So wird die Europawahl zur Farce (III) – May und Corbyn unter Druck
Haben Sie es auch schon gemerkt? Die “heiße” Phase des Europawahlkampfs hat begonnen – mit Wahlspots der Parteien im Fernsehen. Doch diese Spots machen alles andere als “heiß” auf die Wahl.
Bei den Grünen blühen bunte Blumen auf, bei der CSU sieht man blühende Landschaften, vermutlich im schönen Niederbayern, und bei der SPD sind alle von Europa begeistert. Aussage: null.
Wer nicht genau hinschaut, könnte die Spots glatt verwechseln. Alle etablierten Parteien werben für “unser Europa”, das als “unsere Heimat”, “unsere Zukunft” oder “unser Interesse” präsentiert wird.
Dabei geht es in dieser Wahl gar nicht um Europa, sondern um die EU. Ginge es um ganz Europa, müßte auch der Balkan und Russland dabei sein, oder auch die Schweiz und Norwegen.
Diese EU befindet sich gerade in einer schweren Krise, die Briten treten aus, oder sie versuchen es – doch das spielt in den Spots keine Rolle. Es würde wohl das wohlige Wir-Gefühl stören.
Das größte Problem ist jedoch, dass die Spots auf Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner verzichten. Sie zielen auf die AfD und andere böse „Populisten“ – doch sie setzen ihnen nichts entgegen.
Es fehlt also genau das, was einen Wahlkampf ausmacht: der Kampf. Es fehlt eine Bilanz (die im Falle der deutschen Europapolitik sehr mager ausfiele), es fehlt ein Ziel, und es fehlt die Auswahl.
Die etablierten Parteien kommen alle gleich rüber, wie eine große Koalition der Europa-Fans und EU-Verteidiger. Deshalb, so fürchte ich, können die Spots weder mobilisieren noch überzeugen.
Sie machen diese Wahl zu einer ärgerlichen Farce – genau wie die unklare Lage beim Brexit, die dazu führt, dass man nicht einmal weiß, ob ein Parlament für 27 oder 28 EU-Länder gewählt wird.
Den Vogel schießt dabei Manfred Weber ab, der Spitzenkandidat der EVP. Erst hat er sich vehement gegen die Teilnahme der Briten an der Europawahl geäußert – nun fordert er, UK in der EU zu halten.
Wenn die Briten keine Europaabgeordneten wählen, können sie aber auch nicht in der EU bleiben. Weber weiß nicht, was er will, doch er verspricht jedem, was er hören möchte. Kann das gut gehen?
Siehe auch “Wird die Europawahl zur Farce (II)?” und „Die EVP verliert weiter“
Watchlist
- Kommt Bewegung in den Brexit? Nach der verheerenden Schlappe der Tories bei den Kommunalwahlen ist vor allem Premierministerin Theresa May unter Druck. Aber auch Labour-Chef Jeremy Corbyn muß sich bewegen – und erklären, ob er für eine befristete Zollunion mit der EU und für ein „People’s Vote“ ist. In Brüssel wird die kommende Woche als letzte Chance gesehen, die Kuh vor der Europawahl vom Eis zu kriegen…
- Mehr zum Brexit hier
Was fehlt
- Die neueste Provokation des türkischen Sultans Recep Erdogan. Die Türkei hatte Probebohrungen in den umstrittenen Gasfeldern vor Zypern angekündigt. Die EU sieht darin eine Verletzung des zyprischen Hoheitsgebiets. Die Außenbeauftragte Federica Mogherini richtete einen „dringenden“ Appell an die Türkei, sich zurückzuhalten. Man werde „auf jede illegale Tat, die die Rechte Zyperns verletzt, angemessen reagieren“.
Claus
6. Mai 2019 @ 13:11
Ich lese: „Sie zielen auf die AfD und andere böse “Populisten” – doch sie setzen ihnen nichts entgegen.“ Sie versuchen es nicht einmal, denn Ausgrenzung mit garantiertem Medien-Bonus ist viel einfacher und verlangt keine intellektuellen Fähigkeiten. Zur „EU-Wahl“: Da stelle ich mir zum Beispiel jemand vor, normal gebildet, der mit seinem noch garnicht so alten Diesel täglich seine Teilzeitjobs abklappert, sich wie in Hamburg der Dieselverbotszone nähert und diese jetzt einhergehend mit noch mehr Stau, Zeitaufwand und Umweltbelastung umfahren muss. Bei der EU-Wahlwerbung links und rechts am Straßenrand, wegen Stau ausgiebig im Blickfeld, kann er wählen zwischen „Mehr Europa“ (Deutschland zahlt), „Mehr Zusammenhalt“ (Mehr Umverteilung, Deutschland zahlt), „Mehr Sicherheit“ (hält er geradezu für zynisch, weil das von der Partei kommt, die besonders hier den Ball flachhalten sollte), „Schnelles Internet für Alle“ (hat er schon, zahlt dafür), „Mehr Radwege“ (schafft seine Kilometer nicht per Rad, und im Winter?) oder, jetzt kommt‘s „Wir lieben Diesel!“ (Endlich ein Treffer! Denn das tut er auch, und hält Diesel für die derzeit beste Antriebstechnologie). Zudem weiß er nicht, woher das Geld für ein neues Fahrzeug kommen soll, wenn er wieder überall hinfahren soll, weiß aber, dass seine Probleme der EU-Regulierungswut geschuldet sind und es eine Partei gibt, die sich klar hiergegen positioniert.
Was könnte ihm die „Koalition der Europa-Fans“ in seiner ganz speziellen Lebenssituation entgegensetzen, damit er nicht den „Populisten“ auf den Leim geht? Dass er mit dem Verzicht auf seine Mobilität hunderttausende von Menschenleben rettet oder gar die Erde vor dem Untergang bewahrt?
Baer
6. Mai 2019 @ 11:16
Vordergründig mögen ja die Politiker versagen, aber haben sie überhaupt das Sagen?
Natürlich nicht ,aber das weiss ja jeder, oder?
Eine Lüge vielmals wiederholt wird zur Wahrheit, was man ja an der derzeitigen Klimahysterie
rund um CO2 beobachten kann.Jeder vernünftig denkende, und einigermaßen gebildete Mensch weiss,dass CO2 nicht der Auslöser einer Klimakatastrophe ist,sonder wenn überhaupt die Sonnenaktivität und die Wolken.
Aber nein CO2 ist Schuld ,und das antropogen eingebrachte mit einem Anteil von 4% am ohnehin minimalen Anteil von 0,038% gesamt CO2 in der Atmosphäre-einfach nur lächerlich.Aber es lässt sich wie beim ÖL auch unendlich viel Geld damit verdienen CO2 zu bekämpfen.
Eine weitere Reduktion des CO2 in der Luft würde ein ungeahntes Pflanzensterben auslösen und eine Verelendung der Erde nach sich ziehen.Davon redet aber niemand in der Politik,in der Wissenschaft fast jeder.
Und solche Parteien wie die Grünen,die Linken,soll man wählen?
Zu Herrn Weber nur ein Wort, Rohrkrepierer!!!!
ebo
6. Mai 2019 @ 12:57
Es geht hier um die Europawahl, nicht um die angebliche Klimahysterie. Bitte beim Thema bleiben!
Peter Nemschak
6. Mai 2019 @ 14:44
Dass 8 Milliarden Menschen heute mehr Dreck produzieren und Ressourcen verbrauchen als nicht einmal 3 Milliarden vor 70 Jahren sollte dem Dümmsten einleuchten. Dazu folgender tröstlicher Witz: zwei Planeten, einer davon die Erde, treffen einander im Weltall. Sagt der andere zur Erde: „wie du aussiehst, total zerzaust und verstümmelt.“ Jammert die Erde. „ich bin von der Pest der Menschen befallen“. „Hab‘ keine Sorge“ antwortet der andere Planet: „das wird sich von alleine geben“.
Manfred Waltermann
6. Mai 2019 @ 10:31
Auf den Punkt gebracht
Großes Lob für diese Beitrag von Erich Bonse!-
So kann man die Situation rund um die EU-Wahl und das Verhalten der Parteien/Kandidaten in Kurzform treffend dartsellen.
Es ist ein Skandal, was den EU-Wählern als „Programm“ geboten wird: Allgemeinplätze und Schönrederei sowie das Beschimpfen der „Populisten“, zu denen alle pauschal erklärt werden, die es wagen, an DIESER EU berechtigte Kritik zu üben! –
Merke: Das Wachsen der Kritik ist die Reaktion von Bürgern auf das Versagen der Politiker!
Holly01
6. Mai 2019 @ 10:01
Kennt jemand die Szene aus “wag the dog”, wo die den Pressesprecher was sagen lassen, um zu beweisen das die es können?
So kommen mir unsere Politikdarsteller vor. Wir sollten auch Schauspieler nehmen. Till Schweiger?
Das Ganze hat NATÜRLICH System. Man muss etwas sehr oft wiederholen, dann wird es gefühlte Wirklichkeit.
Also wiederholen alle das selbe. “Friede, Freude, Eierkuchen” in einer EU in der “irgenwie alle zu Hause sind”.
Na klar wird da gestritten.
Aber das ist eben wie auf diesem Türschild “Hier lieben, streiten und versöhnen sich …..”.
Das präsentiert man den Leuten.
Das ist die Aussage.
Es gibt Gute und weniger gute, aber sie gehören alle irgendwie zur Familie.
Es gibt gute Tage und weniger gute, aber man verbringt sie zusammen.
Der Brexit stört…… aber den kann man ja komplett auf die Satire Schiene schieben.
“to brexiten” Sagen man geht, aber man tut es nicht.
1000 Jahre Inzest hinterlassen eben Spuren.
Lächerlich machen.
Die gehören auch irgendwie zur Familie. Das sind die “sonderbaren” Autisten. Mit denen kann man nicht reden. Aber die sind wie ein dreibeiniger Hund. Einmal aufgenommen, wird man den einfach nicht mehr los …..
Also passt der Brexit auch wieder zur Aussage “wir sind alle sonderbar, aber wir sind zusammen sonderbar”.
So läuft dieser Wahlkampf. Wenn ich das richtig sehe europaweit.
Selbst die Migrationsgegner schimpfen auf “die bescheuerten Deutschen, denen endlich mal einer sagen soll, wo Schluss ist” und das war es dann auch.
Danach nuschelt alle etwas rum, schauen in die Runde und keiner will den “Deutschen” so richtig die Stirn bieten.
Etwas nationale Verweigerung.
Ein paar Gesetze umgehen, tun die Migrationsbefürworter schließlich auch, aber sonst?
Wenn nur diese doofen Menschen und Wähler nicht wären. Dann wäre es eine perfekte Simulation …..
vlg
Kleopatra
6. Mai 2019 @ 08:14
Weber hat den konzilianten, alles umarmenden Charakter eines typischen Europaabgeordneten (im Gegensatz zu den sehr viel stärker auf Krawall gebürsteten Politikern auf Mitgliedstaatsebene; die Sozialisation im EP erklärt vielleicht auch die Schwierigkeit, zu Fraktionskollegen öffentlich vollständig auf Distanz zu gehen). So eine Persönlichkeit kommt in vieler Hinsicht sympathisch rüber, ist als Chef einer Riesenverwaltung wie der Kommission aber nicht geeignet, da sie noch extremer in der Hand ihres Generalsekretärs wäre als das bei Juncker und Selmayr derzeit der Fall ist. Die Tradition, dass man gewesene Regierungschefs oder mindestens Minister ernannte, kam ja nicht von ungefähr.
Peter Nemschak
6. Mai 2019 @ 10:48
Die faktische europäische Regierung ist nicht die Kommission sondern wie bisher der Europäische Rat. Die Spaltung in europafreundliche und europaskeptische Regierungen in den Mitgliedsländern wird den Europäischen Rat im Verhältnis zur Kommission stärken.