Steinmeiers Mahnung – Orbans Verrenkung

Es ist Europawahl, und alle machen in Harmonie. Die deutschen Interessen und die europäischen seien identisch, suggerieren die Kandidaten. Doch ausgerechnet der Bundespräsident schert aus – mit einer ungewöhnlichen Mahnung.

Deutschland sei in Gefahr, sich zu isolieren, sagte Frank-Walter Steinmeier. Als Beispiel nannte der SPD-Politiker die Sicherheits- und Verteidigungspolitik und die Wirtschafts- und Währungsunion.

„Das Risiko ist real, dass Deutschland sich in Europa isoliert – wenn auch mit vermeintlich besten Absichten. Handeln wir wirklich immer so, wie es unser Reden von der ‚Schicksalsgemeinschaft Europa‘ erfordern würde?“

Redemanuskript

Das ist eine rhetorische Frage – die Antwort lautet leider Nein. Bis 2015 hat Kanzlerin Angela Merkel die Flüchtlingskrise im Mittelmeer ignoriert, dann wollte sie Griechenland aus dem Euro werfen.

Zuletzt hat sie die Reform der Währungsunion verschleppt und verwässert, eine Steuer auf die US-Digitalkonzerne verhindert und beim Klimaschutz kräftig auf die Bremse getreten.

Mit all dem hat Merkel ihr Land nicht nur von Frankreich isoliert, sondern auch von der EU-Kommission, die mehr Ehrgeiz forderte. Noch ein Zitat gefällig? Hier ist es:

„Die deutsche Politik (…) führt eine primär nationale Debatte. Es fehlen die größeren Überlegungen und Visionen. Es dominiert das kleine Karo.“

Quelle: Tagesspiegel am Sonntag

Das hat allerdings nicht Steinmeier gesagt – sondern Günther Oettinger, der deutsche EU-Kommissar. Er ist übrigens CDU-Mitglied, genau wie Merkel und AKK…

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Watchlist

  • Es ist sozusagen ein Heimspiel: Im EU-Parlament in Brüssel treffen am Mittwochabend (21 Uhr) die Spitzenkandidaten der Parteien für die Europawahl zu einer Debatte aufeinander. Neben den üblichen Verdächtigen sind auch die Liberale Margarete Vestager, die Grüne Ska Keller, der belgische Gewerkschafter Nico Cué für die Linke und der Tscheche Jan Zahradil für die Allianz der Konservativen und Reformer dabei.
  • Anschließend (ab 22.30h) gibt es eine Debatte in der Phoenix-Runde – Thema: Schlagabtausch in Brüssel – Wer hat die Nase vorn? Daran nehme ich teil – zusammen mit Prof. Hans-Werner Sinn, Ökonom, Ewald König, freier Journalist und Prof. Christine Reh, Politologin an der Hertie School of Governance. Einschalten!

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Was fehlt

  • Die Audienz von Viktor Orban im Weißen Haus. Gastgeber Donald Trump hat den ungarischen „Diktator“ (Jean-Claude Juncker) lange zappeln lassen, bevor er ihn nach Washington lud. „Mr. Orbán leistet großartige Arbeit”, sagte er schließlich. Vor allem die Abwehr von Flüchtlingen durch Orbans Mauer scheint Trump zu imponieren. Doch 100prozentig auf Linie liegt der Ungar nicht. Er mußte daher ein paar Verrenkungen absolvieren, bevor er nach 20 Minuten (geplant waren 45) wieder heraus komplimentiert wurde…