Schwere Krise zwischen Polen und Ukraine

Noch vor kurzem waren sie unzertrennlich, nun fliegen die Fetzen: Zwischen Polen und der Ukraine ist eine schwere diplomatische Krise ausgebrochen.

Ausgelöst hatten den Streit die ukrainischen Getreide-Exporte, die den Agrarmarkt in ganz Osteuropa verzerren. Polen will seinen Markt abschotten, die Ukraine hat sich jedoch bei der EU erfolgreich für eine Verlängerung des zollfreien Exports eingesetzt.

Dies wiederum will Warschau nicht hinnehmen. Der polnische Staatssekretärs Marcin Przydacz warf der Ukraine mangelnde Dankbarkeit vor; angesichts der massiven militärischen und finanziellen Hilfe müsse das Land auch auf Polen Rücksicht nehmen.

Daraufhin berief Kiew den polnischen Botschafter ein. Der Streit drohte zu eskalieren, als Warschau mit gleicher Münze zurückzahlte und den ukrainischen Botschafter einbestellte. Präsident Selenskyj sah sich schließlich gezwungen, die Wogen zu glätten.

Die “historischen” Beziehungen seien zu wichtig, als dass sie von “Emotionen” beschädigt werden dürften, so Selenskyj. Offenbar fürchtet er, den (neben den USA) wichtigsten militärischen Verbündeten im Westen zu verlieren.

Massen-Migration und Wahlkampf

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Im Frühjahr hatten die Ukraine und Polen ein neuartiges Bündnis angekündigt, sogar über eine Konföderation und die Entsendung polnischer Soldaten in die Ukraine war spekuliert worden. Doch den Ankündigungen folgten keine Taten.

Seitdem haben sich die Beziehungen immer mehr abgekühlt. Schuld daran sind nicht nur die polnischen Bauern, die gegen die ukrainischen Agrarexporte auf die Barrikaden gehen. Immer mehr Polen klagen auch über die vielen ukrainischen Flüchtlinge.

Nun kommt der Wahlkampf hinzu. Im Herbst wird in Polen eine neue Regierung gewählt. Die nationalistische Regierungspartei PiS ist auf jede Stimme angewiesen – und stellt mit Verwunderung fest, dass ihr Kriegskurs nicht mehr überall gut ankommt…

Siehe auch Polen zündelt im In- und Ausland

P.S. An dieser Krise trägt die EU eine gehörige Mitschuld. Es war falsch, den zollfreien Getreideexport der Ukraine ohne Auflagen zu verlängern. Diese Maßnahme schadet nicht nur Polen und anderen Osteuropäern – sie ist auch nicht nachhaltig. Auf Dauer kann die EU, selbst ein wichtiger Agrarproduzent, die ukrainischen Exporte nicht verkraften – oder die kostspielige gemeinsame Agrarpolitik bricht zusammen.