Russland und Rüstung: Die verweigerte Debatte
Das SPD-Manifest zu Rüstung und Russland zeigt wieder einmal, dass Politik und Medien jede offene Debatte verweigern. Die EU ist in ihrem eigenen Narrativ gefangen.
In Deutschland gab es fast nur ablehnende, in der EU gar keine Reaktionen auf das Manifest. Die SPD-Führung erklärte, dass sie an ihrem Kurs festhalten werde – denn mit Russland könne man nicht reden.
Das ist interessant – denn die USA, die Türkei und die Ukraine reden mit Russland. Es hat sogar schon zwei Verhandlungsrunden in Istanbul gegeben. Allerdings ohne Deutschland und ohne die EU.
Die EU-Spitze will nicht reden – sie völlig in ihrem eigenen Narrativ gefangen. Und das nicht erst seit gestern. Vielmehr hat sie alles dafür getan, dass eine Debatte über Russland und die Rüstung verhindert wird.
Die Bürger hatten keine Wahl
Das begann schon im Herbst 2023. Damals haben die EU-Chefs die Unterstützung für die Ukraine festgeschrieben und eine Neujustierung ausgeschlossen – auch bei einem Machtwechsel in den USA.
Zugleich haben sie dafür gesorgt, dass die Ukraine kein Thema bei der Europawahl wurde. Von der Leyen kündigte schon damals an, dass EUropa aufrüsten und einen “Verteidigungskommissar” bekommen würde.
Das war keine Reaktion auf Trump und seinen Schlingerkurs, sondern der Versuch, den Bürgern jede echte Wahl vorzuenthalten. Die SPD-Spitze hat schon damals mitgemacht, “Friedenskanzler Scholz” eingeschlossen.
Trump lieferte den Vorwand
Als Trump dann die Macht übernahm, war dies der ideale Vorwand, um das ohnehin geplante Rüstungsprogramm umzusetzen. Dass er fünf Prozent für die Nato forderte, erschien zunächst als Problem – denn das Geld ist knapp.
Doch dann haben von der Leyen und CDU-Chef Merz den gordischen Knoten durchgeschlagen – mit einem eklatanten Regel-Bruch, grünem Licht für Rüstungs-Schulden und der Zusage, dass man Trump in der Nato folgen werde.
Eine echte, ergebnisoffene Debatte hat nie stattgefunden – weder bei der Europawahl, noch bei der Bundestagswahl, schon gar nicht danach im Bundestag oder im Europaparlament. Der Bundestag ließ sich sogar überrumpeln.
Nun ist es zu spät, Deutschland hat bei Aufrüstung und Anti-Russland-Kurs die “Führung” übernommen. Das SPD-Manifest wird daran nichts mehr ändern, fürchte ich. Immerhin erinnert es daran, dass es Alternativen gibt…
Michael
16. Juni 2025 @ 09:36
Es geht nicht nur um eine verweigerte Debatte. Man verweigert sich auch der Einsicht dass Russland sich dem hysterischen Sanktionismus schneller anpasst als dass sie irgendwelche nennenswerte Wirkung entfalten würden! Dafür zeigen sich die Rückauswirkungen auf die Verblendeten Sanktionierer selbst um so schneller und umso deutlicher – aber das darf in der westlichen Propagandawelt natürlich nicht wahr sein!
Dr. Rolf Lindner
13. Juni 2025 @ 21:48
Ein Volk von Sadomasochisten
Wer setzt denn heute noch Vertrauen
auf Leute, die Brandmauern bauen,
die von neuen Kriegsschulden schwätzen,
gegen Freiheit der Rede hetzen,
die vor Wahlen alles versprechen,
um dann sofort ihr Wort zu brechen,
die gar kungeln mit Sozialisten?
Ein Volk von Sadomasochisten!
Stef
13. Juni 2025 @ 15:05
Das Parlament wird jedesmal überrumpelt, wenn es um die massiven Steuergeldgeschenke an das Großkapital geht. Jede echte Debatte ohne Vorentscheidungen brächte ja das Risiko einer Ablehnung mit sich, das wäre den reichsten 0.1% nicht zuzumuten.
Demokratie kann ich diese Farce erst dann wieder nennen, wenn den Kapitalinteressen etwas Wirksames entgegen gesetzt wird. Im Augenblick sind wir von nichts weiter entfernt.
Arthur Dent
13. Juni 2025 @ 14:28
„Der Bundestag wurde überrumpelt“, zeigt, wie überflüssig das gesamte Parlament ist. Eine Hand zum Heben, eine zum Handaufhalten. Unnütz wie ein Pickel. Früher haben sich Sozialdemokraten um die Verbesserung der Lebensumstände der arbeitenden Menschen gekümmert, heute verbessern sie die Bedingungen für die Profitmacher. Schon Steinbrück betrachtete die „Heuschrecken“ ja als Segen für das Land.
KK
13. Juni 2025 @ 15:05
Die wesentlichen Probleme des real existierenden Parlamentarismus sind:
Fraktionszwang – und bei Verstoss idR das Ende der Parteikarriere (faktisch ein Verstoss gegen Art. 38 Abs. 1 GG)
„Berufs“politiker, die vom Wohlwollen ihrer Parteiführung, ihrer Wiederaufstellung und -wahl ökonomisch abhängig sind, sind eben nicht „frei“
Parteien wirken nicht entsprechend Art. 21 Abs. 1 GG an der politischen Willensbildung mit – die Parteieliten diktieren inzwischen immer mehr den „politischen Willen“; innerparteiliche Debatten finden entweder gar nicht mehr oder allenfalls nur noch eingeschränkt statt: siehe den aktuellen Umgang mit dem „Manifest“ innerhalb der SPD
verflixy
13. Juni 2025 @ 09:45
Was ist los mit der SPD?
Warum kommt ihr Friedens-Manifest erst jetzt? Wie ebo zurecht fragt.
1) Egon Bahr schwieg zu den Ereignissen 2008 (als die NATO der Ukraine die Mitgliedschaft anbot und sich Merkel widersprüchlich verhielt) und 2014 (der Putsch auf dem Maidan, die Einsetzung des ‘Rechten Sektors’ in die Regierung und die Massenvertreibung der 2,5 Millionen russischer Ukrainer im Donbass), obwohl Bahr bis 2014 noch öffentlich auftrat.
2) Das perfide Spiel von Merkel und Steinmeier (SPD-Vizekanzler) um die Minsk-Abkommen war ein Betrug, wie Merkel zugegeben hat. Damit wurde die Friedensbewegung in Deutschland eingelullt (auch ich ließ mich einlullen). Hat es auch die gut informierte SPD-Friedenskreise eingelullt oder warum haben die geschwiegen?
3) Warum kommt dieses Friedens-Manifest aus der SPD erst jetzt?
Eine Hypothese habe ich:
Stegner hat über Jahrzehnte im Auftrag des SPD-Vorstands “links geblinkt”, während der Vorstand immer weiter “rechts abgebogen” ist. Daher wundert mich nicht, dass erst Mützenich dazukommen musste, damit das Manifest entsteht. Gibt es außer Mützenich keine Aktiven mehr in der SPD, die so einen Meilenstein auf die Reihe bekommen?
Oder hat jemand eine andere Erklärung?
KK
13. Juni 2025 @ 11:56
“Was ist los mit der SPD?
Warum kommt ihr Friedens-Manifest erst jetzt?”
Nochmal: Das ist KEIN Manifest der SPD! Es ist von einem kleinen Teil älterer Mitglieder der SPD, die zu einer Zeit in eine SPD eingetreten und politisch geprägt worden sind, als die SPD noch eine andere SPD war. Die SPD von heute hat mit einer SPD der 1960er/1970er-, ja selbst der frühen 1990er-Jahre absolut nichts mehr gemein – ausser dem Namen!
Es wäre Zeit, dass der gegen Militarismus und Russenhass und für diplomatische Friedensbemühungen stehende Teil der SPD sich abspaltet und ggf. mit anderen, zB mit oder in dem, was jetzt BSW heisst, eine neue und wirklich wieder sozialdemokratische Heimat findet…
verflixy
13. Juni 2025 @ 13:43
Sahra Wagenknecht hat ja auch sofort die Zusammenarbeit mit diesem Teil der SPD angeboten – und solche Friedenspolitik macht das BSW aus! — https://x.com/SWagenknecht/status/1933154970087436551
Trotzdem handelt es sich um ein Papier AUS der SPD. Es ist für die Debatte in der SPD bestimmt, wie darin steht, und Mützenich hat das in heutigen Medien-Stellungnahmen nochmals bekräftigt.
Und zu Ihrer Bemerkung – die Römer hätten unter ‘Frieden’ die völlige Zerstörung ihrer Feinde verstanden -, stammt das Zitat, welches Sie dabei anführen, nicht von den Römern. Auch das berühmte Zitat von Bert Brecht lautet: “Das große Karthago führte drei Kriege…” (nicht die Römer führten).
Vielmehr gibt es die ‘Pax Romana’ – ein Frieden, der 250 Jahre andauerte und für die wirtschaftliche und kutlurelle Blüte breiter Bevölkerungen sorte, für die das Römische Reiche bis heute berühmt ist! – Diese hohe Staatskunst, die damals in Europa zuhause war, könnte auch heute wieder ein Vorbild sein – die Emanzipation Europas von den USA vorausgesetzt! So steht es in der ebenfalls SPD-nahen Zeitschrift “Internationale Politik” – mit eindrucksvoller Detailkenntnis beschrieben: “Pax Romana: Wie man ein Imperium baut – und bewahrt” — https://internationalepolitik.de/de/pax-romana-wie-man-ein-imperium-baut-und-bewahrt
KK
13. Juni 2025 @ 14:53
@ verflixy:
“Und zu Ihrer Bemerkung – die Römer hätten unter ‘Frieden’ die völlige Zerstörung ihrer Feinde verstanden -, stammt das Zitat, welches Sie dabei anführen, nicht von den Römern.”
Da Sie explizit unter und auf meine Einlassung antworten: Das war weder meine Bemerkung noch habe ich das o.g. Zitat irgendwo hier angeführt.
verflixy
13. Juni 2025 @ 22:24
@KK: sorry, das falsche Römer-Zitat kam von Helmut Höft. Das habe ich in der Eile verwechselt.
Schade, die „Pax Romana“ ist wirklich bemerkenswert und könnte als ein europäisches Gegenmodell dienen.
One
13. Juni 2025 @ 18:47
Was mich wurmt, ist dass mit von Malotki nur einer der 4, die nicht wiedereingezogen sind nachdem sie gegen Zeitenwende 100 Milliarden stimmten, drunter steht.
Aber soweit ich es sehe, keiner der 5 die wieder drin sind, sprich kein Jan Dieren, Martin Kröber, Dr. Carolin Wagner, Rupert Stüwen oder Holger Mann.
Das ist enttäuschend.
KK
14. Juni 2025 @ 12:37
Auch nicht Philipp Türmer oder andere prominente junge “Sozialdemokraten” – die wollen wohl alle noch was werden in dem Kadaver SPD und es sich mit den Chefs dort nicht versauen…
Guido B.
13. Juni 2025 @ 08:48
Fairer Rückblick.
Gruseliger Ausblick.
Indem man gleichzeitig die gesamte Vorgeschichte und das eigene Verschulden an der Eskalation ausblendet und jedes Gespräch über die Konfliktursachen kategorisch verweigert, kann man Russland bequem zum alleinigen “Aggressor” und “ewigen Feind” erklären und anschließend kollektiv auf dessen Niederlage und Kapitulation hinarbeiten.
Das ist natürlich genau so völkerrechtswidrig wie der Angriff Russlands auf die Ukraine und andere Angriffe westlicher Staaten.
Es handelt sich um einen geopolitischen Konflikt, in dem sich alle Parteien um Völkerrecht foutieren. Insbesondere der notorische Aggressor Deutschland, der durch seinen Kriegsterror Dutzende Millionen von Zivilisten auf dem Gewissen hat und sich heute offen mit einem Terrorstaat im Nahen Osten solidarisiert und ihm Waffen für weitere Kriegsverbrechen liefert, sollte sich demütig besinnen und die verdammte Klappe halten. Deutschland ist im Jahr 2025 einmal mehr auf der falschen Seite der Geschichte. Daran gibt es keinen Zweifel.
Helmut Höft
13. Juni 2025 @ 08:24
Der in der Seitenleiste verlinkte Artikel: Frieden durch Stärke ist eine Lüge: „Si Vis Pacem, Para Bellum“ führt nur zu mehr Krieg! zeigt nur wie uninteressiert Menschen an Entwicklungen und Zusammenhängen sind. 1) Der Artikel zeigt schön die Lüge “Frieden durch Stärke” auf, das ist Bullshit! 2) Die Römer verstanden unter Frieden die völlige Zerstörung/Unterwerfung ihrer Feinde. Man kann das geflügelte Wort also auch wie folgt übersetzen: “Willst du Frieden, bringe deine Feinde um!”
ceterum censeo: Rüstung erzeugt Rüstung, erzeugt Rüstunf erzeugt Rüs…
umbhaki
13. Juni 2025 @ 12:56
Die Römer verstanden unter Frieden die völlige Zerstörung/Unterwerfung ihrer Feinde.
Genau dasselbe verstehen auch die Vertreter des sog. Westens darunter. Das wird doch immer wieder deutlich. Wenn die behaupten: „Mit Putin kann man nicht reden“, dann heißt das in Wahrheit doch: „Putin will nicht hundertprozentig unsere Forderungen erfüllen und unsere Sichtweise übernehmen, sondern hat ‘ne russische Meinung und russische Ziele“.
Er will also ernsthaft verhandeln und die Interessen seines Landes gewürdigt wissen, und das heißt für die westlichen Vertreter der einzig wahren (herrenmenschlichen) Wahrheit, dass man mit dem nicht reden kann.
Da ist kein Unterschied zu den ollen Römern und der berühmte Ausspruch von Obelix hat nach wie vor Gültigkeit auch für den gesamten sogenannten Westen.
Helmut Höft
13. Juni 2025 @ 08:15
Russland führt weiter Krieg während verhandelt wird: Pfuiii!
Israel bomardiert Iran während verhandelt wird: Huiii!
Alles regelbasiert! m(