Niger: Berlin schließt Militäreinsatz nicht aus
Die Bundesregierung schließt eine deutsche Beteiligung an einem Militäreinsatz gegen die Putschisten in Niger nicht aus. Zudem setzt sie sich dafür ein, EU-Sanktionen auf den Weg zu bringen.
Dies geht aus einer Antwort der Regierung auf eine schriftliche Anfrage des Linken-MdB A. Hunko hervor. Die ECOWAS-Staaten hatten dem Regime mit einer Militärintervention gedroht, Frankreich will ihn gegebenenfalls unterstützen.
“Schon die Drohung mit militärischer Gewalt gegen Niger ist unverantwortlich und gefährlich”, meint Hunko. Die geplanten neuen EU-Sanktionen gegen Niger würden in erster Linie die einfache Bevölkerung treffen.
Stattdessen solle sich die Bundesregierung politisch-diplomatisch engagieren, weiter humanitäre Hilfe leisten und die Bundeswehr abziehen.
Die Antwort der Regierung steht hier. Mehr zum Thema hier
KK
6. September 2023 @ 21:22
@ Thomas Damrau:
„Also: Der Westen liegt falsch
a) weil er sich gerne eine Legitimität für Militäreinsätze zurechtzimmert, die auf wackligen Beinen steht…
b) weil notorisch die … „Nachbereitungen“ einer militärischen Intervention vergessen werden…“
Würde der Westen sich ans Völkerrecht halten, gäbe es überhaupt nichts nachzubereiten. Das gilt für den Balkan, für Afghanistan, den Irak und auch für Libyen. Und das würde auch so für den Niger gelten.
Thomas Damrau
6. September 2023 @ 19:27
@Helmut Höft & @European & @KK
Um mögliche Missverständnisse auszuräumen: In meinem Beitrag ging es nicht um die Frage, ob ein Militäreinsatz in Niger legitim/angemessen/etc. wäre, sondern mir stand George Bush jr. vor Augen, der nach der Eroberung des Irak „Mission accomplished“ geblökt hatte, um später festzustellen, dass der Ärger danach erst richtig losging. (Die oft zitierten hohen Opferzahlen des Irak-Kriegs wurden nicht durch die eigentliche Invasion verursacht, sondern durch die vielfältigen Auseinandersetzungen danach.)
Also: Der Westen liegt falsch
a) weil er sich gerne eine Legitimität für Militäreinsätze zurechtzimmert, die auf wackligen Beinen steht (unsere USA-amerikanischen Freunde sind da leidenschaftliche, aber dilettantische Schreiner)
b) weil notorisch die (in meinem Beitrag gelisteten) „Nachbereitungen“ einer militärischen Intervention vergessen werden – völlig abhängig von der Legitimität der Intervention
KK
6. September 2023 @ 15:36
@ Monika:
“…den Nickvorgang kann man sparen…”
Im Zweifel wird die Abstimmung wieder mitten in die Nacht und/oder nach oder während eines Spiels der deutschen Fussballnationalmannschaft (oder einem ähnlich “bedeutsamen” Sportereignis – aktuell vielleicht ein Endspiel der Basketball-WM mit deutscher Beteiligung) terminiert… dann bekommts das Volk noch nicht mal mit.
Monika
6. September 2023 @ 15:06
Ich war der Meinung wir haben eine „Parlamentsarmee“
Und mir ist grad nicht erinnerlich, von einer Debatte im Parlament über einen Militäreinsatz im Niger gehört zu haben. Oder entscheidet das die Regierung, sozusagen als europäischen Schulterschluss mit Frankreich, mittlerweile ohne Abnicken im bundesdeutschen Parlament? Bürokratieabbau in der Sommerpause sozusagen, den Nickvorgang kann man sparen, man glaubt wohl bereits davon ausgehen zu können, dass die diversen Fraktionszwänge ihre „segensreiche Wirkung“ entfalten werden bei einer nachreichenden Genehmigung… Demokratie wohin bist du entschwunden…
KK
6. September 2023 @ 13:01
Die Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates ist völkerrechtswidrig. Punkt!
Die Verhängung von Sanktionen ohne UN-Mandat ist völkerrechtswidrig. Punkt!
Die militärische Intervention ohne UN-Mandat ist völlkerrechtswidrig. Punkt!
Und:
Einem der allerärmsten Länder der Welt dringend benötigte Lebensmittel- und Medikamentenlieferungen vorzuhalten kommt m.E. einem Genozid gleich.
Diese Bundesregierung ist von dem Standpunkt aus betrachtet die menschenverachtendste Regierung, die Deutschland nach 1945 je hatte – und da schliesse ich diejenigen der DDR ausdrücklich mit ein!
Thomas Damrau
6. September 2023 @ 08:40
Es ist schon große Staatskunst, denselben Fehler ständig zu wiederholen. Es ist jetzt gerade zwei Jahre her, dass der Westen mit eingekniffenem Schwanz aus Afghanistan abgezogen ist.
Nach jedem militärischen Einsatz dieser Art muss der Erfolg (sofern er überhaupt erreicht wird) langfristig abgesichert werden. Für Niger heißt das:
– alte Regierung einsetzen
– Militär von Putschisten säubern und umerziehen
– Stabilität durch militärische Präsenz absichern (mir ist beim Thema Niger noch nicht klar, wie die Bevölkerungsmehrheit zu den Putschisten steht)
– Die durch die militärische Intervention entstandenen Schäden beseitigen.
– Lebenssituation und Zufriedenheit der Bevölkerung steigern – sonst eiert das Land auch unter einer dem Westen genehmen demokratischen Regierung weiter vor sich hin (der Bevölkerung dürfte es relativ egal sein, wer über sie herrscht, solange sie nichts zu beißen hat)
An dieser Art von Aufgaben ist der Westen im Irak und in Afghanistan krachend gescheitert. Der Arabische Frühling hat gezeigt, dass “Autokrat weg und dann wird alles gut” eine sehr naive Annahme ist. Woher stammt der Optimismus, dass ein vom Westen unterstützter Machtwechsel in Niger das Land zu Wohlstand und Stabilität führen wird?
Helmut Höft
6. September 2023 @ 09:32
@ Thomas Damrau
Widerspruch: Die alten Regierungen in Westafrika – nicht nur in Niger, daher Mz. – sind mit französischer – und insgesamt wertewestlicher® – Hilfe zustande gekommen, also korrupt bis ins Mark … ohne das weiter zu detaillieren verweise ich auf Michael von der Schulenburg (siehe hier unter dem Namen des Autors https://makroskop.eu/autoren/ dessen Artikel sind dort erreichbar, selbstverständliche auch an anderen Stellen). Von der Schulenburg hat vielfach das Problem dargestellt, sinngem., stark verkürzt und in meinen Worten: „Lasst die Leute in Ruhe, helft mit dem Nötigsten, nicht mehr, den Rest finden die selbst. Mit unserem wertewestlichen® Kram können die nix anfangen“!
Und wir wissen das doch genau: Ruhe, Ordnung und Demokratie … damit wir euch und eure Ressourcen uns dienstbar machen können!
Was den „größten Fehler der Staatskunst“ angeht hat sich Albert Einstein schon klar geäußert: „Kennzeichen von Wahnsinn ist es, wenn man zehn Mal mit dem Kopf vor die Wand läuft und jedesmal ein anderes Ergebnis erwartet“!
european
6. September 2023 @ 11:57
@Helmut Hoeft
Es ging ja bisher nie darum, den Menschen zu helfen oder Demokratie zu bringen. Da sollten wir uns schon ehrlich machen. Afrika ist mWn der reichste Kontinent der Erde, das hat schon immer Begehrlichkeiten geweckt. Nicht umsonst “hilft” der IWF immer gern mit Krediten gegen Privatisierung, aber sobald eine Regierung an die Macht kommt, die die Schaetze des Landes verstaatlicht, laeuft das Putsch-Programm von CIA und Co. an. Dafuer gibt es zig Beispiele.
Die Bevoelkerung Nigers ist so bettelarm, dass die angekuendigten Sanktionen sie auch nicht mehr schocken koennen. Weniger als nichts ist auch nicht mehr moeglich.
Armin Christ
6. September 2023 @ 08:29
Die Drohung mit militärischer Gewalt ist laut UN Völkerrechtswidrig, aber das schert diese „werte“orientuierten Woken nicht.
Die Leute im Niger brauchen ESSEN, MEDIKAMENTE etc. !!!!!
Arthur Dent
5. September 2023 @ 22:54
Wenn man einen ganzen Sack voll innenpolitischer Probleme hat, dann bricht man am Besten mal einen Krieg vom Zaun. Muss man wieder ein weiteres Ausschwitz verhindern wie im Kosovo? Hat man denn schon ein UN-Mandat? Oder braucht man keins mehr? Was sagt eigentlich der Weltsicherheitsrat dazu? Gibt es den noch?
Katla
5. September 2023 @ 19:43
Deutschland kann wieder Militäreinsatz. Erstaunlich ist allerdings, dass man bei der Lösung signifikanter politischer und sozialer Probleme innerhalb Deutschlands gerne auf „Aufklärung“, Diskussionsrunden und präsidentielle Worte, also ausschliesslich auf „Diplomatie“ setzt. Bei Problemen in fremden Ländern, die uns genaugenommen gar nichts angehen, sollen dagegen allein die Waffen sprechen. Typische, aber verhängnisvolle Übersprungshandlungen orientierungsloser und überforderter Politiker.
Stef
5. September 2023 @ 16:33
Füe einen Hammer ist jedes Problem ein Nagel.
Für die Bundesregierung scheint die Antwort immer Sanktionen und Militär zu sein. Gut wenn die Welt so einfach ist…