Scholz verschleppt Digitalsteuer – Macron sieht Gelb
Nach einer Emnid-Umfrage sind 75 Prozent der Deutschen für die Digitalsteuer, die Frankreich und Deutschland versprochen haben. Doch die Niederlande und Irland halten dagegen. Auch Finanzminister Schulz (SPD) steht auf der Bremse.
Schon im November hatte Scholz durchgesetzt, dass die EU keinen Alleingang wagt – sondern erst einmal in der OECD prüft, ob man eine weltweite Digitalsteuer einführen könnte. Das soll bis 2020 dauern, vorher dürfte nichts passieren.
Doch auch danach will sich Scholz alle Optionen offen halten. Beim Finanzminister-Treffen am Montag und Dienstag in Brüssel will er keinen bindenden Beschluss zur Einführung der Steuer ab 2021 oder 2022 mittragen.
Er sei allenfalls für eine – unverbindliche – politische Erklärung zu haben, berichten EU-Diplomaten. Hinter den Kulissen sorgt dies für Ärger. Denn schon jetzt planen elf EU-Staaten ihre eigene, nationale Digitalsteuer.
Dies könne zu Steuer-Ungerechtigkeit und Wettbewerbs-Verzerrungen führen, warnt die EU-Kommission, die im Frühjahr einen eigenen Entwurf einer Digitalsteuer für alle 28 EU-Mitglieder vorgelegt hatte.
Für dicke Luft sorgt auch das Vorgehen des deutschen Finanzministers. Scholz mißachte die Meseberger Erklärung, die Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Staatschef Macron im Juni vorgelegt hatten, heißt es.
Berlin und Paris hatten damals versprochen, bis Ende 2018 eine EU-Einigung über eine „faire Besteuerung der digitalen Wirtschaft“ herbeizuführen. Doch stattdessen spielt Scholz auf Zeit.
Der Sozialdemokrat hat offenbar Angst vor Vergeltung aus den USA. Denn US-Präsident Trump droht wieder mit Strafzöllen auf (deutsche) Autos – da will Scholz wohl keine neue Angriffsfläche bieten…
Siehe auch „Wehrlos gegen Trump“ und „Angst vor Autozöllen“
WATCHLIST:
- Heute beginnt die 24. UN-Klimakonferenz in Kattowitz. Die EU will sich wieder als Vorreiterin gegen den Klimawandel präsentieren – doch zuletzt hatte sie entschlossenes Handeln nur simuliert. Zudem steht Gastgeber Polen selbst auf der Bremse – die alten Kohlkraftwerke sind der Regierung in Warschau wichtiger als Vorsorge vor der Klimakatastrophe..
WAS FEHLT?
- Die Regierungskrise in Frankreich. Nach den heftigen Unruhen bei einer Demo der „Gelbwesten“ (Gilets jaunes) am Samstag in Paris steht die Regierung von Präsident Macron mit dem Rücken zur Wand. Eine Krisensitzung am Sonntag brachte kein greifbares Ergebnis, Macron wurde auf den Straßen der Hauptstadt ausgebuht. Die Krise hat sich an höheren Umweltsteuern entzündet, doch dahinter steckt auch eine soziale Krise: Die Löhne halten nicht mit den Preisen Schritt…
Siehe auch „Der Wind dreht gegen Macron – und die EU“
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Peter Nemschak
3. Dezember 2018 @ 09:37
Populäre Maßnahmen sind nicht immer die besten. Wir brauchen keine Digitalsteuer sondern eine Unternehmensbesteuerung, welche wettbewerbsneutral und nicht zu Lasten kleiner und mittlerer Unternehmen ist. Eine Digitalsteuer, die systematisch wie die Umsatzsteuer funktioniert, würde bloß das Produkt für den Konsumenten verteuern. Bei den „Digitalkonzernen“, die mittlerweile über ein Datenmonopol verfügen, wäre es an der Zeit dieses zu zerschlagen, um Start-Ups einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Die Politiker sollten die Wähler sachlich informieren und mit Schlagworten verschonen, auch wenn die Aufmerksamkeitsspanne der Bürger beschränkt ist. Die Medien sollten ihre Botschaften mehr an das Denken der Menschen als an ihre leicht manipulierbaren Emotionen richten. Damit wäre allen geholfen.
Georg Soltau
4. Dezember 2018 @ 17:04
Hallo Peter Nemschak, hier haben Sie endlich mal recht !
Baer
3. Dezember 2018 @ 09:00
SCHOLZ ist und bleibt ein Weichei und Warmduscher.Staatsmännisch sieht anders aus.
Aber wer hat in der Politik heute noch ein wirkliches Format?