Sondertribunal für Putin, Sonderrecht für Netanjahu
Die Ukraine und ihre Alliierten in der EU haben die Einrichtung eines Sondertribunals beschlossen, das den “Angriffskrieg” Russlands aburteilen soll. Sie wollen Kremlchef Putin hinter Gitter bringen – einem anderen Kriegsherrn räumen sie Sonderrechte ein.
Das Sondertribunal soll das “Verbrechen der Aggression” gegen die Ukraine ahnden und die politischen und militärischen Verantwortlichen aus Russland zur Rechenschaft ziehen.
Der ukrainische Außenminister Sybiha sagte bei einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Lwiw, er hoffe darauf, dass Kreml-Chef Putin und andere Regierungsmitglieder vor Gericht gebracht werden.
Dies ist im Kern eine Absage an die laufenden diplomatischen Bemühungen um eine Friedenslösung. Wie kann man mit Putin verhandeln, wenn man ihn am Ende ins Gefängnis stecken will?
Und woher bezieht ein solches Ad hoc-Tribunal eigentlich seine Legitimation? Warum gibt und gab es nicht ähnliche Gerichte für den Irak, für Libyen, den Sudan oder andere Länder des Globalen Südens?
Die Sonderbehandlung der Ukraine sei nicht nachvollziehbar, meint der Völkerrechtler Kai Ambos. Das Gericht könne allenfalls durch eine Resolution der UN-Generalversammlung legitimiert werden. Selbst die USA machen nicht mehr mit.
Doch das ist der EU egal. Sie unterstreicht die Sonderbehandlung sogar noch durch ihr Sondertreffen in Lwiw – also in der Ukraine. Dass der neue deutsche Außenminister Wadephul dabei war, macht es nicht besser.
Krasse Doppelstandards
Denn Deutschland leistet sich – wie viele andere EU-Länder – krasse Doppelstandards. Das Land, das für den 2. Weltkrieg verantwortlich war, boykottiert nicht nur die Feierlichkeiten zum Ende eben dieses Krieges in Moskau.
Es lädt auch noch Israels Staatschef Herzog nach Berlin, wo ihn Präsident Steinmeier am 12. Mai empfängt. Am Tag danach reisen sie gemeinsam nach Israel, wo Steinmeier auch Ministerpräsident Netanjahu treffen wird.
Deutschland nimmt Netanjahu trotz der anhaltenden Kriegsverbrechen und dem Vorwurf des “Völkermords in Gaza” in Schutz. Aber Putin wollen die Deutschen und die meisten EUropäer unbedingt hinter Gitter bringen.
Neben dem ukrainischen Sondertribunal gibt es wohl auch noch eine europäische Sondermoral…
P. S. Gegen beide, Putin und Netanjahu, liegt ein Haftbefehl in Den Haag vor. Deutschland und die EU wollen aber nur einen vollstrecken. Netanjahu wurde sogar in Ungarn empfangen – ohne Folgen…
Arthur Dent
10. Mai 2025 @ 13:37
Wenn es sowas wie menschliche Vernunft gibt, dann wäre sie zeitlos und universell.
Erneuerung
10. Mai 2025 @ 11:02
Naja, man muss schon unterscheiden, was böse und was lieb ist. Lieb ist es, 15000 Kinder und 20000 Frauen zu ermorden, die mit dem Krieg rein gar nichts zu tun haben und lieb ist es auch, 1,5 Millionen Palästinenser langsam verhungern zu lassen, denn die sind ja alle böse, dazu haben wir ja die Ausrede, sorry, das Beispiel Hamas. Lieb ist es auch, Russen in der Ukraine und in den baltischen Staaten jegliche Rechte und Renten zu entziehen, die sollen doch ihre Heimat verlassen und Platz machen für wertewestliche Einwohner. Böse ist es allerdings, wenn sich besagte Ethnien wehren, sowas geht gar nicht, denn die sind nun mal böse und verhindern Freiheit und Menschenwürde.
So pervers war noch nicht einmal der Staatsbürgerkundeunterricht in der DDR, und der war schon krass.
Guido B.
10. Mai 2025 @ 09:45
Lieber Bundeskanzler Merz
Dear Prime Minister Starmer
Cher Monsieur le Président Macron
Dear Most Excellent President Trump
Ihr wollt Frieden und Sicherheit in Europa? Ihr habt zwei Optionen.
Option 1:
Stellt eure Waffenlieferungen ein und überzeugt euren Freund Selenski, dass die Zeit gekommen ist, die weisse Fahne zu hissen und mit Russland über die Teilung der Ukraine zu verhandeln. Nehmt von Putin, was er euch von der Ukraine überlässt, schickt die Flüchtlinge in ihre noch halbwegs intakte Heimat zurück und heisst die Restukraine in der EU willkommen!
Option 2:
Erklärt eurer Bevölkerung, dass die Freiheit der freien Welt nur verteidigt werden kann, wenn Russland mit vereinten NATO-Kräften besiegt wird. Ruft Kriegsrecht aus, uniformiert eure Söhne und Töchter, erklärt Russland den Krieg und lasst sie Krieg führen. Möge der Stärkere auf dem Schlachtfeld gewinnen!
Aber bitte seid so lieb und hört auf, uns mit eurem abgedroschenen Polittheater zu langweilen. Wir sind nicht dumm! Wir wissen, dass ihr Russland niederringen wollt. Also hört auf, uns jeden Tag zu belügen und zu verarschen. Wir wissen doch längst, dass es euch nicht um das Schicksal der Ukraine und der Ukrainer*innen geht. Euch geht es nur um den Sieg über Russland. Wenn ihr Russland besiegen wollt, müsst ihr die Waffen nicht liefern, sondern selbst in die Hand nehmen und kämpfen. Wenn ihr euch nicht getraut, eure Bevölkerung in den Feldzug gegen Russland zu schicken, dann schweigt endlich und kümmert euch wieder um eure internen Angelegenheiten!
Hochachtungsvoll grüßt
Euer Guido B.
KK
10. Mai 2025 @ 12:12
Wo doch das EUropäische Triumvirat Macron, Merz und Starmer gerade in Kiew sind, könnten sie ja schon mal anfangen. Der andere dort anwesende Donald (Tusk) macht sicher gerne mit…
KK
10. Mai 2025 @ 00:07
Mit Völkermord kennt sich niemand besser aus als die Deutschen – wenn die Experten also sagen, sowas wie in Gaza ist kein Völkermord, dann muss das ja stimmen… da kann man auch Waffen liefern. Wo kämen wir denn da hin, wenn man uns diese einzigartige Expertise streitig machen wollte.
Sorry, ich kann da nur noch zynisch…
Guido B.
9. Mai 2025 @ 22:49
Sie wollen nicht nur Putin wegsperren. Sie wollen Russland wirtschaftlich zerstören. Sie wollen russisches Eigentum stehlen. Sie wollen die historischen und kulturellen Verdienste der Russen aus dem kollektiven Gedächtnis tilgen. Sie wollen russische Denkmäler niederreissen. Sie wollen russische Bürger schikanieren und aus der Weltgemeinschaft ausstossen. Sie scheißen auf russische Sicherheitsinteressen und stellen die Existenz der Russischen Föderation in Frage.
Und sie erwarten, dass Russland bedingungslos einem 30-tägigen Waffenstillstand zustimmt, um anschließend die Friedensbedingungen der Ukraine im Rahmen einer bedingungslosen Kapitulation zu akzeptieren.
Es gibt keinen vernunftbegabten Staatsmann auf der Welt, der unter diesen Umständen einen Frieden ernsthaft in Erwägung ziehen würde. Nicht in tausend Jahren.
KK
10. Mai 2025 @ 05:50
„Es gibt keinen vernunftbegabten Staatsmann auf der Welt, der unter diesen Umständen einen Frieden ernsthaft in Erwägung ziehen würde.“
Aber kann man die „Staatsmänner (und -frauen)“ der EU vernunftbegabt nennen, wenn diese ernsthaft einen solchen Vorschlag unterbreiten und das dann zu erwarten scheinen? Frage rhetorisch für einen Freund…
Michael
9. Mai 2025 @ 20:00
Auch diese Doppelmoral und Doppelstandards werden akkumuliert im Geschichtsbewusstsein und dem Zeitgeist reflektiert und sich dann im Zusammenbruch des sog. Westen manifestieren! Der „Abstieg hat bereits begonnen!
WBD
9. Mai 2025 @ 18:05
Ich vermisse in diesem Artikel den dezidierten Hinweis darauf, daß Herr Netanjahu, völkerrechtlich zwingend, wegen Verdachts auf Kriegsverbrechen zu verhaften sei. Man macht doch auch sonst hier immer das Völkerrecht zum Maßstab des Handelns, oder ?
ebo
9. Mai 2025 @ 20:26
Stimmt, das fehlte. Hab ich nachgetragen!
Bogie
9. Mai 2025 @ 16:54
Für diesen Mist in meinem Namen (kann man wohl nicht dagegen machen) schäme ich mich zutiefst.
Dass es aber noch schlimmer geht beweisen die baltischen Staaten, die den russischstämmigen Teil ihrer eigene Bevölkerung bis aufs Blut piesackt und dann noch glauben, sie seien die Guten.
Karl
10. Mai 2025 @ 09:07
@Bogie: Sie irren sich. In der Ukraine ist es schlimmer als in den baltischen Staaten, die noch unter demokratischen Bedingungen der OSZE in die EU aufgenommen worden. So sind russische Amtssprache und Kirche in der Ukraine verboten, in Estland und Lettland weiterhin erlaubt. Soeben hat Estland soeben Russisch als Unterrichtssprache abgeschafft; in Lettland gibt es Versuche, die russischen Unterschichten in Lettgallen, die ihr ganzes Leben dort gearbeitet haben, auszubürgern, um ihnen die Rente abzuerkennen (unter dem Vorwand eines „Sprachgesetzes“). Das Staatsangehörigenrecht Estlands und Lettlands, welches ab 1991 über Jahrzehnte Hunderttausende Staatenlose (mit ungültigen Pässen der UdSSR) produzierte, ist ein weiteres dunkles Kapitel. — Dennoch ist die Ukraine unvergleichlich schlimmer: den Maidan-Putsch, die anschließende Vertreibung von 2 Millionen Einwohnern des Donbass durch Kriegsverbrechen der ukrainischen Armee, der faschistische „Rechte Sektor“ in Regierung, Staat und Militär; die Umbenennung von 50.000 Straßen, die Neuerrichtung von Bandera-Denkmälern usw. das gab es so in den winzigen baltischen Staaten nicht. — Ein aktueller Bericht aus der Schweiz, die durch ihre Mehrsprachigkeit sehr sensibel für solche „Minderheitenpolitik“ ist: https://www.infosperber.ch/politik/unterdruecken-der-russischen-sprache-heisst-neu-bildungsreform/