Auch ich bin unabhängig, auch wenn ich das Wall Street Journal und die FAZ ab und zu lese. Die Zeitungen schreiben viel wenn der Tag lang ist.
Tim
26. Juni 2014 @ 14:02
@ ebo
Ich weiß bei so vielen Themen echt nicht, was Deine Position ist. Du glaubst ja zum Beispiel, daß der Finanzsektor völlig dereguliert und ungehemmt sei. Hier haben wir nun mal wieder ein Beispiel, das zeigt, auf wievielen Ebenen die Banken vor allem in den USA diversen strengen Regulierungen unterworfen sind (genau jenen USA übrigens, die Du bizarrerweise ja für “neoliberal” hältst). Und das ist Deiner Meinung nun aber auch wieder fies und gemein. Wieviele Positionswechsel stecken da in einem einzigen Artikel von Dir?
Apropos, auch im Lebensmittel- und Arzneimittelrecht sind die USA viel strenger reguliert als jeder europäische Staat. Falls Du mal wieder über TTIP motzen möchtest. 🙂
ebo
26. Juni 2014 @ 14:35
Danke für das implizite Lob. Ich bin und bleibe unabhängig!
gbpolarbear
26. Juni 2014 @ 10:45
Wenn schon ne Geldstrafe, dann muss das Geld an Europa gehen!
Peter Nemschak
26. Juni 2014 @ 13:48
Der politische Konflikt zwischen Frankreich und die USA hat eine lange Geschichte. Anfang der 1980-iger Jahre während der französischen Linksregierung waren französische Banken, allen voran Crédit Lyonnais, regelmäßige Kreditgeber des kommunistischen Kuba und das nicht nur aus rein kommerziellen Erwägungen. Die USA waren damals wenig begeistert, konnten oder wollten aus politischen Gründen (gemeinsamer Gegner Sowjetunion) nichts dagegen unternehmen. Heute tun sich die USA diesbezüglich etwas leichter. Ebo lässt keine Gelegenheit aus, vordergründig die europäischen Großbanken in Schutz nehmend, eine Breitseite gegen die USA und den sie repräsentierenden sogenannten Neoliberalismus abzufeuern.
ebo
26. Juni 2014 @ 13:54
Warten Sie einfach ab, bis es deutsche oder österreichische Banken trifft. Oder lesen Sie das “Wall Street Journal”. Ist das auch französisch-kommunistisch-antiamerikanisch unterwandert?
Cervo
26. Juni 2014 @ 08:41
Toll! Ich bin von sämtlichen Massnahmen begeistert, welche mithelfen, dieses marode Finanzsystem möglichst schnell an die Wand zu fahren!
Peter Nemschak
26. Juni 2014 @ 09:35
Die Strafen werden das System nicht umbringen. Multinationale Investmentbanken brauchen den Zugang zum amerikanischen Kapitalmarkt, dem dominierenden der Welt, und müssen sich daher den außenpolitischen Regeln der USA unterwerfen: ein Teil der soft power der USA. Ob angenehm oder nicht, ist dabei nicht relevant.
Tim
27. Juni 2014 @ 10:03
@ Cervo
Ich lese das als extrem starkes Plädoyer gegen Staatsschulden. 🙂
Peter Nemschak
26. Juni 2014 @ 08:06
Die Amerikaner werden entgegen, dass einige US-Banken zu ähnlich hohen Strafen verdonnert wurden. Gab es nicht bereits ein (zumindest teilweises) Schuldeingeständnis der BNP? Für die Deutsche Bank ist das Gestraftwerden schon fast zum täglichen Alltag geworden. In den Aktienkursen der betroffenen Banken sind die Strafen großteils bereits eingepreist. Soll die EU um einen Strafrabatt bitten?
ebo
26. Juni 2014 @ 10:04
Es geht hier um extra-territoriale Rechtsprechung, wobei die USA Ankläger, Richter und Profiteur in einer Person sind. Und es geht um interessengeleitete Außenpolitik, nicht um die gewiss nötige Regulierung der Finanzmärkte. Da die EU ein eigenes Rechtssystem hat und in der Außenpolitik eng mit den USA Zusammenarbeit, wäre das Mindeste, die Alleingänge der US-Justiz zu verurteilen und auf eine Änderung zu drängen. Hebel hätte die EU genug – z.B. bei TTIP, oder bei den “gemeinsamen” Sanktonen gegen Russland (die in Wahrheit vor allem US-Sanktionen sind)
Peter Nemschak
26. Juni 2014 @ 11:18
Die USA hat Gewaltenteilung und ist ein demokratischer Rechtsstaat. Wenn, dann urteilen amerikanische Gerichte nach US-amerikanischer Rechtslage. Daher sind politische Interventionen fehl am Platz. Es ist keine europäische Bank gezwungen am US-Kapitalmarkt aufzutreten. Wenn sie es tut, unterliegt sie US-Recht weltweit, zumindest aus Sicht der USA. Es werden auch US-Staatsbürger, unabhängig von ihrem Wohnsitz, von den USA, besteuert. Banken, die in den USA tätig sein wollen, sind gezwungen, Informationen über amerikanische Kunden an die dortigen Steuerbehörden zu melden – ein enormer administrativer Aufwand, der kleinere Banken davon abschreckt, mit US-Bürgern Geschäfte zu machen (FATCA). Dass die USA ihre Macht am Kapitalmarkt außenpolitisch einsetzt, ist für den Rest der Welt zwar nicht immer angenehm, aber Faktum. Die Sanktionsdrohung gegen Russland hat bewirkt, dass nicht nur amerikanische sondern weltweit Investoren kalte Füße bekommen haben. Europa soll sich nicht beklagen sondern eigene Weltmachtstärke entwickeln. Dies würde aber in manchen Kreisen umgehend Antiimperialismusreflexe auslösen.
Claus
26. Juni 2014 @ 08:06
Unglaublich. Merkel ist eh nur ein Erfüllungsgehilfe der USA.