Sparen ist keine (gute) Politik

Der IWF hat Deutschland und Frankreich aufgefordert, nicht allzu stark auf die Sparbremse zu treten. Eine „Over-Performance“ bei der Konsolidierung müsse vermieden werden, mahnt der Fonds nach Angaben des “Focus”. Dahinter steckt eine grundlegende Kritik an der europäischen Wirtschaftspolitik.

Zu wenig Strukturreformen, zu wenig Investitionen, eine allzu vorsichtige Finanzpolitik: Der neue Deutschland-Bericht des IWF fällt überraschend kritisch aus.

Angesichts von nur 0,3 Prozent Wachstum in diesem Jahr  haben Merkel und Schäuble die Kritik allerdings durchaus verdient. Die selbsternannte “Konjunkturlokomotive Europas” bleibt weit hinter ihren Möglichkeiten zurück.

“Uns geht es nicht so gut, wie wir glauben”, warnt auch der neue Chef des DIW. Fratzscher. Das deutsche Wachstumspotenzial sei ebenso niedrig wie in Spanien, meldet die “Süddeutsche”.

Jetzt rächt es sich, dass die schwarzgelbe Bundesregierung ganz Europa einen einseitigen Sparkurs verordnet hat. Es rächt sich auch, dass Windfall-Profits wie die niedrigen Zinsen nicht für Investitionen genutzt wurden (siehe “80 Mrd. für nichts”).

Doch in Deutschland findet kurz vor der Wahl keine Debatte über die wirtschaftspolitischen Fehler von Merkel und Schäuble statt. Auch über Alternativen wird nicht diskutiert; die Opposition schläft.

Dabei liefern DIW und IWF Argumente frei Haus. Die Wirtschafts- und Finanzpolitik dürfe sich nicht aus Sparen reduzieren, so die Experten. Angesichts eines unsicheren Ausblicks sollten Berlin und Paris die Konsolidierung lockern.

Sparen allein ist keine gute Politik, dies ist die Kernbotschaft des IWF. Gefordert sei eine differenzierte  Herangehensweise, die dafür sorgt, dass die langsam aufkeimende Hoffnung auf ein Ende der Rezession Früchte trägt.

Mit den aktuellen Instrumenten der “Economic Gouvernance” in der Eurozone lässt sich eine solche differenzierte Politik jedoch kaum machen.

Sie sind fast ausschließlich auf den Abbau von Defiziten fixiert; eine proaktive, antizyklische Wirtschaftspolitik ist nicht vorgesehen (siehe “Das Ende aktiver Wirtschaftspolitik”).

Der IWF fordert Deutschland denn auch auf, endlich den Weg für einen kohärenten Ansatz freizumachen, wie das “Wall Street Journal” meldet. Doch darüber wird in Berlin nicht einmal diskutiert.

In Brüssel übrigens auch nicht mehr. Noch vor einem Jahr gab es hier eine lebhafte Debatte über eine “vollständige Währungsunion” und die dafür nötigen Instrumente.

Doch auf Druck der Kanzlerin wurde sie beim EU-Gipfel im Dezember 2012 eingestellt. Im Wahljahr wollte Merkel keine Risiken eingehen…