Spekulativer Überschwang
Nach Irland und Spanien feiert auch Griechenland seine Rückkehr an den Anleihemarkt. Bei einer Auktion konnte Athen heute mehr als 3 Mrd. Euro einsammeln. Doch der überraschende Erfolg sagt mehr über die Märkte aus als über das Euro-Krisenland. Es geht mal wieder irrational zu…
Feierstimmung in Athen: Rechtzeitig zum Besuch von Kanzlerin Merkel feiert die Regierung einen „riesigen Erfolg“. Die Anleihen seien achtfach überzecihnet gewesen.
Auch Brüssel kommt die erfolgreiche Platzierung gelegen: Im Mai ist Europawahl, da ist jedes Zeichen recht, dass die gerade in Griechenland umstrittene Austeritätspolitik „Früchte“ trägt.
Doch bei näherer Betrachtung sagt der Erfolg wenig über die reale Lage in den Krisenländern der Eurozone aus – dafür umso mehr über die Märkte.
Schließlich liegt die Schuldenquote heute in Athen bei rund 180 Prozent des BIP, fast doppelt so hoch wie zu Beginn der Krise 2009. Von Wachstum kann immer noch keine Rede sein, die Arbeitslosigkeit ist höher denn je.
Umso mehr hat sich die Lagen an den Märkten gedreht. Sie handeln in der Eurozone wieder „extrem spekulativ“, wie Ökonom W. Burkert der “Tagesschau” sagte.
Angesichts der Niedrigzinsen nehmen die Anleger gern knapp fünf Prozent Rendite mit, zumal sie heute – anders als vor fünf Jahren – an eine deutsche Garantie für Griechenland glauben.
Dass der Überschwang weitgehend irrational ist, zeigt ein Blick nach Spanien: Dort fiel der Zins für fünfjährige Anleihen zuletzt sogar unter US-Niveau!
Dabei ist auch in Spanien die Verschuldung explodiert, der Arbeitsmarkt kollabiert, zudem wird das Land von einer heftigen sozialen Krise geschüttelt.
Die Euroretter sollten die Rückkehr an denMarkt daher mit Vorsicht genießen. Wenn die Zinsen so tief sinken, ist dies eher ein Alarmsignal als ein Erfolg für die Krisenländer.
Der frühere Chef der US-Notenbank Fed, Greenspan, sprach von „irrationalem Überschwang“ an den Aktienmärkten. Hier haben wir es mit „spekulativem Überschwang“ zu tun…
Siehe zu diesem Thema auch “BRICS, PIGS and back again”
Andres Müller
11. April 2014 @ 17:51
“geht mal wieder Irrational zu…”
Da braucht man sich nicht zu wundern, bestehen die Traderkommunen der Grossbanken zum Grossteil aus Hochfrequenz -Banditen. Sie hatten sich sogar selbst schon so genannt: UBS, Royal Bank of Scotland, Barclays, HSBC, JP Morgan, Bank of America, Citigroup, Goldman Sachs und Deutsche Bank sind im Visier der Ermittler.
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Der-Klub-der-Banditen-article12626191.html
Was in diesem Bericht bei n-tv nicht steht, auch diese bekannt gewordenen Fälle sind nur die Spitze des Eisberg. Im Prinzip sind die globalen Finanzmärkte nichts anderes als gigantische Umverteilungsmaschinen von Geld in die Hände von Wenigen, angetrieben durch die Notenbanken. In den Augen dieser TraderEliten ist gar nichts irrational, wenn dabei doch einmal hohe Verluste entstehen bezahlen das vor allem die Kunden, oder auch der Staat.
start-trading.de
11. April 2014 @ 09:44
Erneut lässt sich an diesem Schauspiel um die erfolgreiche Rückkehr Griechenlands an die Kapitalmärkte erkennen, wie leicht es ist Menschen zu blenden. Vermutlich ist der Mensch selbst schuld, dass er sich so leicht täuschen lässt.
In diesem Fall wollte man bewusst eine “erfolgreiche” Emission durchführen. Bei einem mickrigen Volumen von etwa 2,5 Milliarden Euro ist das auch nicht schwer gewesen. Daher sollte der Investor sich nicht hinters Licht führen lassen. Was hier besonders gelobt wird, ist gar nicht, wonach es aussieht.
http://www.start-trading.de/2014/04/10/griechenlandanleihe-vorsicht-huetchenspiel/
Johannes
11. April 2014 @ 13:31
“Vermutlich ist der Mensch selbst schuld, dass er sich so leicht täuschen lässt.” Ne das sehe ich komplett anders. Das die Reichen es versuchen kann man ja sogar als normaler Bürger nachvollziehen, ein Versuch ist es immer wert.
Wenn man die Pressebericht sich anschaut scheinen die Bürger in Griechenland der Anleihenshow nicht zu trauen und auch in Deutschland werden viele nur den Kopf schütteln.
Dieses pauschale “die Bürger sind selber schuld und dumm” finde ich schlecht. Leser zu verurteilen ist nie förderlich außer man will bewusst eine Diskussion erzwingen, aber das sollte man dann auf Facebook machen um auch wirklich einen Nutzen für die Seite an sich rauszuholen.
Wir Bürger sind nicht dumm.
Peter Nemschak
14. April 2014 @ 12:10
Man sollte das Nicht-Dummsein nicht verallgemeinern.
Peter Nemschak
10. April 2014 @ 17:42
Die griechische Regierung ist dem moral hazard erlegen. Sie spekuliert ebenso wie die Anleger darauf, dass sie im Ernstfall von der EZB gerettet wird. Ich frage mich, ob für eine solche Transaktion nicht die Zustimmung der öffentlichen Geldgeber notwendig gewesen wäre. Wenn ja und diese zugestimmt haben, war dies grob fahrlässig. Wenn nein, waren die Verträge über die öffentlichen Hilfsgelder schlecht gemacht worden. Griechenland benötigt einen Schuldennachlass bevor es an die Finanzmärkte zurückkommen darf.
thewisemansfear
10. April 2014 @ 19:19
Wieso ist denn die griechische Regierung nun wieder Schuld? Die EUrokraten freuen sich doch alle mit wie doll, gibt es dem Einfaltsmichel doch endlich “was Positives” zu berichten. Hier nochmal die Jubelmeldung aus der gestrigen Welt rausgekramt: “Greecovery” *lol* http://www.welt.de/finanzen/geldanlage/article126769142/Athen-zieht-Schlussstrich-unter-Euro-Rettung.html
Ja, wer profitiert denn nun eigentlich? So wie die Sache aussieht, ist der nächste Bailout schon eingepreist, bzw. die Risiken einer Beteiligung an eventuellen Verlusten auf nahe 0 minimiert worden. Das sorgt nur bei Banken und Anlegern für Jubelstimmung, sonst eher weniger.
Meinereiner
10. April 2014 @ 19:25
Griechenland benötigt einen Schuldenschnitt und eine eigene Währung. Andernfalls ist von Griechenland in 20 Jahren nicht mehr viel übrig was man “retten” könnte.