Rückschlag für die Rechten – Neue Krise in Kiew

Der Skandal um Österreichs FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache vermasselt den Nationalisten und Rechtspopulisten in der EU den erhofften Triumph bei der Europawahl. Sind die Rechten auf dem Rückzug?

Dies hoffen die mehr als 150.000 Demonstranten, die am Sonntag in Deutschland auf die Straße gegangen sind. Motto: “Ein Europa für alle – Deine Stimme gegen Nationalismus”.

Bereits am Samstag hatten sich Tausende vor dem Kanzleramt in Wien versammelt, um den Rücktritt Straches zu feiern und Neuwahlen zu fordern. Sie hatten Erfolg!

Doch die Rechten geben sich noch längst nicht geschlagen. Mitten im Strache-Skandal trafen sie sich am Samstag in Mailand, um ein “Europa des gesunden Menschenverstandes” auszurufen.

Das nimmt zwar niemand ernst – doch die Drohung, erstmals eine gemeinsame Fraktion im neuen Europaparlament zu bilden, sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Nachdenklich stimmt auch der einzige Wahlkampf-Auftritt von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit ihrem treuen Spitzenkandidaten, Manfred Weber (CSU).

Ausgerechnet in Kroatien riefen sie zum Kampf gegen “Populismus und Nationalismus” auf. Und dann auch noch zusammen mit der kroatischen Regierungspartei HDZ!

Dabei haben in der HDZ haben “immer mehr extreme Rechte Machtpositionen übernommen”, wie der Deutschlandfunk berichtet. Die FPÖ erscheint fast harmlos dagegen.

Kroatien gilt als eins der nationalistischsten Länder in der EU. Bei der Fußball-WM haben sich kroatische Faschisten ganz offen gezeigt und das französische Team verhöhnt.

Mit ihrem Wahlkampf-Auftritt in Zagreb haben Merkel und Weber den kroatischen Nationalisten den Rücken gestärkt (wie sie oft in der deutschen Geschichte, zuletzt im Balkankrieg).

Zudem müssen sich Kanzlerin und Kandidat fragen lassen, wieso sie weiter auf Österreichs Kanzler Sebastian Kurz setzen, der die FPÖ hoffähig gemacht hat. Kurz ist Webers größter Unterstützer…

Unklar ist auch, ob die Strache-Affäre den Rechten in Österreich und anderswo schadet. Die ersten Reaktionen etwa bei der AfD oder Marine Le Pen zeugen eher von einer Wagenburg-Mentalität.

Zudem präsentieren sich die Rechten nun als Opfer – die dubiose Herkunft des Strache-Videos und neuer Leaks liefert ihnen Zündstoff frei Haus…

Siehe auch “Die Europawahl hat ihren Skandal – aber anders, als gedacht”

Watchlist

  • Wie geht es in der Ukraine weiter? Am Montag ist die Amtseinführung des neuen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Die Vereidigung im Parlament erfolgt gut vier Wochen nach der Wahl, die Selenskyj mit 73 Prozent der Stimmen gewann. Die große Frage ist nun, ob Selenskij die Auflösung des ukrainischen Parlaments einleiten wird. Er verfügt im Parlament über keine eigene Mehrheit, um Reformen durchzusetzen. 
  • Siehe auch “Ukraine-Wahl: auch Merkel hat verloren”

Was fehlt

  • Die Abrüstung in der Schweiz. Bei einem Referendum hat sich die Mehrheit der Bevölkerung am Sonntag für strengere Waffengesetze ausgesprochen. Knapp 64 Prozent der Wähler unterstützten ein Gesetz der Regierung, das eine Angleichung an das Waffenrecht der EU vorsieht. Die Regierung hatte gewarnt, ein Nein könne den Ausschluss der Schweiz aus dem Schengen-Raum und Milliardeneinbußen zur Folge haben.