Rezessionsangst – Trichet deutet Zinspause an (Update)

Sogar die Christdemokraten in Brüssel geben ihm Rückendeckung

EZB-Chef Trichet hat die umstrittenen Anleihekäufe verteidigt und zugleich ein Ende der Zinserhöhungen angedeutet. Das Wachstum in der Eurozone falle wohl niedriger aus als erwartet, sagte der Franzose bei einer Anhörung zur Schuldenkrise im Europaparlament. Zwar liege die Inflationsrate noch über der EZB-Zielmarke von zwei Prozent. Doch da der Preisauftrieb rückläufig ist, wird Trichet vor seinem Ausscheiden aus der Zentralbank im Oktober wohl keine neuen Zinserhöhungen mehr durchsetzen. 

Bisher war eine Fortsetzung der aggressiven Zinspolitik erwartet worden. Doch zuletzt hatten die schwachen Konjunkturdaten aus Frankreich und Deutschland die Rechnung der geldpolitischen Falken in Frankfurt durchkreuzt. In beiden Ländern kam das Wachstum im 2. Quartal zum Erliegen, in Deutschland hat sich zudem die Inflation abgeschwächt. Da es auch in anderen Euroländern schlecht läuft (man denke nur an Griechenland) und eine Rezession nicht mehr ausgeschlossen werden kann, gibt es keinen Grund mehr, an der Zinssschraube zu drehen.  

Keine Entwarnung gibt es hingegen bei der Eurokrise. Die EZB wird wohl weiter Anleihen kriselnder Länder aufkaufen müssen, deutete Trichet in Brüssel an. So griff sie heute wieder Italien unter die Arme. Zwar hat die Zentralbank zuletzt weniger an den Märkten interveniert. Doch da die 17 Euroländer immer noch nicht die Beschlüsse des Krisengipfels vom 21. Juli umgesetzt haben, bleibt der EZB nichts anderes übrig, als weiter Feuerwehr zu spielen. Dieser Meinung waren übrigens auch die meisten Europaabgeordneten; selbst CDU-Experte Langen stützt Trichets Kurs. 

Langen widersprach damit Bundespräsident Wulff, der die Anleihekäufe öffentlich und ungewöhnlich heftig kritisiert hatte. Rückendeckung bekam Trichet zudem von EU-Währungskommissar Rehn. Auch Rehn hat seine Konjunkturerwartungen für die Eurozone inzwischen heruntergeschraubt. Der Finne warnte sogar erstmals davor, dass die Turbulenzen auf den Finanzmärkten das Wachstum in Europa gefährden könnten. Die Konjunkturerwartungen sind bereits massiv eingebrochen, wie die EU-Kommisison heute mitteilte.

Dass auch der massive Sparkurs in fast allen Euroländern das Wachstum gefährdet, mochte Rehn indes nicht einräumen. Dabei hatte IWF-Chefin Lagarde noch am Wochenende davor gewarnt, es mit der Konsolidierung zu übertreiben – im Vordergrund müsse weiter die Stützung der Konjunktur stehen, heißt es in Washington.

Diese Botschaft hört man in Brüssel jedoch gar nicht gern. Sparen und Inflationsbekämpfung haben in der Eurozone weiter Vorrang – dabei lässt sich die Schuldenkrise ohne Wachstum nie und nimmer lösen…

 

Nachtrag 1.9.11

Wegen der erwarteten Zinswende kommt nun der Euro unter Druck. Zugleich sorgen sich die Märkte vor einer möglichen Rezession – laut SPON sinkt die Industrieleistung bereits…

 

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