Schäubles Fluch: Linke verliert letzte Bastion
Das war’s dann: Rund sechs Wochen nach der Europawahl hat die Linke ihre letzte Bastion in der EU verloren. Griechenlands glückloser Premier Alexis Tsipras wurde abgewählt.
Überraschend kommt die Wahlniederlage nicht. Denn Tsipras hat es nie geschafft, die enttäuschten Wähler zurückzugewinnen, die er und seine Syriza-Partei nach dem Spardiktat von 2015 verloren hatten.
Jetzt rächt es sich, dass Tsipras erst – beim Referendum im Sommer – links blinkte, um dann klein beizugeben. Das “Oxi”, das er damals der Eurogruppe und der Troika entgegen schleuderte, fällt nun auf ihn selbst zurück.
Aber auch Tsipras’ Nachfolger von der konservativen Nea Dimokratia werden es schwer haben. Auch auf ihnen lastet “Schäubles Fluch” – die überharten Auflagen, die der deutsche Ex-Finanzminister 2015 diktiert hatte.
Diese Auflagen waren nicht ökonomisch, sondern vor allem politisch motiviert. Sie sollten Tsipras und die Linke demütigen und an die Kette legen, nachdem Schäubles Coup – der Rauswurf aus dem Euro – gescheitert war.
Zu den knallharten Konditionen zählte nicht nur die Privatisierung von Häfen und Flughäfen, die u.a. zur Folge hatte, dass der Hafen von Piräus nun in chinesischer Hand ist und Athen abhängig von Peking wurde.
Dazu zählte auch, dass Griechenland noch jahrelang hohe Primärüberschüsse (Budgetsaldo vor dem Schuldendienst) erwirtschaften muß. Die von der ND versprochenen Steuersenkungen sind damit kaum vereinbar.
Eine bittere Ironie der Geschichte ist, dass Schäuble und seine deutschen Anhänger mit Tsipras einen der pro-europäischsten, pragmatischsten und außenpolitisch begabtesten Linken in die Knie gezwungen haben.
Ohne Tsipras hätte es die Anerkennung von Nord-Mazedonien nie gegeben, auch der Flüchtlingsdeal von Kanzlerin Merkel mit der Türkei baute auf seine Hilfe. Tsipras zählte zuletzt zu ihren verlässlichsten Partnern.
Eine weitere traurige Pointe ist, dass die europäische Linke nun ihre letzte Bastion in der EU verliert. Und das zu einer Zeit, da die Rechten zunehmend die Agenda prägen – Italiens Salvini fuhr gerade mehrere Erfolge ein…
Siehe auch “Drei Bücklinge vor Salvini” und “Manfred, jetzt ist mal gut” (zur Haltung der Linken im EP)
Holly01
12. Juli 2019 @ 09:18
Dabei steht Schäuble wie kein anderer Politiker in Deutschland für den “typischen deutschen Politiker”.
Verbohrt bis zur Selbstverleugung als Parteisoldat unterwegs (ist da überhaupt ein Mensch hinter der Fassade? Der muss aber extrem klein sein).
In den Pateiämtern immer verletzend und Karrieren beendend wenn ihm die Leute nicht gepaßt haben.
Als Innenminister und Finanzmister so mies, das die Leute ihn hassen und er aus den Ämtern raus musste, weil der medial überhaupt nicht mehr zu “verteidigen” war.
Fachlich ein, wenn nicht DER, Rohrkrepierer schlecht hin.
Inhaltlich öfter widerlegt als die Bild .
Das hat dem bei seiner Treibjagd überhaupt nicht interessiert.
Der beste Politiker den die deutsche Parteienlandschaft ausgebildet hat.
Die kann man alle auf ein (inhaltlich falsches) Pferd setzen und die reiten das, bis sie jeden Widerstand durchbrochen und die Gesetze verabschiedet haben.
Scheuer, Schröder, Seehofer, Kohl, Weigel (ach ne Waigel) oder googeln Sie mal “one german fucked the hole internet”.
Ich weiss das ist in anderen Ländern nicht viel anders, aber ich lebe nun mal in Schland und hier stört es mich wirklich.
Da habe ich auch null Mitleid wenn der Steini aka Bundesuhu da ein Forum für Politiker in Not aufbaut. Aber wirklich Null Mitleid. Die stecken ihre Mehrfachpensionen weg und schicken eine ganze Generation in die Grundsicherung. Da müssen die den Gegendruck auch aushalten können. Sind eben nicht alle so gewaltfrei wie ich. Sind ja auch nicht alle so gewaltfrei wie die (oliv)Grünen.
Wir haben schon viel zu lange viel zu viele “Soldaten” in der Politik.
vlg
ebo
12. Juli 2019 @ 12:08
Aber er ist beliebt…
Peter Nemschak
9. Juli 2019 @ 09:12
Im Grunde ist es ziemlich egal, wer in Griechenland regiert. Die Griechin und der Grieche sind als Individuen genauso intelligent wie die anderen Bürger auf unserem Planeten. Die paternalistische und klientelistische griechische Gesellschaft scheint das Hindernis zu sein, das ihrer individuellen Entwicklung im Weg steht. Warum wandern so viele intelligente und sozial aufwärtsmobile Menschen aus Süd- und Osteuropa aus, vorzugsweise in die USA, die trotz aller Probleme nach wie vor für diese Menschen attraktiv ist? Gesellschaften, die soziale Aufwärtsmobilität verhindern, vertreiben ihre besten Köpfe.
Baer
9. Juli 2019 @ 09:11
Alle Parteien sind rechts,außer vielleicht die Liberalen.
Die einen wollen die Vereinigten Staaten von Europa,oder besser noch der ganzen Welt,die anderen den Nationalstaat und Autonomie .Beide sind eindeutig rechts zu verhörten.
Also was soll das Gerede von links.
Den Weltweiten Zusammenschluss wollen die Eliten( Bilderberger etc.) um die Menschen auszubeuten und zu versklaven( siehe Klimaschwindel und CO2 Abgaben).
Es wird Zeit zu handeln, sowohl was die verlogenen Medien,als auch die skrupellosen Politikdarsteller angeht.
Europawahl und die Missachtung des Votums sollten auch dem Dümmsten( also dem Deutschen) die Augen öffnen.
Leider ein Traum……
Vernunftbegabt
9. Juli 2019 @ 08:11
Ihre Überschrift ist absolut irreführend. Ganz Deutschland wird von einer Linksfront in Regierung und Opposition dominiert, unter Merkels Führung.
Alexander
8. Juli 2019 @ 17:19
Tsipras war so “links”, dass die Parti de Gauche erst einen Rauswurf Syrizas aus der Partei der Europäischen Linken gefordert hat und nachdem das nicht passiert ist, selber ausgetreten ist.
Ich bin gespannt, ob jetzt, da endlich wieder jemand aus der “konservativen Parteienfamilie” das Land regiert, plötzlich “Schuldenerleichterungen” möglich werden.
zykliker
8. Juli 2019 @ 15:41
Tsipras` Umfaller und Varoufakis` Flucht habe ich bis heute nicht verstanden. Dieser Verrat an den Interessen des eigenen Volkes kann nur durch massive Drohungen mit anderweitigen Konsequenzen (z.B. Wegfall anderer wichtiger EU-Mittel) zustande gekommen sein. Eine Währungsunion, die nicht funktionieren kann, und ein neoliberales Spardiktat, von dem wir schon seit Brüning wissen, daß es Leben zerstört, verkommt zum Machtwerkzeug gegen eine unliebsame politische Weltanschauung. Schäubles und Merkels “C” wie “Cerstörung” vieler Menschenleben.
Als weiteres Erklärungsmuster fällt mir nur noch das Verhalten von Schutzgeld zahlenden Menschen ein, die um ihr Leben fürchten.
Daß die Wähler eine solche Regierung abstrafen, sollte nicht verwundern; daß sie die korrupte Mischpoke von vorgestern wieder einsetzen, kann man nur bestaunen oder in Wählerbeschimpfung verfallen. Wenigstens ziehen sie die Abenddämmerung der “Morgenröte” vor.
Peter Nemschak
8. Juli 2019 @ 14:47
Politischer Wechsel ist konstitutiv für eine Demokratie. Offenbar wollen die griechischen Wähler seinem Nachfolger eine Chance geben. Man wird sehen, ob er, Sproß einer alteingesessenen Politikerdynastie, sie nützen versteht. Statt sich verfolgt zu fühlen, sollte sich die Linke lieber die Frage stellen, warum sie politisch unattraktiv ist, obwohl sie allen Menschen auf der Welt nur Gutes tun will. Ihr egalitärer Universalismus scheint bei den Menschen nicht anzukommen.
ebo
8. Juli 2019 @ 15:05
Das meinen Sie nicht ernst, oder? Die Linke hat sich dem deutschen Diktat widersetzt und wurde danach geknebelt – deshalb hat Tsipras verloren. Es ging darum, linke Alternativen, die 2014 unter dem Begriff “Europäischer Frühling” gehandelt wurden und durchaus populär waren, zu zerstören. Das hat Schäuble geschafft, bravo. Auch deshalb kriechen nun die Rechten aus allen Löchern hervor und präsentieren sich als “Alternative für Deutschland” etc.
Peter Nemschak
8. Juli 2019 @ 16:21
Linke Alternativen waren bei manchen aber nicht bei allen populär und sind es bis heute nicht. Die Wahlergebnisse nicht nur in Europa sprechen für sich. Ist es so schlimm, wenn sich die Konservativen durchsetzen? Sie sind im Vergleich zu den Linken und Liberalen die glaubwürdigere Alternative zu den extremen Rechten. Es ist verständlich, dass die europäischen Wohlstandsgesellschaften ihren materiellen Wohlstand und ihre Art zu leben durch Massenimmigration um keinen Preis gefährden wollen. Die Menschen sind eher tribalistisch als universell und können mit der Utopie einer Weltgesellschaft und universellen Menschenrechten wenig anfangen. Im Grunde sind die europäischen Gesellschaften Status-quo Gesellschaften. Ein Blick auf die Welt außerhalb Europas bestätigt, dass die Mehrheit der Weltbevölkerung in Umständen lebt, die mit idealistischen europäischen Vorstellungen wenig gemein haben. An einer begrenzten und kontrollierten Einwanderung führt, nicht zuletzt im demografischen Eigeninteresse, kein Weg vorbei. Ohne Abschreckung wird es aber auch nicht funktionieren. Migration ist, historisch gesehen, nie ohne Grausamkeiten abgelaufen.