Schuldenschnitt: Muss Deutschland die Zeche zahlen?

Die EU weigert sich, über einen möglichen Schuldenschnitt zu diskutieren. Finanzminister, EZB und Europaparlament mauern, was das Zeug hält. Doch die Debatte lässt sich nicht wegdrücken, wie mehrere neue Beiträge zeigen.

So hat sich sogar der Bundestag bereits mit dem Tabu-Thema befasst. Ein Gutachten für den internen Gebrauch kommt zu dem Schluss, dass ein Schuldenschnitt gegen EU-Recht verstoßen würde, wie die “Welt” unter Berufung auf das Papier berichtete.

Ein Schuldenerlass durch die EZB für von ihr erworbene Staatsanleihen der Mitgliedstaaten erscheine mit dem Verbot der monetären Staatsfinanzierung unvereinbar. Im Kern ist es dasselbe, was auch EZB-Chegin Lagarde sagt, um die Debatte abzuwürgen.

Doch die Duskssion geht weiter – nicht nur in Frankreich, wo der prominente Ökonom T. Piketty für einen Schuldenschnitt wirbt, der einem “Green Deal” zugute kommen soll. Auch englischsprachige Ökonomen wie B. Mitchell fordern den “Debt Cut”.

Mitchell erinnert in seinem Blogpost daran, dass Deutschland nach dem 2. Weltkrieg von den Siegermächten alle Schulden gestrichen wurden, um den schnellen Wiederaufbau zu ermöglichen. Man wollte die Fehler des WK1 nicht wiederholen (Reparations-Zahlungen).

Erstaunlicherweise wird die Debatte in Deutschland genau andersherum geführt. Ein Schuldenschnitt würde darauf hinauslaufen, dass “wir” die Zeche zahlen, meint der konservative Ökonom D. Stelter. Er zitiert aus einem Beitrag der “NZZ” und schreibt:

„Der Vorschlag kommt nicht aus heiterem Himmel. So haben jüngst verschiedene Politiker vor allem südeuropäischer Herkunft ihre Sympathien für einen Schuldenerlass gezeigt. (…) Ihnen kommt der akademische Flankenschutz, den sie nun durch die Erklärung der Professoren erhalten, aber zweifellos gelegen.“ – bto: Und die deutsche Politik muss endlich erkennen, dass so etwas kommen wird, mehr oder weniger offen und sich darauf einstellen!

Schulden­annul­lierung der EZB als Ein­ge­ständnis des Bankrotts?

Für Stelter und viele andere konservative Ökonomen ist der Schuldenschnitt ein Worst Case Szenario, auf das sich Deutschland vorbereiten müsse – um “unser Geld” zu retten. In Wahrheit ist es genau anders herum.

Der sich abzeichnende enorme Schuldendienst wird zur Gefahr für den Euro – und für kommende Generationen. Oder ist es realistisch, die neuen EU-Schulden bis 2050 abzustottern, wie es unter dem euphemistischen Titel “Next Generation EU” geplant ist?

Siehe auch “Streit um Schuldenschnitt”

P.S. Eben kommt noch ein Beitrag von P. De Grauwe zu unserem Thema herein – er steht hier