#spon und das Eurobashing

Die EU-Kommission wird nicht verkleinert. Einen entsprechenden Beschluss wollen die EU-Chefs bei ihrem Gipfel am Mittwoch durchwinken. „Spiegel online“ machte daraus eine große Skandalgeschichte – dabei war fast alles längst bekannt. 

Von Karsten Lucke

Da war es wieder einmal so weit. Spiegel Online vergreift sich einmal mehr an der Europäischen Union und verkauft seine Leserinnen und Leser für dumm. Unter dem Titel „Aufgeblähte EU-Kommission: Europas Regierungschefs wollen Lissabon-Vertrag aushebeln“ kritisiert das Portal, dass der Europäische Rat von der neuen Zusammensetzung der Europäischen Kommission abrückt, die im Vertrag von Lissabon verankert ist. Danach soll die Kommission zusammenschrumpfen und das Prinzip des „ein Land, ein/e Kommissar/in“ wird aufgegeben. Via Twitter wird sehr schnell kommuniziert, dass diese Vereinbarung keineswegs neu ist. Die Staats- und Regierungschefs haben sich schon früh von der im Vertrag festgeschriebene Neuordnung verabschiedet. Dazu die Schlussfolgerung des Rates aus dem Jahr 2008 und auch der Blogpost von Ron Patz aus dem Oktober 2012. Für #spon kein Grund, die Sau neu durch das Dorf zu treiben und so zu tun, als sei das alles ganz neu und daher umso schlimmer. Der Populismus geht allerdings noch weiter.

Der Mythos der teuren EU-Verwaltung

Der Spiegel-Online Artikel greift wieder zum Taschenrechner, um uns zu zeigen wie teuer doch die EU-Verwaltung und der Brüsseler Moloch ist. Der Mythos vom geldverschlingenden und überbürokratisierten Europa wird dank solch irreführender und dumpfer Berichterstattung wohl nie sterben. Zudem wird hier die Argumentation untermauert, das ganz Europa spart, nur die EU würde das Geld zum Fenster hinausschmeißen. Wir haben 27 Kommissare/innen für rund 500 Millionen Bürger/innen und der Verwaltungsanteil am EU-Budget liegt bei 5-6%. Die Beibehaltung der jetzigen Kommission führt auch nicht zu größeren Ausgaben, nur im Vergleich zu einer reduzierten Kommission. Im Übrigen wollen die Staats- und Regierungschef weniger Geld ausgeben als in der vorausgegangenen Finanzperiode, daran wird auch eine Kommission in der jetzigen Form nichts ändern. Spiegel Online will anscheinend etwas anderes suggerieren, weil es einfach und leicht scheint. Unterstrichen wird das durch die Auflistung der Ausstattung eines Kommissars: Fahrer, Sekretärin, Reisekosten etc. Das ist mehr als billig, jeder Minister ist ebenso ausgestattet. Das damit an dem europäischen Ast gesägt wird, auf dem wir alle sitzen, ist wohl egal.

Die Kommission ist und bleibt arbeitsfähig

Im Rahmen der Krise wird immer nach mehr Europa und größerer Integration gerufen, aber dann bitte mit weniger Kommission. Das passt nicht zusammen. Das soll nicht heißen, dass quantitativ mehr Menschen auch gleichzeitig eine qualitative Steigerung bedeuten. Sicherlich müssen wir uns Gedanken machen, wann ein Gremium noch funktionsfähig ist und wann nicht. Aber das ist nicht bei 27 der Fall. Kroatien wird in gute 6 Wochen Nr. 28 und dann wird es still. Island ist davor zurückzurudern, die Nachfolgestaaten auf dem Balkan müssen noch einen langen Weg bis zum Beitritt gehen, ganz zu schweigen von der Türkei. Das Reduzierungsthema ist derzeit überhaupt nicht virulent. Die Kommission kann erfolgreich in dieser Größe arbeiten und wird in überschaubarer Zukunft auch nicht aufgebläht. Mit 25 Kommissaren/innen arbeitet sie seit 2004, seit 2007 mit 27. Jetzt dann mit 28 und dann erst einmal nichts mehr. Das Argument der Arbeitsfähigkeit ist nicht zu vernachlässigen, aber erst dann wenn es akut wird.

Auch wenn die Kommission supranational funktioniert, so kann keiner die politische Bedeutung leugnen, dass einen Kommissar / eine Kommissarin zu stellen, für jedes Land wichtig ist, auch wenn es keine nationalen Interessenvertreter/innen sind. Wir haben noch keine Vereinigten Staaten von Europa. Die EU basiert immer noch auf den Mitgliedsstaaten. Daher ist es nachvollziehbar, wenn die auch ihre Vertreter/innen schicken möchten, auch in die Kommission. Man sollte politische Symbolik nie unterschätzen.

Dies ist ein Crosspost von Kielspratineurope. Der Original-Artikel steht hier