So regiert Merkel in den Umweltrat hinein
Dass die EU zunehmend vom deutschen Kanzleramt geführt wird, ist kein Geheimnis mehr. Doch beim Treffen der Umweltminister in Luxemburg wurde ein neuer Tiefpunkt erreicht. Kanzlerin Merkel hebelte die Runde aus.
Normalerweise sollen beim Ministerrat die Fachminister entscheiden – in offenen, freien Verhandlungen ohne Einmischung aus den nationalen Hauptstädten. Doch beim Umweltrat in Luxemburg war es völlig anders.
Schon gleich zu Beginn bekannte die deutsche Umweltministerin Schulze, dass ihr die Hände gebunden seien. Sie müsse sich Anweisungen der (Auto-)Kanzlerin fügen, die sie selbst nicht für richtig halte.
Was danach folgte, ist fast schon bühnenreif. Während Schulze auf der Merkel’schen Position beharrte, schaltete sich das Kanzleramt aus Berlin ein. Auch Frankreichs Staatschef Macron und die EU-Kommission funkten hinein.
Luxemburgs grüner Umweltstaatssekretär Claude Turmes berichtet, was dann geschah (Quelle: „Tagesschau“):
„Ich habe hier eine Umweltministerin gesehen, die sitzt am Tisch, hat aber praktisch nichts zu sagen. Das Kanzleramt telefoniert dagegen mit den Hauptstädten. Das ist eine einmalige Situation. Ich weiß nicht, ob es so etwas schon einmal in dieser Schärfe gab in der deutschen Umweltpolitik.“
Das gab es noch nie – weder in Berlin, noch in Brüssel. Die Verhandlungen liefen nicht mehr im Ministerrat, sondern zwischen den Staats- und Regierungschefs! Merkel machte aus dem Ganzen eine Art Autogipfel.
Am Ende gab die Kanzlerin zwar klein bei. Die Autoindustrie muss die CO2-Emissionen nun bis 2030 um 35 Prozent senken, und nicht um 30, wie von Merkel zunächst gefordert. Doch das ist nur eine kleine Konzession.
Denn im Gegenzug wurde eine Review-Klausel eingebaut. 2023 soll die EU noch einmal prüfen, ob die neuen Grenzwerte funktionieren. Diese Klausel wurde gegenüber dem Vorschlag der Kommission noch einmal deutlich gestärkt.
Dreimal dürfen Sie raten, wer das durchgedrückt hat…
Siehe auch „Das Ende der Klimakanzlerin“ und „Mein Name ist Schulze, ich bin von der SPD und folge Merkel“
Holly01
13. Oktober 2018 @ 13:02
Das Auto ist ein ganz besonderes Konsumgut.
Diese ganze Debatte ist ein einziger Spiegeltrick.
Um ein Auto heute noch bauen zu können und damit als Hersteller einen Gewinn ausweisen zu können erfordert eine gesamt gesellschaftliche Anstrengung extremen Umfangs.
Die Rohstoffe besorgen ist ja nur eins.
Die Lieferketten die so lang sind, damit man da überhaupt noch Wertschöpfung einbauen kann sind das andere.
Die unterschlagenen Kosten bei Umwelt, Gesundheit und auch Gesellschaft sind da noch völlig ausgeblendet.
Ein Medianarbeiter liegt in Deutschland bei grob 1600€ netto? Ich schau jetzt nicht nach, weil es inhaltlich egal ist ob es 1400 oder 2000 sind.
Also 1600€ minus Miete/Belastung, minus Lebenshaltung und Lebensvorsorge.
Rest? 400?
Egal. Ein Auto kostet so ab 20.000 aufwärts.
Das heisst ein Auto aus dem Niedrigpreissegment hat den Wert von 20000/400= 50 Monatssparraten.
Das ist der Median.
Frage: Für wen betreiben wir noch PKW Massenproduktion?
Für die junge Generation? Die wir mit prekärer Beschäftigung, Arbeitskräfteimport, Bildunsgverblödung und Industrie 4.0 beglücken?
Wie lange werden die Babyboomer vom Geld der Großeltern weiter konsumieren können?
Wer wird in 20 Jahren noch ein Auto kaufen können?
Sehen Sie, die exorbitante Überproduktion muss weg.
Gründe? Völlig egal was man sich da medial aus dem Anus zieht.
Der Kundenstamm bricht bei diesem Produkt weg.
Also schreibt man nun munter ab, was gerade in der AFA dafür ansteht und investiert nicht neu.
Also hat man riesige Fettgürtel an Werksverträgen, Leiharbeitern und Zeitarbeitern um einen Mitarbeiter Kern angelegt.
Glauben Sie Hr. Piech wäre da ausgestiegen, wenn es noch Perspektive hätte.
Ne, der ist ja nicht doof.
Also läuft eine storyline an. Mit Grenzwerten, die sich natürlich als Flaschenhals darstellen, als Nadelör, durch das das Auto durch muss.
Die Hersteller haben kaum etwas dagegen.
Die müssen für ihre Geschäftsgrundlage inzwischen eine Bank haben und das geld schöpfen, die Wartung mit einberechnen und den Verschleiss mit nehmen, damit da überhaupt noch eine Null am Ende herauskommt.
Da darf bei der Rostoff- und Halbzeugkalkulation, aber nichts schief gehen.
Die wollen da nur noch raus kommen.
Die wollen kein Reinhausen Deutschland weit.
Die haben aus der alten Montanindustrie gelernt.
Den Exit muss man moderieren.
Da braucht es eine gute Geschichte.
Am Besten auch Leute die das verlangen und denen muss man Argumente liefern.
Dann kann man einem voreilenden öffentlichen Druck nachgeben.
Das ist wie Hambacher Forst und RWE. Ein Schauspiel mit verteilten Rollen, für ein gemeinsames Ergebnis, das vorhersehbar ist ……
Ist nicht so schwer.
Deutschland schleicht sich aus einem ehemaligen zentralen Marktsegment heraus.
vlg
Baer
11. Oktober 2018 @ 08:02
Da die Grenzwerte willkürlich und politisch motiviert sind,und keinesfalls auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen,sollte man fragen ,ob die Einhaltung der Grenzwerte überhaupt technisch realisierbar ist.
Etwas zu fodern weil es populär ist,ohne andere viel größere Umweltverschmutzer ins Visier zu nehmen lässt auf auf abgekartete Spielchen schließen.
Unsere Politikdarsteller haben leider nichts zu sagen,denn Geld regiert nun mal die Welt.
ebo
11. Oktober 2018 @ 09:04
Naja. In den USA und insbesondere in Kalifornien halten die deutschen Hersteller problemlos die schärferen Grenzwerte ein. In China ist man bei Elektroautos viel weiter als in Altmaier-Land. Deshalb argumentieren die meisten EU-Staaten mittlerweile auch umgekehrt: Die neuen Umweltziele sind nicht etwa eine Zumutung und Belastung – sie wirken wie ein Katalysator für den technologischen und ökologischen Fortschritt!
Peter Nemschak
10. Oktober 2018 @ 16:00
Nicht nur die Autohersteller sondern insbesondere auch die Konsumenten (Altfahrzeugsbestand, der zum Großteil nicht nachrüstbar ist) sollen durch besondere Grenzwertphantasien nicht überfordert werden. Das gilt nicht nur für Deutschland sondern auch die anderen klassischen Autoproduzenten Frankreich und Italien. Derzeit ist man sich in der EU nicht einmal über einheitliche Geschwindigkeitsbeschränkungen (umweltwirksam !) einig, sehr wohl aber hat man ein effektives grenzüberschreitendes Inkassosystem auch für kleine Verkehrsstrafen eingeführt. Wenn es um nationale Einnahmen geht, ist das staatliche Interesse groß, beim Umweltschutz schon weniger. Man fragt sich, warum der nach wie vor wachsende Flugverkehr bisher ausgenommen wurde und warum ein Vielfaches an Grenzwerten in den Büros zulässig ist. Was die Autos betrifft, sind auch E-Fahrzeuge nicht notwendigerweise umweltfreundlich, da in den Batterien problematische Rohstoffe verarbeitet werden. Insgesamt müsste man das System individuelle Mobilität auf den Prüfstand stellen, was allerdings politisch eine Utopie ist.