Selmayr fällt weich, verdächtig weich

Man nannte ihn „das Monster vom Berlaymont“. Kommissionschef Jean-Claude Juncker wollte ohne ihn nicht sein – und drohte mit Rücktritt. Doch nun muss Martin Selmayr tatsächlich gehen . Er fällt weich, verdächtig weich.

Der deutsche Jurist, der 2018 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zum Generalsekretär der EU-Kommission befördert worden war, muß der neuen Kommissionschefin von der Leyen weichen – und wird nach Wien abgeschoben.

Ab dem 1. November wird Selmayr dort die EU-Vertretung leiten. Bis dahin werde er noch „Sonderberater“ von Juncker bleiben und ihm „weiterhin in zentralen strategischen Fragen zur Seite stehen“, so die Kommission.

Seine Amtszeit als Generalsekretär läuft Ende Juli aus. Bis zum Amtsantritt in Wien wolle er sich eine lange Pause gönnen, kündigte Selmayr an. Bis dahin sollte auch Zeit sein, noch ein paar Fragen zu beantworten.

  • Wieso geht Selmayr schon jetzt, und nicht erst im November, wenn von der Leyen kommt? Was macht er in seiner Zeit als „Sonderberater“ Junckers? Darf er noch den Brexit „abwickeln“?
  • Lief diesmal alles ordnungsgemäß? Welche Rolle spielte der fürs Personal zuständige deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger, wurde das Europaparlament informiert?
  • Und wie sieht es um Selmayrs Bezüge aus? Angeblich wird er weiter 17.000 Euro im Monat erhalten – wofür? Ist die Tätigkeit als „Sonderberater“ so viel wert wie die des Generalsekretärs?

Außerdem würde ich gerne wissen, ob es stimmt, dass Selmayr gegen EU-Kommissar Frans Timmermans Front gemacht hat, und dass er Von der Leyen schlecht beriet, wie „Libération“ berichtet hat.

Wenn dem so wäre, dann müsste es doch eigentlich einen Aufstand der „politischen Kommission“ geben. Doch davon hört und sieht man nichts. Stattdessen wird wohl wieder alles unter den Teppich gekehrt….

Siehe auch „Geschichten aus dem Hinterzimmer“ sowie mein E-Book zum Fall Selmayr: „Game over – Das Selmayrgate und das Ende der Politischen Kommission“