Risse in der Nato, Zweifel an Merz – und mehr EU-Geld für Parteien
Die Watchlist EUropa vom 19. Juni 2025 – Heute mit News und Updates zur Aufrüstung gegen Russland, zur Außenpolitik des Kanzlers und zur Parteienfinanzierung durch Brüssel.
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Die EU-Außenbeauftragte Kallas nutzt jede Gelegenheit, Russland eins auszuwischen. So auch bei der Debatte über den kommenden Nato-Gipfel, die am Mittwoch im Europaparlament in Straßburg stattfand.
“Russland hat gegen die Nato und die EU keine Chance“, sagte Kallas. “Ich glaube nicht, dass es eine Bedrohung gibt, die wir nicht überwinden können, wenn wir gemeinsam und mit unseren Nato-Verbündeten handeln”.
Das klang fast so, als hinge sie immer noch dem irrwitzigen Ziel an, die Atommacht Russland zu “besiegen”. Allerdings machte Kallas, die als Hardlinerin bekannt ist, eine wichtige Einschränkung: “Aber wir müssen zusammenhalten“.
Belgien und Spanien scheren aus
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Und genau hier gibt es ein Problem. Denn je näher der Nato-Gipfel rückt, desto größer werden die Risse in der US-geführten Militärallianz. Zwei wichtige EU-Länder sind schon öffentlich ausgeschert.
So hat Belgiens Premier De Wever erklärt, dass er nicht wisse, ob Belgien das neue 5-Prozent-Ziel erreichen könne, das US-Präsident Trump vorgegeben hat. In diesem Jahr schafft Belgien mit Ach und Krach 2 Prozent!
Ähnliche Töne kommen aus Spanien. “Spain pushes back against mooted 5% NATO spending goal”, berichtet AFP. Der sozialistische Regierungschef Sanchez könnte beim Nato-Gipfel in Den Haag sogar Nein sagen!
Slowakei liebäugelt mit Neutralität
Außerdem wäre da noch die Slowakei. Premier Fico erklärte, sei “absolut absurd, so viel für Verteidigung auszugeben”. Die Slowakei habe dafür nicht die Mittel. Im Zweifel sei “Neutralität” die bessere Wahl.
Ob er damit den Nato-Austritt ins Spiel bringt, wie der “Spiegel” behauptet, ist unklar. Auf jeden Fall rütteln schon drei EU-Länder an den neuen Vorgaben zur Aufrüstung – und setzen sich auch von Kanzler Merz ab, der Trump brav folgt.
Und dann wären da noch die USA. Beim G-7-Gipfel hat sich Trump nicht zur Ukraine bekannt. Wenn er sich nun – wie mehrfach angedroht – aus der Ukraine-Hilfe zurückziehen sollte, stünden die EUropäer allein gegen Russland.
Deutschland, das laut Merz “führen” will, müsste dann wohl den Kopf hinhalten und die Zeche zahlen...
News & Updates
- Zweifel an Israel-Freund Merz. Beherrscht der Kanzler das Thema, dem er sich am liebsten widmet – die Außenpolitik? Das fragen sich viele in Brüssel, nachdem Merz erklärt hat, dass Israel den Europäern “die Drecksarbeit” im Nahen Osten abgenommen habe. Außerdem hat er “größten Respekt” für Israels offenbar völkerrechtswidrigen Angriff auf Iran geäußert. Damit rückt Merz von der offiziellen EU-Linie ab, die auf eine diplomatische Lösung setzt. – Man darf gespannt sein, wie er sich bei seinem ersten EU-Gipfel in der kommenden Woche aus der Affäre zieht. Noch so ein Lapsus, und mit der deutschen “Führung” in Europa ist es “over”…
- Verhandlungen mit Australien. Nachdem sich die EU bereits gegen Russland in Stellung gebracht hat, will sie sich nun auch noch mit China anlegen. Zu diesem Zweck – und zur gemeinsamen Aufrüstung – wurden Verhandlungen mit Australien aufgenommen. Die geplante Verteidigungspartnerschaft werde “die Tür zu gemeinsamen Beschaffungsmöglichkeiten für Verteidigungsgüter öffnen”, kündigte Australiens Premier Albanese an. – Mehr im Blog
- Noch ein Rüstungsprogramm. Die Mitgliedsstaaten haben sich auf ein 1,5 Mrd. Euro schweres Programm zur Finanzierung von Verteidigungsausgaben geeinigt. Das teilten Diplomaten am Mittwoch mit. Es werde erwartet, dass die Botschafter der 27 EU-Länder dem Abkommen am Montag zustimmen werden. – Kritiker sagen, das Programm verstoße gegen den EU-Vertrag, der Rüstungsfinanzierung aus dem Gemeinschaftshaushalt ausschließt…
Das Letzte
Mehr EU-Geld für Parteien. Die europäischen Parteienfamilien und Stiftungen haben sich einen kräftigen Schluck aus der Pulle des EU-Budgets gesichert. Statt wie bisher 90 sollen konservative EVP, sozialdemokratische S&D und liberale Renew künftig bis zu 95 Prozent ihrer Finanzierung aus dem EU-Budget sichern. Dafür müssen sie einige neue Transparenz- und Gender-Auflagen erfüllen. Das Europaparlament und der polnische EU-Vorsitz feiern dies als Fortschritt für die europäische Demokratie. Dabei haben sie den wichtigsten Schritt – die Schaffung von EU-weiten Listen für die Europawahl – immer noch nicht gewagt. Sie haben sich selbst geholfen, nicht dem Wähler…
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palman
21. Juni 2025 @ 03:46
. . . und bei Mir läuft der “Lange SauerLänder” (gibt auch “Dicke” als BockWürste – hm – lecker) längstens schon unter dem POLTÖR-“künstler”-Namen > Friedens-arm SchMeRzens-reich < !?! – in Anlehnung an den “echten” Künstler “Friedensreich Hundertwasser” (Bürgerl. “Friedrich Stowasser” / Wiki) 😉
KK
20. Juni 2025 @ 19:26
“…nachdem Merz erklärt hat, dass Israel den Europäern “die Drecksarbeit” im Nahen Osten abgenommen habe. Außerdem hat er “größten Respekt” für Israels offenbar völkerrechtswidrigen Angriff auf Iran geäußert.”
Jetzt gibts einen Lackmustest für die Unabhängigkeit der deutschen Justiz:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=134789
Reykjavik
20. Juni 2025 @ 20:31
@KK: großartig! Kleiner/grosser Wermutstropfen: der BK hat an sich keine Immunität, als Mitglied des Bundestages aber schon. Diese müsste zunächst vom Bundestag aufgehoben werden…
Eine wirklich ehrbare und ehrwürdige Initiative, aber leider ohne Aussicht auf Erfolg.
KK
20. Juni 2025 @ 23:08
Der Bundestags hat ja schon die Aufhebung der Immunität von Robert Habeck, der von Sahra Wagenknecht wegen genau dem angezeigt wurde, was Habeck selbst in fast 800 Fällen gegen Bürger zur Anzeige gebracht hatte, abgelehnt:
https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/dresden-radebeul/ermittlungen-staatsanwaltschaft-habeck-wagenknecht-bsw-100.html
KK
19. Juni 2025 @ 14:54
„Noch so ein Lapsus, und mit der deutschen “Führung” in Europa ist es “over”…“
Besser früher als später! Diese „deutsche Führung“ unter Merz und seinen Adlaten aus Union und SPD kann nur ins Verderben führen.
„Kritiker sagen, das Programm verstoße gegen den EU-Vertrag, der Rüstungsfinanzierung aus dem Gemeinschaftshaushalt ausschließt…“
EU-Vertrag? Drauf gesch***en! Der geht den Oberen in Brüssel, Strassburg und den EUropäischen Hauptstädten ganz offenbar schon seit einiger Zeit am Rektum vorbei.
Reykjavik
19. Juni 2025 @ 13:07
@ebo: „Noch so ein Lapsus, und mit der deutschen “Führung” in Europa ist es “over”…“
Meinen Sie wirklich? Ich habe eher den Eindruck, dass den anderen EUropäern sehr gelegen kommt/kommen würde, wenn einer vorangeht und sich soweit aus dem Fenster lehnt, wie es die anderen niemals tun würden. Deutschland soll ruhig den bösen Bullen geben, dann können sich die anderen in ihrer moralischen Überlegenheit sonnen, die Konsequenzen badet dann Deutschland allein aus. So war es auch in Zusammenhang mit der Ukraine – da wurde Deutschland von den anderen EU-Ländern teils regelrecht vor sich getrieben, Deutschland sollte am besten von Tag 1 zum direkten Kriegsteilnehmer werden. Es gibt einige Länder in Europa, denen ein sich selbst zerstörendes Deutschland nicht ungelegen käme – und sie wissen auch, wenn man das Zauberwort „Führungsmacht“ ausspricht, fühlen sich die deutschen Politiker so geschmeichelt, dass sie für jede für Deutschland schädliche und zerstörerische Aktion zu haben sind.
Karl
19. Juni 2025 @ 12:30
Zum Massaker von Babi Jar – sagte SS-Obersturmführer August Häfner:
„Wir mussten die Drecksarbeit machen“
https://www.n-tv.de/politik/Wir-mussten-die-Drecksarbeit-machen-article18735846.html — Zitat daraus:
„Wir mussten die Drecksarbeit machen“, sagt 1968 vor Gericht SS-Obersturmführer August Häfner. „Ich denke ewig daran, dass der Generalmajor Eberhard in Kiew sagte: ‚Schießen müsst ihr!‘ “ Die fast 34.000 ermordeten Juden bleiben nicht die letzten Toten von Babi Jar. In den folgenden zwei Jahren bringen die Deutschen hier insgesamt bis zu 200.000 Menschen um: Roma, Kriegsgefangene, psychisch Kranke, Partisanen, ukrainische Nationalisten und weitere Juden aus der Kiewer Umgebung.
P. S. Häfner war übrigens Weinhändler, genau wie auch der Anti-Diplomat, Hitlers Außenminister Joachim von Ribbentrop. Heutige Anti-Diplomaten sind noch nicht einmal mehr Weinhändler, sondern berufslos (Baerbock) oder Bläckrocker, Geldverschieber der Reichen in die Steueroasen (Merz).
Gustav
19. Juni 2025 @ 11:54
„Die europäische Öffentlichkeit ist noch nicht bereit für offenen Rassismus.“
Nö, Rassismus gegen Weiße ist in der EU doch Standard…
european
19. Juni 2025 @ 10:41
Merz haette nie Bundeskanzler werden duerfen. Er ist eine Gefahr fuer Deutschland und damit auch fuer die EU. Er hat weder Fuehrungserfahrung auf politischer Ebene noch ist er ein “Mann der Wirtschaft”, nur weil er Blackrock-Lobbyist ist. Seine Aeusserungen zu diesem Thema lassen eher das Gegenteil vermuten.
Merz wollte einfach nur Kanzler werden, um diese Scharte sprichwoertlich auszumerzen, die ihm Angela Merkel seinerzeit zugefuegt hat, indem sie ihn aus dem Rennen gekegelt hat.
Zur Transparenz: Eine durch und durch intransparente Kommissionspraesidentin fordert Transparenz von anderen. Finde den Fehler. Ansonsten bleibt nur festzuhalten, welche Prioritaeten gesetzt werden. Es ist nicht wichtig, dass die Energieversorgung zu moderaten Preisen gesichert ist, es ist ebenso unwichtig, dass die Industrie funktioniert, es ist voellig unwichtig, unsere auswaertigen Beziehungen und damit die Wirtschaftsbeziehungen zu pflegen. Hauptsache wir sind gendergerecht.
Es ist diese schmerzhafte Einfallslosigkeit und auch offensichtliche Dummheit (sorry), die den Buergern wirklich Sorgen bereiten sollten.
Kleopatra
19. Juni 2025 @ 08:25
Die “Schaffung von EU-weiten Listen für die Europawahl” ist dem Europaparlament aus eigener Kraft nicht möglich, da länderübergreifende Listen eine Änderung des Direktwahlaktes voraussetzen würden, wie Ihnen doch bekannt sein sollte. Und der Direktwahlakt kann nur mit Zustimmung aller Mitgliedstaaten geändert werden. Mehr als Wünsche äußern kann das Parlament nicht, und Vorwürfe an seine Adresse sind deshalb unangemessen (das Parlament äußert mW. diesen Wunsch immer wieder). Länderübergreifende Listen würden übrigens insofern technische Schwierigkeiten bereiten, als mit ihnen die “degressive Proportionalität”, dh. der Grundsatz, dass große Länder zwar mehr Abgeordnete entsenden als kleine, dafür jedoch bei großen Ländern ein Abgeordneter (teils deutlich) mehr Wähler vertritt als bei kleinen, kaum durchführbar wäre – diese Regelung zur Begünstigung kleiner Mitgliedstaaten funktioniert mE. nur, wenn nach Mitgliedstaaten getrennt gewählt wird.
Listen, die nur für einen Teil des Wahlgebietes gelten, sind übrigens nichts ungewöhnliches, sondern in größeren oder föderal strukturierten Ländern eher die Regel. Z.B. wird der deutsche Bundestag mit Landeslisten gewählt.
ebo
19. Juni 2025 @ 08:59
Es ging um Verhandlungen mit dem Rat, also den 27 EU-Ländern. Da hätte man durchaus mehr rausholen können, auch zu den EU-weiten Listen.
Kleopatra
20. Juni 2025 @ 07:19
Das Europaparlament verhandelt über viele Dinge mit dem Rat. Eine so einschneidende Änderung wie das Wahlverfahren könnte es wohl nur „im Tausch“ (Kuhhandel) gegen den Verzicht auf viele andere seiner Forderungen erhalten. Und im Ernst: wären Bedenken kleiner Mitgliedstaaten gegen gemeinsame EU-weite Wahllisten nicht nachvollziehbar? Immerhin müssten alle Mitgliedstaaten überzeugt werden, und einer würde genügen, hinter dem sich dann andere Skeptiker verstecken könnten.
Guido B.
19. Juni 2025 @ 07:31
Ja, Herr Merz muss sich rhetorisch etwas mäßigen, wenn er mit seiner braunen Gesinnung in der EU den Ton angeben will. Die europäische Öffentlichkeit ist noch nicht bereit für offenen Rassismus. Autoritarismus und Angriffskriegverherrlichung. Er muss seine abartige Gesinnung vorerst noch in Watte packen.
Nö, das war kein „Lapsus“. Das war einfach zu ungefiltert authentisch.
Karl
19. Juni 2025 @ 12:09
@Guido B.: Das war ungefiltert authentisch – Merz, der Anti-Diplomat.