Seenotrettung: Berlin allein an Bord
Kurz vor der Europawahl hat die EU-Kommission die Flüchtlingskrise für beendet erklärt. Die Folgen dieses PR-Manövers sehen wir jetzt: Die Probleme bei der Seenotrettung werden verdrängt, nur Berlin ist an Bord.
In Berlin ist es ein großes Thema, in Brüssel spricht – abgesehen von den Grünen – fast niemand mehr davon: Die Seenotrettung vor den Küsten Libyens und Italiens fällt in ein „schwarzes Loch“.
Mit diesem Wort beschreibt „Le Monde“ die Politik der EU. Nachdem sie die Flüchtlingspolitik an die Türkei und Libyen „ausgelagert“ hatte, verdrängt sie nun auch die Probleme der Boat People.
Erstaunlich ist das nicht. Denn nach dem Ende der Marinemission „Sophia“ sind fast nur noch private Hilfsboote im Mittelmeer unterwegs. Und dafür fühlt sich Brüssel nicht zuständig.
Da es sich meist um Schiffe mit deutschen Teams handelt, stellt sich die Lage in Berlin anders dar: Dort muss – und will – man handeln. Die große Frage ist nur: Wie?
Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) kündigte an, die Bundesregierung werde die Seenotrettung beim Treffen der EU-Innenminister am 18. und 19. Juli in Helsinki ansprechen.
Das Thema müsse auf europäischer Ebene debattiert werden, damit sich die anderen Länder nicht „aus dem Staub machen“ könnten, sagte Mayer. Auch die EU-Kommission sei gefordert.
Doch selbst die hat es nicht eilig. Innenkommissar Dimitris Avramopoulos verlangt zwar eine Einigung auf einen „vorläufigen“ Verteilungsmechanismus – wie er der „Welt“ sagte.
Doch bis auf wohlfeile Appelle kommt nichts aus Brüssel. Nun rächt es sich, dass die EU-Kommission die Flüchtlingskrise vorzeitig für beendet erklärt hatte…
Siehe auch „Die Flüchtlingskrise schwelt weiter“ und „Drei Bücklinge vor Salvini“
Theo
10. Juli 2019 @ 09:19
@Holly01
„Die Politiker müssen endlich zur Kenntnis nehmen, dass eine massive Abwehrhaltung unserer Gesellschaften gegen Flüchtlinge und Migranten besteht, die sie gefälligst zur Kenntnis zu nehmen haben…,“
Eine massive Abwehrhaltung gibt es nicht nur in den Visegrad-Staaten wird aber aus unerklärlichen Gründen nicht zur Kenntnis genommen !
Stattdessen sehen wir Boote ankommen mit gepflegten Menschen, vorallem schönen jungen Männern.
Holly01
10. Juli 2019 @ 13:16
Ich bin nicht so auf Männer fixiert, deshalb fällt mir das nicht so auf.
Mir ist es egal wer in den Booten sitzt, ich wünschte es gäbe keine Gründe für die Menschen in solche Boote zu steigen.
Wir müssen verstehen lernen, das ein reicherer Nachbar nicht von meinem Teller isst, sondern ihn füllt.
Beispiel Polen: Die haben einen super Lauf und das geht zu niemandens Kosten, aber das ist ein wachsender Markt auch für Deutschland.
SO sollte das auch in Osteuropa, Südosteuropa, Naher Osten, eigentlich überall.
Nur eben nicht mit dieser „alles muss billig und im Übermaß“ Mentalität.
Wir müssen wohl unsere völlig verbohrte und verkorkste Elite los werden.
Die können offensichtlich nicht „Zukunft“…
vlg
zykliker
9. Juli 2019 @ 20:15
Das Geschwätz von der “Bekämpfung der Fluchtursachen:”
Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß sich “Spindoctoren” mit der Erfindung solcher Hohl-Phrasen eine goldene Nase verdienen
https://www.nachdenkseiten.de/?p=53206
Nicht das Problem ist das Problem, sondern dessen unzureichende Verdeckung durch eine nicht griffig genug formulierte Ablenkungs-Hohl-Phrase.
Holly01
9. Juli 2019 @ 23:22
Nach Ihrer lesart ist das ganz ganz einfach:
Wie sehr lehne ich die Migration in mein Land ab?
Nun dann wähle ich die Mittel, damit dieses Maß nicht erreicht wird.
Null Migration erwünscht?
Nun dann muss ich alle umbringen, bevor sie meine Grenzen erreichen können.
Auf die Art kann die Welt ganz einfach werden.
Man macht sich selbst zum Hammer und hat als Probleme nur noch Nägel.
Wie passend …..
vlg
Peter Nemschak
10. Juli 2019 @ 01:53
Sie sind rationalen Argumenten nicht zugänglich. Lesen sie meine Beitrag genauer und vor allem emotionslos. Wie sieht Ihr Lösungsvorschlag aus?
zykliker
10. Juli 2019 @ 11:23
laß gut sein, Peter, der Junge hat doch Recht mit seiner Empörung und dem größten Teil seiner Analyse. Wem seine Antwort galt, ist nicht ganz klar: er könnte den Sack geschlagen, aber den Esel gemeint haben.
Daß die Probleme immer größer werden, weil sie wegen einer Kombination aus Unfähigkeit und – das vor allem – egoistischer Unwilligkeit nicht angegangen und statt dessen nur mit Propaganda eingenebelt werden, war mein Beitrag. Sowas kann man auch mal mißverstehen.
Lösungen? Was pragmatisch aussieht, ist deshalb leider noch lange nicht realisierbar, wenn es am guten Willen aller dafür fehlt. Zu viele profitieren vom Geschäft mit Krieg, Zerstörung anderer Länder, und sei es nur zu allerletzt, daß man so günstig an die Rohstoffe für das nächste Smartphone kommt.
Den hab ich hier schon mal gebracht, ist aber aktuell wie nie:
https://www.rubikon.news/artikel/teile-und-herrsche-2
Holly01
10. Juli 2019 @ 13:08
Hr. Nemschak,
es galt diesem einen Satz und den finde ich inhaltlich überall.
Persönlich werden wollte ich jedenfalls nicht, es ist gut, wenn wir verschiedene Meinungen haben, nicht bequem aber gut.
Pragmatisch?
Ein Bündnis mit China und Russland.
Die Amis ausbooten auf eine Art, die Krieg wie Selbstmord aussehen lässt.
Die ganzen neoneoliberalen Spinner aus den Ämtern argumentieren.
Ein Konzept aufsetzen, bei dem richtig viel Geld in die Hand genommen wird, für Infrastruktur und Entschuldung.
Machen die USA mit, gut, wenn nicht, dann eben nicht, aber dann sind die draußen.
Und mit Bündnis meine ich nicht Schland sondern die EU.
vlg
Holly01
9. Juli 2019 @ 20:11
Hr. Nemschak,
„Die Politiker müssen endlich zur Kenntnis nehmen, dass eine massive Abwehrhaltung unserer Gesellschaften gegen Flüchtlinge und Migranten besteht, die sie gefälligst zur Kenntnis zu nehmen haben, um die Rechtsdrift nicht weiter anzuheizen.“
Das IST die „Rechtsdrift“. Oder ich versuche es an MIR festzumachen, dann stoße ich anderen nicht vor den Kopf.
Ich wurde als Neudeutsch, rechts, asozial uns was weiss ich noch bezeichnet, weil ich schon sehr früh gesagt habe:
– die Reichen in Deutschland geben keinen Cent für die Gesellschaft aus
– die Migranten werden alle Probleme verschärfen und Armut zu einer die Gesellschaft gefährdenden Dimension verstärken
Siehe da. Die UNO redet von 5 Mio „Zuwanderern“ für Deutschland. Relativ offizielle Zahlen sprechen von 15 Mrd. jährlichen Kosten. Altersarmut ist weiterhin ein Problem ohne Lösung. Das Ruhrgebiet entwickelt sich zum Zentrum einer nicht nur politischen Konfrontation. Die prekäre Arbeit war bisher überwiegend weiblich und wird nun zum ethnischen Minenfeld.
Ich breche ab und reduziere auf, „die Menschen wollen die Migranten nicht und Deutschland braucht die Migranten nicht“.
Herr Berger hat einen schönen Text raus gehauen, mit Bezug auf die Diskussionen 2015.
Nichts wurde besser, nichts wurde gemacht, die EU im Allgemeinen und Deutschland im Besonderen sind ja in einer Krise.
Ja, genau, die Chinesen bedrohen unseren Stellung in der Welt. Da passt Weltuntergang gerade nicht rein.
Herr. Nemschak, schauen Sie bitte einmal auf Jordanien und die Palästinenser. Da sind die Lager inzwischen 50 Jahre alt.
Da wird das Elend mit Gewalt unterdrückt.
Da werden MILLIONEN von jeder persönlichen Entwicklung und Perspektive ausgeschlossen.
DAS ist das Ergebnis der westlichen Wertegemeinschaft.
Kurzer Blick auf die Türkei?
Armenier? Kurden?
Kosovo?
Albanien?
Es ist erstaunlich. Wir beuten die Welt aus. Wir schlagen den Gesellschaften dort ins Gesicht. Wir vernichten ihre Märkte und Existenzen und die sind …. unzufrieden.
Bedrohen uns, durch Migration dort hin, wo ihre Zukunft schon ist, wo ihre materiellen Güter längst hin geschafft wurden.
Und treffen auf arme Deutsche. Sie treffen auf arme Europäer. Sie treffen am Ort der „Zuflucht“ auf verarmte Gesellschaften und verwaltetes Elend.
Ist das noch Ironie?
Wäre es nicht real, es wäre ein Stoff für eine Komödie oder Tragödie.
Wir müssen endlich etwas erkennen:
Militär ist ein Hammer und macht aus jedem Problem einen Nagel.
Das haben wir erkannt und darum ist der General nicht mehr der höchste Diplomat.
Problemlösungen mussten einfach differenzierter erfolgen.
BANKEN sind auch Hammer und sie machen aus jedem Problem einen Kredit.
DAS müssen wir erkennen.
Geld ist KEIN Vermögen. Geld ist nichts positives. Notwendig, ja wahrscheinlich (ich wüsste nicht wie es anders geht, aber ich bin auch dumm).
Banken sind NICHT die Verwalter von Eigentum. Denn Banken können Eigentum NUR monetarisieren.
Und Geld verlangt Zinsen und Kreditwachstum.
Geld ruiniert jede Gesellschaft.
Lustiger weise trifft es die am härtesten die das härteste (weil gewalttätigste) Eigentumsrecht haben. Das ist regelmässig der Hegemon.
— Es ist die Frage der Vermögensverteilung —
Leistungslose Einkommen verdrängen Lohn/Einkommen/Existenzgrundlage.
Erst da wo das Eigentum weich ist, wo man es mit Gewalt holen kann.
Jetzt hier bei uns.
Ah, da sind die Flüchtlinge wieder dabei.
Wir haben ihr Eigentum verzinst und gestohlen und siehe da, sie gehen dahin, wo sie hoffen noch eine Existenz aufbauen zu können.
Banken sind Hämmer und jedes Problem wird zum Kredit…….
vlg
Oudejans
11. Juli 2019 @ 10:34
>>“Geld ruiniert jede Gesellschaft.“
Geld i s t Gesellschaft.
Holly01
11. Juli 2019 @ 16:50
Nein. Diese Aussage ist inhaltlich eindeutig falsch.
Menschen bilden die Gesellschaft und die sollten auch im Zentrum aller Bemühungen stehen.
vlg
Amelia 57
9. Juli 2019 @ 17:28
Deutschland könnte viel gegen die Flüchtlingskrise tun, wenn es keine Waffen mehr exportieren würde.
Peter Nemschak
9. Juli 2019 @ 19:06
Dann würden andere sofort die Lücke füllen. Seien Sie realistisch. Nachdem die meisten Fluchtbewegungen ohnedies in der jeweiligen Region (Beispiele Türkei, Kenya), oft sogar innerhalb eines Landes (Internally Displaced Persons) enden, wäre es sinnvoll die Flüchtlinge regional vor Ort zu unterstützen, um Druck von Fluchtbewegungen nach Europa zu nehmen.
Holly01
10. Juli 2019 @ 13:26
Es gab früher eine Simulation von der UN, wo Entwicklungshelfer ein virtuelles Örtchen „bespielt“ haben.
Brunnen, Schule, Lebensmittel usw usf
Das Ergebnis war immer das selbe.
Überbevölkerung die von der örtlichen Natur nicht ernährt wurde und von äußerer Hilfe abhängig wurde oder gestorben ist.
Die größte Hilfe wäre die Spekulation mit Lebensmitteln zu beenden.
Hohe Schutzzölle auf alles was an Gütern ins Land rein soll.
Geld nur lokal, damit man vorhandene Ressourcen intern umverteilen kann.
Niemand kann gegen geschenktes oder zu dumping Preisen auf den Markt geworfenes Konkurrenzzeugs antreten.
Weg mit diesen „Freihandelsabkommen“. Speziell EPA ist nachgewiesener Maßen eine Sauerei.
vlg
Peter Nemschak
9. Juli 2019 @ 13:13
Statt sich moralisch aufzuspielen sollte Deutschland einen griffigen Vorschlag zur Bewältigung von Flucht und Migration aus dem globalen Süden machen. Mit Einzelmaßnahmen wie Seenotrettung und Verteilung ist nichts gewonnen. Die Politiker müssen endlich zur Kenntnis nehmen, dass eine massive Abwehrhaltung unserer Gesellschaften gegen Flüchtlinge und Migranten besteht, die sie gefälligst zur Kenntnis zu nehmen haben, um die Rechtsdrift nicht weiter anzuheizen. Ein Flüchtlings- und Migrationspaket sollte von folgenden Grundsätzen geleitet sein: Flüchtlinge sind vor Ort und in sicheren Nachbarländern unter ziviler Aufsicht und Finanzierung der EU zu betreuen. Entsprechende Vereinbarungen ggf. mit Privilegien für die lokalen Eliten sind zu treffen. Die Betreuung eines Flüchtlings vor Ort kostet einen Bruchteil dessen was sie in Europa kostet. Für Arbeitsmigranten sind in beschränktem Umfang temporäre Arbeitsgenehmigungen ohne Familiennachzug zu gewähren. Das würde Engpässe am Arbeitsmarkt überwinden helfen und wäre ein Entwicklungsbeitrag der EU für die späteren Heimkehrer. Schließlich wäre für jedes Mitgliedsland in Abstimmung mit diesem ein legales quantitatives und qualitatives jährliches Immigrationskontingent zu definieren. Mit Mitleidsgetue und Abschreckung allein lässt sich das Problem nicht lösen. Man fragt sich, warum Deutschland, das bei allem so gerne Vorbild für andere sein will, nicht längst einen Vorschlag auf den Tisch gelegt und zumindest im eigenen Wirkungsbereich so weit wie möglich umgesetzt hat.