Sie reden von Grenzkontrollen, sie streiten über Nord Stream – und Vorteil Schweiz

Die Watchlist EUropa vom 22. Januar 2021 –

Nie wieder Lockdown, nie wieder Grenzkontrollen! So hatten es sich die EU-Chefs nach der ersten Coronawelle im Frühjahr 2020 geschworen.

Doch das soll nun nicht mehr gelten. Aus Angst vor dem mysteriösen Virus-Mutanten aus UK ruft Kanzlerin Merkel nach neuen, alten Maßnahmen.

“Es geht nicht darum, flächendeckende Grenzschließungen einzuführen”, sagte Merkel vor dem Corona-Krisengipfel am Donnerstag. Vielmehr gehe es um ein einheitliches Vorgehen gegen die Pandemie.

Sie wolle, „dass wir alle möglichst dasselbe Ziel verfolgen, die Inzidenzen möglichst runterzubringen“, so Merkel. Grenzschließungen wären dabei nur die „Ultima Ratio“ – aber nicht völlig ausgeschlossen.

„Das war und ist falsch“

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“Das war falsch 2020 und das ist noch falsch in 2021”, entgegnete Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Grenzschließungen seien kein geeignetes Mittel gegen die Coronakrise.

Luxemburg hatte Geschäfte wieder geöffnet, nachdem sie in Deutschland geschlossen worden waren. Auch in der Schweiz, Österreich und Tschechien geht man anders mit dem Coronavirus um als im größten EU-Land.

Hier sieht Merkel nun Handlungsbedarf. Bei Frankreich, Belgien und den Niederlanden erwarte sie keine Probleme, sagte die CDU-Politikerin.

Frankreich hatte zuvor „Gesundheitskontrollen“ an den Binnengrenzen gefordert, Belgien erwägt sogar das Verbot von „nicht essentiellen“ Reisen – also das Aus für den grenzüberschreitenden Tourismus.

Reden müsse man aber noch mit Tschechien und der Schweiz, so Merkel weiter. In einem Diskussionspapier aus Berlin war von “Testzentren an den Grenzen” die Rede…

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P.S. Hier noch die Ergebnisse des Videogipfels:

  • Beim Videogipfel wurde vereinbart, die Grenzen für den Warenverkehr offen zu halten, um den Binnenmarkt zu sichern – der bekanntlich den harten ökonomischen Kern der EU darstellt.
  • Ratspräsident Michel und Kommissionschefin von der Leyen sprachen sich gleichzeitig für Beschränkungen für „nicht unverzichtbare Reisen“ aus – also für Urlaubsreisen, aber auch „einfache“ Familienbesuche.
  • Zusätzliche Einschränkungen soll es für „tiefrote“ Hotspots geben, die nun eigens neu geschaffen werden. Ob damit nur Tschechien gemeint ist, oder auch Thüringen und Sachsen?

Watchlist

Was sagt die Bundesregierung zu Nord Stream 2? Nachdem die Trump-Administration noch in letzter Minute Sanktionen gegen Unternehmen verhängt hatte, die am Bau der Pipeline beteiligt waren, fordert nun auch das Europaparlament einen Baustopp. Für eine entsprechende Resolution stimmten alle großen Fraktionen. Allerdings haben sich die meisten deutschen Abgeordneten enthalten bzw. Nein gestimmt. Die Grünen waren geschlossen dafür – und finden sich nun in einer bizarren Querfront mit Trumps letzten Mohikanern wieder…

Hotlist

  • Dass Visa und Mastercard die Corona-Ängste sehr schnell nutzten, um Propaganda gegen das Bargeld zu machen, verwundert wenig. Aber dass der Vize der EU-Kommission sich deren haltlose Behauptungen zu eigen macht, ist ein starkes Stück – meint N. Häring von “Geld & mehr”. Ein lesenswerter Beitrag, der allerdings zu sehr seiner Quelle, dem europäische Bargeld-Verband ESTA, vertraut. Mehr zum Thema hier
  • A diplomatic row has broken out between the UK and EU over the status of the bloc’s ambassador in London. The UK is refusing to give Joao Vale de Almeida the full diplomatic status that is granted to other ambassadors. It is understood not to want to set a precedent by treating an international body in the same way as a nation state. – Was BBC berichtet, läuft darauf hinaus, dass London die EU nicht als Staat betrachtet…
  • Weshalb die Hürden für Schweizer Firmen beim Export in die EU nun oft niedriger sind als für ihre britischen Konkurrenten: Das erklärt die NZZ mit einer gehörigen Portion Schadenfreude. Allerdings müssen sich die Schweizer weiter dem höchsten EU-Gericht unterwerfen, London nicht…