Ruinöse Rüstung, Russland-Sanktionen – und Orban verbietet den Regenbogen
Die Watchlist EUropa vom 15. April – Heute mit News und Analysen zu Finanzproblemen bei der Aufrüstung, den wenig originellen Plänen der EU-Außenminister und einer umstrittenen Verfassungsänderung in Ungarn.
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Die EU bereitet sich auf Krieg mit Russland vor. Doch wo das versprochene Geld für die Aufrüstung herkommen soll, weiß sie immer noch nicht. Mit diesem Paradox haben sich die EU-Finanzminister bei einem Treffen in Warschau herumgeschlagen – ohne Ergebnis.
Die polnischen Gastgeber wollten einen europäischen Verteidigungsmechanismus EDM gründen, der dem Euro-Rettungsfonds ESM nachempfunden ist und als Beschaffungsagentur fungieren könnte – außerhalb der EU, so daß auch Großbritannien mitmachen kann.
Doch ausgerechnet Deutschland stand auf der Bremse, wie das “Handelsblatt” berichtet. Bundesfinanzminister Kukies will erstmal darüber reden, wie man die bestehenden EU-Mittel besser ausgeben könnte. Doch die reichen hinten und vorne nicht.
Finanzierung ist alles andere als SAFE
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Die von EU-Kommissionschefin von der Leyen versprochenen 800 Mrd. Euro sind – wie absehbar – heiße Luft. Aus Brüssel sollen ohnehin nur 150 Mrd. Euro kommen. Doch selbst der dafür geplante neue Finanzmechanismus SAFE lässt auf sich warten.
Den Rest – 650 Mrd. Euro – sollen die Mitgliedsstaaten über neue Schulden finanzieren; dafür werden sogar extra die EU-Schuldenregeln gelockert. Doch neue Schulden leisten kann sich eigentlich nur Deutschland. Selbst Frankreich ist überfordert – der Schuldenberg ist zu hoch.
Noch schlimmer ist es in Belgien. Dort ist man schon damit überfordert, die Rüstungsausgaben auf die von der Nato geforderten 2 Prozent des BIP zu bringen. Verteidigungsminister Francken hat nun vorgeschlagen, bei den Sozialausgaben zu kürzen und das Geld in Rüstung zu stecken.
Selbst fremde Assets sind nicht sicher
Krass klingt auch eine Idee aus Spanien. Der sozialistische Premier Sanchez hält nichts von “Wiederbewaffnung”, will aber unbedingt die Ukraine aufrüsten. Sein Vorschlag: die EU solle das eingefrorene russische Zentralbankgeld konfiszieren und davon Waffen für Kiew kaufen!
Wenn das alles umgesetzt würde, so würden die Europäer nicht nur ihre soziale Sicherheit gefährden, sondern auch ihre finanzielle Stabilität untergraben – und das Vertrauen ausländischer Investoren zerstören. Wer wird schon sein Geld in EUropa anlegen, wenn es dort nicht mehr sicher ist?
Egal: Die EU ist fest entschlossen, die Aufrüstung voranzutreiben – selbst um den Preis des Ruins. In Brüssel ist man übrigens schon fast so weit, die stolze Hauptstadt der EU ist so gut wie pleite. Doch so lange im Europaviertel nicht das Licht ausgeht, werden die Eurokraten weitermachen…
Siehe auch Merz-Koalition schließt neue EU-Schulden aus – Germany first?
News & Updates
- Mehr Sanktionen gegen Russland. Als Reaktion auf den russischen Angriff auf die ukrainische Stadt Sumy will die EU den Druck auf Russland erhöhen und neue Sanktionen erlassen. Das 17. Sanktionspaket sei bereits in Arbeit, sagte die Außenbeauftragte Kallas. – Allerdings ist unklar, ob die Europäer den Druck nennenswert erhöhen könnten. Während sie an neuen Sanktionen arbeiten, denken die Amerikaner über eine Lockerung der Strafmaßnahmen nach. US-Präsident Trump will sogar die Wirtschaftsbeziehungen wieder aufnehmen… – Mein Bericht für die “taz” hier
- Handelsgespräche in Washington. Handelskommissar Sefcovic hat die USA zu einer “gemeinsamen Anstrengung” für eine Einigung im Zollkonflikt aufgerufen. Die EU bleibe konstruktiv und bereit für einen fairen “Deal”, erklärte der Handelschef nach Gesprächen mit US-Handelsminister Lutnick und dem US-Handelsbeauftragten Greer in Washington. Dies könne “Null-für-Null-Zölle” für Industriegüter beinhalten. – Allerdings hat Trump diesen “Deal” schon abgelehnt… – Mehr zum Handelskrieg hier
- Finanzhilfe für Palästinenser. Die EU hat Finanzhilfen für die Palästinensergebiete auf den Weg gebracht und zugleich Reformen angemahnt. “1,6 Mrd. Euro bis 2027 werden helfen, das Westjordanland und den Gazastreifen zu stabilisieren”, erklärte die Außenbeauftragte Kallas. – Das Timing könnte nicht schlechter sein: Israel riegelt Gaza ab und treibt seine illegalen Siedlungen im Westjordanland voran. Die Palästinensergebiete dürfte es bald nicht mehr geben…
Das Letzte
Orban verbietet den Regenbogen. Schon bei der Fußball-EM 2021 hat sich Ungarns Regierungschef Orban gegen die LGBTQ-Bewegung und ihren Regenbogen gewehrt. Nun macht er ernst – und verbietet öffentliche LGBTQ-Veranstaltungen wie die “Pride” in Budapest. Durch einen Zusatz zur Verfassung wird auch festgelegt, dass das Geschlecht einer Person bei der Geburt nur männlich oder weiblich sein kann. Menschenrechts-Organisationen forderten ein Verfahren der EU-Kommission gegen Ungarn, weil die Orban-Regierung damit europäisches Recht missachte. Allerdings sehen die EU-Verträge weder den Regenbogen als europäisches Symbol noch die “Pride” als Grundfreiheit vor…
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HINWEIS: Die “Watchlist Europa” macht zwei Wochen Osterpause. Weiter geht’s am 29. April.