Seehofer überzeugt nicht – Stillhalte-Abkommen im EP?

Die Flüchtlingsquote für die Seenotrettung kommt wohl doch nicht. Innenminister Seehofer konnte seine EU-Kollegen nicht überzeugen; bei einem Treffen in Luxemburg werden keine Beschlüsse mehr erwartet.

Deutschland und Luxemburg haben die Hoffnung auf einen Durchbruch in der europäischen Flüchtlingspolitik gedämpft. Die Bundesregierung rechne beim Treffen der EUInnenminister am Dienstag in Luxemburg noch nicht mit Beschlüssen zur Seenotrettung, sagte ein Sprecher von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in Berlin. 

Es gehe zunächst nur darum, für eine Vereinbarung zu werben, die Deutschland, Frankreich, Italien und Malta im September unterzeichnet hatten. Diese sieht vor, dass Bootsmigranten, die im Mittelmeer südlich von Malta und Italien aus Seenot gerettet werden, binnen vier Wochen auf die teilnehmenden Staaten verteilt werden.

Auch Luxemburg warnte vor überzogenen Erwartungen. Für die Regierung gebe es zwei Bedingungen, sagte eine Sprecherin der EU-Vertretung des Großherzogtums. Es sollte keinen festen Verteilungsschlüssel oder Prozentsatz geben, außerdem müsse eine „signifikante Zahl von Mitgliedstaaten“ mitmachen.

Außenminister Jean Asselborn hat kürzlich von 15 Ländern gesprochen. Seehofer hatte bei dem Treffen auf Malta vor zwei Wochen noch auf 12 bis 14 Staaten gehofft. Nach Angaben von EU-Diplomaten dürfte diese Zahl jedoch bei weitem nicht erreicht werden. Die „Koalition der Willigen“ habe es nicht geschafft, die Vorbehalte zu überwinden.

Mit der Vereinbarung von Malta sollte das bisher übliche Gezerre um die Aufnahme und Verteilung von Bootsflüchtlingen beendet werden. Einige EU-Länder wie Ungarn oder  Polen weigern sich jedoch weiterhin, Migranten aufzunehmen.

Widerstand gibt es auch in Seehofers eigenen Reihen. Sogar die CSU ging auf Distanz. Unterstützung signalisiert dagegen die EUKommission und das Europaparlament.

Es gebe Fortschritte bei der Verteilung, “auch dank Deutschland, das diese Diskussion vorangetrieben hat”, sagte der für Migration zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos.

Auch die Grünen im Europaparlament fordern mehr Solidarität. „Das politische Spiel auf dem Rücken von Geretteten muss ein Ende haben“, sagte der deutsche EU-Abgeordnete Erik Marquardt.

Er lobte Seehofer – für einen Plan, der womöglich nie umgesetzt wird…

Siehe auch “Eine neue Flüchtlingsquote? Schau’n mer mal”

Watchlist

  • Enden die Anhörungen der designierten EU-Kommissar geräuschlos – oder mit einem Knall? Dies dürfte sich am Dienstag im Europaparlament zeigen. “Gegrillt” werden die drei Schwergewichte des Teams von der Leyen: Der Mann für die Wirtschaft für die Menschen, Dombrovskis; die Frau für das Internet und den Rest der Welt, Vestager, sowie den Herrn für das gute Klima, Timmermans. Alle drei sind “geschäftsführende Vizepräsidenten”!
  • Derweil machen Gerüchte die Runde, dass sich die großen Parlamentsfraktionen auf ein Stillhalte-Abkommen geeinigt haben. Nachdem bereits am ersten Tag der Hearings die Kandidaten aus Ungarn und Rumänien durchgefallen sind, solle es keine weiteren “Opfer” geben. Selbst die umstrittene Französin Goulard könnte demnach mit Nachsicht rechnen – dabei droht ihr ein zweites Hearing…

Was fehlt

  • Die “Sprache der Macht”. Die empfiehlt der designierte Außenkommissar Borrell von der EU. Wenn man alle (nationalen) Budgets zusammenzähle, sei man finanziell schon eine Supermacht, so der Spanier. Nun müsse die EU entsprechend handeln – z.B. gegenüber Russland, das weiter mit Sanktionen rechnen muß. Die sollen sogar ohne Einstimmigkeit verlängert werden! Mit Nachsicht darf dagegen Kosovo rechnen – Borrell will es bald besuchen, obwohl Spanien den Landstrich nicht einmal anerkennt… – Siehe auch “Was heißt hier geopolitisch?
  • Die militanten Klimaproteste in ganz Europa. Am Montag haben Aktivisten von “Extinction Rebellion” zentrale Straßen in Berlin, London und Amsterdam blockiert, es gab etliche Festnahmen.  “Es ist mehr als Zeit, dass die Regierung die Wahrheit sagt und den ökologischen Notstand ausruft”, sagte die prominente Aktivistin Carola Rackete auf einer Rede in Berlin. Doch was würde so ein Notstand bringen? – Mehr dazu hier