Streit um Verbrenner und E-Fuels: Berlin blockiert Brüssel – wieder einmal
Weil sich die deutsche Bundesregierung nicht einig ist, muß die EU in Brüssel das finale Votum über das geplante Aus von Verbrennungsmotoren ab 2035 auf unbestimmte Zeit verschieben. Berlin blockiert Brüssel – wieder einmal.
Die EU sagte sowohl eine Probeabstimmung der Botschafter als auch die entscheidende Ministerratssitzung in der kommenden Woche ab. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte mit einem “Nein” gedroht.
Es fehle weiterhin der von der EU-Kommission zugesagte Vorschlag, wie klimafreundliche Kraftstoffe – sogenannte E-Fuels – nach 2035 in Verbrennungsmotoren eingesetzt werden könnten, so Wissing.
Das ist dreist. Erst blockiert die kleinste Regierungspartei in Berlin die Prozesse in Brüssel. Und dann fordert sie auch noch die – eigentlich unabhängige – EU-Kommission auf, eine Lösung zu präsentieren.
Man stelle sich vor, so etwas würden Griechenland oder Italien wagen, vielleicht sogar Malta oder Estland! Deutschland würde sofort Druck machen, die Kommisison würde selbstverständlich keine Folge leisten.
Doch mit der deutschen Kommissionschefin von der Leyen ist alles anders. Wie es der Zufall so will, ist sie am Wochenende bei der Kabinettsklausur in Meseberg dabei – und wird wohl der FDP einen Gefallen tun!
Genau das hat sie bereits wiederholt für die Grünen gemacht; die Kommissions-Pläne zur Energiekrise wurden im vergangenen Jahr sogar auf gemeinsamen Pressekonferenzen mit Minister Habeck präsentiert…
Dennoch blockierte Berlin monatelang alle EU-Beschlüsse. Erst kurz nach Weihnachten ließ sich Habeck erweichen und ein Gaspreisdeckelchen durchwinken, das den deutschen Wünschen entsprach.
Ganz ähnlich dürfte es auch diesmal laufen, wetten?
Mehr zu den Zuständen im “deutschen Europa” hier
P.S. Das deutsche Powerplay steht im krassen Gegensazt zu den deutschen Versuchen, allen anderen EU-Staaten das Vetorecht zu entziehen. Dort tut sich vor allem Frau Baerbock hervor…
Arthur Dent
3. März 2023 @ 14:59
Besser spät als nie – das Verbrenner-Aus ist ein völlig unsozialer Beschluss ( siehe alleine die vielen Gründe, die Herr Bonse schon anführt). E-Autos sind keineswegs klimafreundlich und schon gar nicht umweltfreundlich. Riesige Mengen an Kupfer, Kobalt, Lithium werden benötigt, für den Lithiumabbau werden gerade noch völlig intakte Ökosysteme zerstört. Der größte Teil der “Umweltrechnung” liegt bereits auf dem Tisch, da ist das Auto noch nicht einen Kilometer gelaufen. Ausschlaggebend ist die Produktion des Fahrzeugs, völlig unabhängig von der Antriebsart.
umbhaki
3. März 2023 @ 21:31
Wer so argumentiert, und das ist meiner Meinung nach weitgehend richtig, der vergisst allerdings meist, daraus auch eine Konsequenz zu ziehen.
Das Verbrenner-Verbot wurde ja nicht zum Spaß erfunden, vielmehr will man damit ein großes Problem lösen helfen.
Einfach alternativ E-Fahrzeuge im gleichen Umfang anstelle der Verbrenner zu nutzen, hilft genau gar nicht, wie Sie richtig schreiben.
Was wirklich helfen würde, wäre eine gewisse Bescheidenheit:
→ weniger Individualverkehr, wo immer es Alternativen gibt.
→ Alternativen ausbauen.
→ kleinere, einfachere, leichtere Fahrzeuge, denn:
→ Man kommt auch ans Ziel, wenn das Ding nicht in dreikommafünf Sekunden von Null auf Hundert beschleunigt und erst bei 250 km/h abregelt. Zur Not könnte man ein paar Minuten früher losfahren.
Da so ungefähr müsste es langgehen. Stattdessen wollen all die Fortschrittsphantasten uns (und sich selbst) glauben machen, dass wir nur ein bisschen was an der Technologie ändern müssten, ansonsten bräuchte sich an unserem parasitären Leben überhaupt nichts zu ändern. Welch ein Irrtum!
Vor einem Jahr hat unser Bundesschlumpf eine „Zeitenwende“ ausgerufen. Leider hat der Gute die Zeiten da in die gänzlich falsche Richtung gewendet.
Eine Zeitenwende, die ein Überleben der Menschheit sicherstellen will, müsste völlig andere Prioritäten setzen als das Erzielen militärischer Erfolge. Bescheidenheit halt.
european
3. März 2023 @ 14:32
„Wir sind bereit, fuer die Sicherheit der Ukraine einen hohen wirtschaftlichen Preis zu zahlen“ Baerbock
Audi, Ford, BASF, Bosch, Linde ist schon weg….Springer will auch Stellen abbauen
https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/betriebsversammlung-bei-bosch-alarmstufe-rot,TWzY4fw
https://www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/linde-biontech-basf-audi-exodus-der-deutschen-wirtschafts-ikonen/ar-AA1800zU
https://www.labournet.de/branchen/auto/auto-zulieferer/von-bosch-ueber-continental-bis-zf-der-zulieferer-branche-steht-ein-massiver-jobabbau-fabriken-droht-die-schliessung-gegen-die-krise-werden-klassische-rezepte-nichts-helfen/
„Einige Hunderttausend der geschätzt 800 000 bis 900 000 Arbeitsplätze in der Branche stehen auf dem Spiel, wenn sich alternative Antriebe wie Elektromotoren durchsetzen…“
Jetzt kommt wieder die grosse Preisfrage: WER investiert, z.B. in Qualifizierungsmassnahmen. Die Bauindustrie sucht Techniker und Ingenieure, aber der Bau faehrt gerade wieder runter. War nur ein kurzes Aufflackern. Die Baupreise gehen gerade durch die Decke. Nicht zuletzt wegen der Energiekosten. Wir drehen uns im Kreis
Aber vielleicht koennen wir die Leute alle zu guten Soldaten ausbilden und in die Bundeswehr stecken. Schliesslich will Habeck Russland auf dem Schlachtfeld in die Knie zwingen und dazu braucht es Personal.
Manchmal bleibt nur noch der blanke Zynismus uebrig, weil sonst nichts hilft.
Kleopatra
3. März 2023 @ 14:14
Länder mit einem bedeutenden Weinanbau vertreten in der EU dezidiert die Interessen ihrer Weinbauern; Länder mit einer bedeutenden Autoindustrie …
Ansonsten hat KK recht; wer sich Verbündete für eine Sperrminorität organisiert ,kann sich im Rat durchsetzen. Unter der Regierung Schröder-Fischer wurde von Deutschland einmal eine geplante Rücknahmepflicht für Altautos entweder aufgeschoben, abgeschwächt oder sonst etwas. Jedenfalls hat dabei der grüne Umweltminister Trittin (zufällig gerade Ratsvorsitzender) aktiv mitgeholfen (m.W. ging es darum, die Abstimmung solange zu verschieben, bis Schröder am Telefon genug Gegenstimmen zusammen hatte).
KK
3. März 2023 @ 13:45
„Man stelle sich vor, so etwas würden Griechenland oder Italien wagen, vielleicht sogar Malta oder Estland!“
Wäre Deutschland mit seiner Enthaltung und damit rechtlichem „Nein“ allein, käme der Beschluß ja trotzdem durch; allerdings stimmen auch Italien, Polen und Bulgarien (oder Rumänien – habs vergessen) nicht zu, so dass keine notwendige Mehrheit zustande kommt. Deutschland hat mit Polen und Italien halt viel Gewicht in der Stimmen-Waagschale – im Gegensatz zu Malta, Estland und auch Griechenland.
Ich persönlich finde bei aller Notwendigkeit, etwas gegen den Klimawandel zu tun, den Beschluß auch verfrüht, solange nicht klar ist, ob es bis dahin überhaupt genug Infrastruktur (also angefangen von Rohstoffen über Batterietechnik und Fahrzeuge, Ladeinfrastruktur und – ganz wichtig – genug CO2-neutral erzeugten Strom) für ausschliessliche E-Mobilität geben wird.
Denn wenn jetzt auch die gesamte Hausenergie von fossilen Brennstoffen auf klimaneutralen Strom umgestellt werden soll, scheint sich dabei aber keiner die Frage zu stellen geschweige denn eine Antwort parat zu haben, wo all der CO2-neutrale Strom (und die Stromnetze für dessen Transport) in der vergleichsweise doch recht kurzen Zeit überhaupt herkommen soll.
Ausbaden werden das sowieso wie immer die am unteren Ende der Nahrungskette müssen.
ebo
3. März 2023 @ 14:37
Mir ist es in 20 Jahren noch nicht untergekommen, dass ein laufendes Gesetzgebungsverfahren in Brüssel in letzter Sekunde gestoppt wurde. In der Sache bin ich aber bei Ihnen. Die Technologie ist nicht ausgereift, die Infrastruktur fehlt, die E-Autos sind zu teuer, der Beschluss kommt zu früh. Ob E-Fuels die Lösung sind, steht auf einem anderen Blatt..
Kleopatra
3. März 2023 @ 15:59
Meiner Erinnerung nach war der Altauto-Coup von Rot-Grün im Jahr 1999, also in der Tat länger als 20 Jahre her…