Sturmwarnung aus London – Grüne Welle in Brüssel

Here we are, nun kommt es zum Showdown um den Brexit. Er begann schon am Sonntagabend – mit einem gescheiterten Einigungsversuch mit dem britischen Brexit-Minister Raab in Brüssel. Beim EU-Gipfel kommt es zum Schwur. 

So viel Dramatik war selten in Brüssel. Drei Tage vor dem entscheidenden EU-Gipfel, der am Mittwochabend beginnt, bereiten sich die Europäer auf den lange ersehnten Durchbruch beim Brexit vor – aber auch auf ein Scheitern in letzter Minute.

Eine Einigung sei zum Greifen nahe, frohlockten EU-Diplomaten noch am Sonntagmorgen in Brüssel. Man müsse sich aber auch für einen „No deal“ wappnen – und die “Preparedness” (so heißt das wirklich) verbessern.

Die Sorge ist berechtigt – ein kurzfristig anberaumtes Treffen mit Brexit-Minister Raab endete am Abend ohne Ergebnis. Schlüsselfragen seien noch ungelöst, teilte EU-Chefunterhändler Barnier per Twitter mit.

Gleichzeitig braut sich in London ein politischer Sturm zusammen. Der frühere Brexit-Chefunterhändler Davis rief die May-Regierung offen zur Rebellion auf. Auch die nordirische Partei DUP lehnt die bisher bekannt gewordenen Pläne ab.

Zum Verhängnis konnte May vor allem der Streit um den so genannten Backstop für Nordirland werden. Er wird nötig, wenn es nach der bis Ende 2020 laufenden Übergangsphase kein neues Abkommen mit der EU geben sollte.

Brüssel und London müssten dann eine Auffanglösung finden, um eine harte Grenze zwischen dem dann bereits ausgeschiedenen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland zu vermeiden.

Zuletzt war geplant, dass Nordirland dann weiter im Binnenmarkt und in der Zollunion bleibt, zumindest aber in der Zollunion. So könne man Grenzkontrollen zwischen beiden Teil der irischen Insel auf ein Minimum reduzieren, heißt es in Brüssel.

Allerdings könnte so auch eine Zollgrenze zwischen Nordirland und dem Rest des Königreichs entstehen – für Nordiren ein absolutes „No-go“. Dies käme einer „dauerhaften Annexion Nordirlands“ durch die EU gleich, warnt DUP-Chefin Foster.

Auch bei den Brexit-Hardlinern in London lässt der Plan alle Alarmglocken schrillen. Sie fürchten, dass Nordirland oder gar ganz UK auf unabsehbare Zeit in einer Zollunion bleiben könnten. Der Brexit würde damit zur Farce, meinen die EU-Gegner.

Auf jeden Fall würde der Austritt Großbritanniens zur “never ending story” – fast so wie in Griechenland, wo die Probleme auch angeblich “gelöst” sind, jedenfalls wenn bis 2060 alles gut geht…

Siehe auch “Verschleierungstaktik beim Brexit”

WATCHLIST:

  • Beim Treffen der Außenminister soll es am Montag um Afrika und die Flüchtlinge gehen. Auch die Ostpartnerschaft mit der Ukraine und anderen Ländern steht auf dem Programm. Die Krise um den verschwundenen Journalisten Khashoggi und das Regime in Saudi-Arabien soll hingegen kein Thema sein – das europäische Schweigen sei schändlich, findet die SZ.

WAS FEHLT:

  • Eine EU-Reaktion auf die Bayern-Wahl. Neuerdings kommentiert Kommissionschef Juncker fast jedes Ereignis in einem EU-Land – doch zur Bayern-Wahl schweigt er sich aus. Auch die “grüne Welle” (Le Soir) bei der Kommunalwahl in Belgien ließ Juncker unkommentiert. Dabei legen die Grünen (hier heißen sie “Ecolo”) so stark zu, dass sie in großen Brüsseler Gemeinden wie Ixelles – wo besonders viele Europäer und EU-Beamte wohnen – sogar den Bürgermeister stellen könnten! Die Wahl gilt übrigens als Test für die landesweite belgische Parlamentswahl im Mai 2019 – und die Europawahl…