Schäubles Schuld
Die Zypern-Krise weitet sich aus. Nachdem die Euro”retter” mit dem Versuch gescheitert sind, eine Zwangsabgabe für Anleger einzuführen, richten sie sich nun auf eine mögliche Pleite der Insel ein. Finanzminister Schäuble behauptet, man sei für alle Fälle gerüstet – dabei hat er am meisten zu verlieren.
Deutschland ist der zweitgrößte Gläubiger auf Zypern nach Griechenland. 5,9 Mrd. Euro haben deutsche Banken nach BIZ-Angaben in dem Steuerparadies angelegt – warum eigentlich, Herr Schäuble?
Doch das ist nicht die einzige Sorge, die den Minister plagt. Viel größer ist seine Angst, den Nimbus des unerschütterlichen Euro-“Retters” zu verlieren – und womöglich eine Kettenreaktion auszulösen.
Wenn Zypern Pleite geht und den Euro verlässt, dürften Griechenland und Portugal bald folgen. Danach kämen Spanien und Italien unter Druck. Am Ende könnte ganz Südeuropa wegbrechen – im schlimmsten Fall pünktlich zu Bundestagswahl.
Jetzt rächt sich, dass Schäuble das Zypern-Problem auf die lange Bank geschoben hat. Es war nicht sein einziger Fehler. Im Grunde war die gesamte deutsche Zypern-Politik ein einziger Fehler:
- Falsche Ursachenanalyse: Zypern kam wegen der dilletantischen Griechenland-“Rettung” ins Trudeln, vor allem nach dem Schuldenschnitt. Doch Schäuble behauptet, der aufgeblähte Bankensektor sei Schuld.
- Populistische Ablenkungsmanöver: Statt dem Problem ins Auge zu sehen, wurde das Publikum mit reichen Oligarchen, Russen-Mafia und Geldwäsche abgelenkt. Erst letzte Woche gab Schäuble zu, dass er keine Beweise hat.
- Hinhaltetaktik: Zypern stellte seinen Hilfsantrag schon im Juni letzten Jahres. Im November legte die Troika ein “Memorandum of Unterstanding” (MoU) vor – doch Schäuble sagte Nein. So ging wertvolle Zeit verloren.
- Berliner Diktat: Das MoU sah höhere Immobiliensteuern, aber keine Zwangsabgaben vor. Die Troika forderte auch keinen “Eigenbeitrag” von 5,8 Mrd. Euro. Das hat sich Schäuble ausgedacht – mit den bekannten Folgen.
- Bruch von EU-Regeln: Angeblich stand es der zyprischen Regierung frei, wie sie die 5,8 Mrd. Euro auftreibt. Eine Belastung der Kleinsparer verstößt jedoch gegen EU-Recht. Das hätte auch Schäuble wissen – und verhindern – müssen.
Natürlich tragen die Zyprer Mitschuld an dem Debakel. Dass sie in die Krise gerutscht ist, und dass sie nun so eskalierte, ist aber vor allem unserem obersten Kassenwart zu verdanken. Er hat sich auf der Zockerinsel…verzockt!
P.S. Wer sich das MoU durchliest, wird darin zahlreiche Alternativen zu den aktuellen Forderungen der Eurogruppe finden. Der IWF hat zudem einen Schuldenschnitt für Zypern vorgeschlagen. Und dann gibt es natürlich noch die Möglichkeit, die Banken direkt durch den ESM zu rekapitalisieren, wie es Y. Varoufakis fordert. Schäuble kann also nicht sagen, seine Politik sei die einzig mögliche – im Gegenteil: sie steht möglichen Lösungen im Wege!
Johannes
20. März 2013 @ 21:33
Okay dann hab ich gepennt, mein Fehler. Münchau, der Mann, der im Interesse der Banken von London schreibt, ne, nie im Leben. Jetzt sagt sogar Hollande, dass Zypern den vereinbarten Betrag leisten soll! Ebo, vielleichst hast du recht, aber ich traue dir ebensowenig wie diesem Wolfgang Münchau über den Weg. Der Grund ist dein üblicher Grundthenor, dass Deutschland an allem Schuld ist und zahlen soll, deine Forderungen nach der Verallgemeinschaftung der Schuldem ohne Volksabstimmung, aus diesen Gründen traue ich dir nicht. Du könntest recht haben in allem, ich würde es dennoch nicht glauben, du bist uns deutschen Steuerzahlern so aggressiv, negativ und feindselig eingestellt. Zumindest erweckst du auf mich immer diesen Eindruck in diesem Blog. Ich hasse die CDU und Schäuble, überhaupt nicht mein Ding, die Grünen mag ich, aber …
Robert
22. März 2013 @ 08:39
Mensch, ihre Kommentare werden ja immer besser. Sie als selbsternannter Vertreter aller deutschen Bürger und Steuerzahler werfen allen einfach vor antideutsch zu sein, die nicht Ihrer Meinung sind.
Es gibt halt Menschen, die nicht nur kurzfristig und einseitig im nationalen Rahmen denken. Es müsste doch im Jahr 4 der Eurokrise endlich mal klar werden, dass die bisherigen, nur auf die “Anderen” abzielenden Konzepte gescheitert sind und es auf beiden Seiten Anpassungsprozesse geben muss. Bei einem Auseinanderbrechen (=Explosion) des Euro wird es nur Verlierer geben, allen voran Deutschland. Denn unsere neue Währung würde dann schlagartig aufwerten und den Exportsektor hinweg fegen sowie Forderungen an das Ausland entwerten.
Man ist nicht feindselig und aggressiv gegenüber dem deutschen Steuerzahler, wenn man über eine andere Lösung der Krise nachdenkt.
Johannes
20. März 2013 @ 18:40
Heute wissen wir, dass die EU, IWF dem Land vorgeschlagen haben die beiden größten Banken abzuwickeln. Alle EInlagen bis 100.000 Euro wären sicher gewesen, geblutet hätten nur die Reichen. In meinen Augen absolut fair. Zypern lehnte aber ab, entschied sich für das Modell, bei dem die kleinen Leute bluten müssen, nur um den Finanzplatz Zypern zu retten. Das findet wieder in diesem Blog keine Beachtung, Deutschland hat natürlich an allem Schuld, und ein kleines bisschen auch Zypern, aber Deutschland hat am meisten Schuld. Griechenland wäre durch die Rettungspakete geschützt. Aber nein, in Zypern pokert man immer noch hoch. Ich habe heute kein Verständniss mehr für das Land. Es muss raus aus dem Euro, ein Schritt, der schon längst überfällig war.
ebo
20. März 2013 @ 18:57
Wo hast Du das denn her? Schäuble bereitet seit Januar die Beteiligung der BankKunden vor, stand auch in diesem Blog!
Johannes
20. März 2013 @ 19:36
SPON. Davon abgesehen, was passiert mit dem Geld der kleinen Leute wenn keiner das Land rettet? Dann ist alles weg. 90% oder 0%, was wäre für die Bürger besser. Ich bin so dreist und gebe jetzt schon die Antwort, 90% Geld behalten ist besser als alles zu verlieren. Aber stimmt schon, Deutschland ist echt gemein, dass es die 90% den Bürgern geben wollte obwohl die eigenen Bürger in Deutschland gar kein Geld geben wollen. Hahaha, irgendwie ist das alles nur noch zum lachen, egal welche Seite, alle träumen weiter, die Deutschen Politiker und auch ihre Kollegen auf Zypern. Wir retten Zypern seit Wochen über ELA Kredite der Schrott-EZB. Und, wo bleibt da die Dankbarkeit??? Fehlanzeige. Lasst das Land pleite gehen, dann wären endlich mal Banken dran und nicht wir Bürger …
ebo
20. März 2013 @ 20:16
@Johannes Sorry, SPON wird in diesem Blog nicht mehr als quelle akzeptiert 😉 die hatten auch schon diesen dubiosen BND-Bericht… Aber im Ernst: Ich glaube, Du hast meinen Artikel gar nicht gelesen. Es gab schon im November einen Troika-Vorchlag, genannt MoU, doch Schäube hat ihn eiskalt abgelehnt. Aus der Antwort von Staatssekretär Kampeter: “Wir machen uns den nicht zu eigen”. Auch den Schuldenschnitt, den der IWF forderte, hat Schäuble abgelehnt. Und jeder, der ihn im BMF besuchte, konnte schon im Januar hören, dass die Bankkunden beteiligt werden müssen… Aber wenn Du schon an SPON glaubst: Lies doch mal den neuesten Münchau. Er sagt in der Substanz dasselbe wie ich.
ebo
20. März 2013 @ 13:48
@André Danke für die Ergänzung. Das heißt aber nichts anderes, als dass die Lösung bereits seit fast 3 Jahren verschleppt wird – und dass es eben nicht die bösen Russen waren, die die Insel in die Schieflage brachten (eher schon die bösen Angelsachsen mit ihren bösen Ratingagenturen)
Andres Müller
20. März 2013 @ 13:47
Der umstrittene (aber trotzdem viel gelesene) Nigel Farage wirft den EU Verantwortlichen vor mit der Zwangsabgabe auf Einlagekonto unter 100000 das Wesen der westlichen Kultur übergangen (ich bin mir nicht sicher ob andere Übersetzung “Verrat” verwenden würde) zu haben (Solidarität, Vertrauen). Er wirft den Verantwortlichen den Versuch vor die Demokratie Schritt für Schritt abzuschaffen um die Banken zu retten. Ich bin nicht immer mit Nigel Farage gleicher Meinung, hier stösst er aus meiner Sicht aber völlig ins Schwarze.
Wenn noch mehr Menschen diesen Argumenten folgen, dann könnten seine Schlussfolgerungen Europa in noch grössere Schwierigkeiten bringen. Er empfiehlt Anlegern sich aus Europa und dem Euro zurückzuziehen. Man könne den Politikern nicht mehr trauen, wer über Nacht den Kleinanlegern 7% vom Konto abbuchen wolle, dem sei nicht mehr zu trauen.
Noch am Sonntag konnte ich bei Politikern unserer nördlichen Regierungen keine Meinung vorfinden, welche den Zugriff auf die Kleinsparer in Zypern bedauert. Das ging sogar so weit dass SPON und andere Presseorgane den Zugriff auf die Konto von Kindern, Rentnern, Arbeitslose, Behinderte, Kleinsparer mit dem Begriff “Gerechtigkeit” umschrieben. Jene Ökonomen die solche Ansichten vertraten pflegen den Umgang mit der Politik und gewissen elitären Denkfabriken, in denen auch Leute wie Steinbrück und Schäuble verkehren.
Ein japanischer Ökonom vertrat die Ansicht, die Europäer könnten mit diesem Vorgehen versuchen den Euro zu drücken um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Es gäbe aber auch gefährliche Wege dies zu versuchen, was die Märkte wohl bemerken würden. So könne es kommen dass der Euro sinke ohne den gewünschten Effekt zu erreichen, die Investoren nach Europa zurück zu holen.
André Kühnlenz
20. März 2013 @ 13:01
Eine Ergänzung: Nicht nur der Schuldenschnitt in Griechenland hat das Land ins Trudeln gebracht. Bereits seit Mitte 2010 haben Anleihegläubiger (aus der Euro-Zone) die Finanzierung der zyprischen Banken eingestellt. Damals hätten die Anleihegläubiger max. mehr als 5 Mrd. Euro beitragen können. Seitdem ist die Summe um 3,5 Mrd. Euro gesunken.
http://weitwinkelsubjektiv.tumblr.com/post/45829358045/cyprus-outstanding-amounts-at-the-end-of-the