Schock-Therapie für EUropa

Erst der Schock durch Krieg oder Katastrophe, dann der sogenannte Wiederaufbau. Erst die Zerstörung von gewachsenen Strukturen, dann der Siegeszug der Konzerne und des Marktes. So beschreibt Naomi Klein in ihrem Bestseller “Die Schock-Strategie” den Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus. Als Beispiele nennt sie Chile, Großbritannien oder Russland.

Nun haben wir einen neuen Schauplatz. Auch an der Ukraine wird die “Schock-Dokrin” durchexerziert. Gerade erst haben Experten neoliberale Reformen für den “Wiederaufbau” gefordert.

Selbst die EU scheint nicht immun. In Frankreich verkündet der liberale Präsident Macron das “Ende des Überflusses, der Sorglosigkeit und der Gewissheiten” – und droht mit einer Rationierung von Gas.

In Deutschland schwört Kanzler Scholz die Bürger auf höhere Benzinpreise, teurere Bahntickets und eine neue Gasumlage ein. Zudem sollen alle ihre Heizung runterdrehen und weniger duschen.

Und in Brüssel plant man nach dem Notfall beim Gas nun auch noch den Notstand beim Strom. Obwohl die EU-Kommission dafür nicht zuständig ist, kremplelt sie die Energiepolitik um.

Begründet wird all dies – wie von Naomi Klein beschrieben – mit Krieg und Katastrophe. “Putin” soll an allen Zumutungen schuld sein, ein “Energiekrieg” tobe auf dem europäischen Kontinent.

In Wahrheit besteht weder ein Mangel an Gas noch an anderen Rohstoffen. Es ist die Entscheidung der EU, sich von russischer Energie “unabhängig” zu machen, die zu künstlicher Knappheit führt.

Und es sind die von der EU liberalisierten Energiemärkte, die verrückt spielen und die Preise ins Unermessliche steigen lassen. “Putin” hat damit herzlich wenig zu tun, der Kapitalismus umso mehr.

Weiterlesen hier. Siehe auch “Der Habeck-Schocker”

P.S. Dass sich Deutschland und die EU nun um “Entlastung” der Bürger bemühen, widerspricht nicht der These. Denn man setzt weiter auf das Preissignal und die Märkte. Je höher der Preis, desto größer der Anreiz zum Energiesparen und zum Umstieg auf nachhaltige Energie, so das Kalkül. Am wirtschaftlichen und sozialen Schock ändert dieses Kalkül jedoch nichts, an der Umverteilung von unten nach oben auch nichts. Man muß sich nur die Gewinne der Energiekonzerne anschauen…