Späte Rache an China, Corona-Chaos in Deutschland – und Sonderrecht im Osten

Die Watchlist EUropa vom 02. Dezember 2021 –

Fast zehn Jahre nach China will auch die EU weltweit den Ausbau von Straßen, Schienen und Netzen fördern. Als Antwort auf die chinesische Seidenstraßen-Initiative präsentierte die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel ihren „Global Gateway“, ein europäisches Tor zur Welt. Bis 2027 wolle man 300 Milliarden Euro mobilisieren, sagte Kommissionspräsidentin von der Leyen.

Von der Leyen zielt nicht nur auf Europa, sondern gleich auf die ganze Welt. Sie präsentierte ihren Vorschlag als „Alternative“ zu China. Statt sich von einem autoritären Regime abhängig zu machen, sollten Regierungen und Investoren aus aller Welt auf Demokratie und die europäischen Werte setzen, sagte die CDU-Politikerin. Dies sei eine „positive Offerte.“

Wenig Geld, vage Pläne

Allerdings ist unklar, ob das Angebot verfängt. Die EU kommt spät – und sie legt auch vergleichsweise wenig Geld auf den Tisch. Nur ein geringer Teil der 300 Milliarden Euro wird aus dem EU-Haushalt kommen. Die Hauptlast sollen die 27 Mitgliedsstaaten und private Investoren tragen. China hat für seine Seidenstraße nach Schätzungen 1,1 Billionen US-Dollar vorgesehen, fast das Vierfache.

Zudem sind die europäischen Pläne ausgesprochen vage. Von der Leyen sprach von sauberem Wasserstoff, Überseekabeln und Transportnetzen. Doch konkrete, sofort umsetzbare Projekte legte sie nicht vor. Und beim Ausbau von Gesundheits- und Bildungssystemen, die von der Leyen nun Afrika und anderen Kontinenten verspricht, ist Europa nicht unbedingt vorbildlich, wie die Coronakrise zeigt.

Der größte Trumpf ist denn auch – zumindest aus EU-Sicht – das Versprechen, sich für „good governance“ einzusetzen. Es gehe um Nachhaltigkeit und Transparenz, heißt es in Brüssel – nicht um das schnelle Geld und neue Abhängigkeiten, wie sie China oft vorgeworfen werden. Daneben verfolge man selbstverständlich auch geopolitische Ziele, räumte von der Leyen ein.

Den Wandel verschlafen

Bereits bei ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren hatte die CDU-Politikerin eine „geopolitische Kommission“ versprochen, danach jedoch wenig geliefert. Mit dem „Global Gateway“ soll sich das ändern. „Hier sehen Sie die geopolitische Kommission in Action“, sagte EU-Kommissarin Jutta Urpilainen. Ab sofort werde man dem „systemischen Rivalen“ China etwas entgegen setzen.

Letztlich geht es um mehr Einfluß – und um neue Geschäfte. Während China weltweit Flughäfen, Schienennetze und Autobahnen baut, will sich die EU auf die lukrativen Märkte im Digitalbereich und im Klimaschutz konzentrieren. Hier tritt sie allerdings in Konkurrenz zu den USA und Großbritannien.

Die neue, globale Systemrivalität hat längst auch den Westen erfasst, Europa ist Nachzügler. Überraschend kommt das nicht. Schließlich hat die EU lange auf die Globalisierung gesetzt. Als die Neue Seidenstraße aufgemacht wurde, fand man das in Deutschland zunächst ganz toll. Jetzt soll sie eine Bedrohung sein…

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Watchlist

Macht Deutschland wieder dicht? Und muß EUropa folgen? Dies dürfte sich bei der Krisensitzung zum Corona-Chaos zeigen, die am Donnerstag in Berlin geplant ist. Im Gespräch sind neue Auflagen für Ungeimpfte, das Verbot von Großveranstaltungen, ein bundesweiter Lockdown und sogar eine nationale Impfpflicht. Dabei gehen die Zahlen schon wieder runter – und eine Impfpflicht käme viel zu spät für die vierte Welle… Mehr dazu hier

Was fehlt

Das Sonderrecht im Osten. Die EU-Kommission, selbsternannte Hütern der Verträge, schlägt vor, das Aslyrecht an der neuen Ostfront zeitweise auszusetzen. Demnach sollen die Behörden der Grenzländer Polen, Lettland und Litauen länger Zeit haben, um Asylanträge zu registrieren – vier Wochen statt maximal zehn Tage. Der Asylprozess dürfte dann bis zu 16 Wochen dauern. Außerdem will die Kommission einfachere und schnellere Abschiebungen erlauben. – Mehr zum Thema hier