Rechtsstaats-TÜV klammert Krise in Frankreich aus

Die EU-Kommission hat ihren jährlichen Rechtsstaats-Bericht vorgelegt. Die bösen Buben sind aus Brüsseler Sicht immer noch Ungarn und Polen, die Unruhen in Frankreich werden komplett ausgeblendet.

“Die EU ist eine stabile Demokratie”, sagte Justizkommissarin Jourova bei der Vorstellung des Rechtsstaats-TÜVs. Gegenüber dem Vorjahr gebe es Fortschritte bei 65 % der Empfehlungen.

Jourova muss wohl in einem Parallel-Universum leben. Die Fortschritte stehen vor allem auf dem Papier. In der Praxis hat es viele Rückschritte gegeben – am krassesten in Frankreich.

Dort hat Polizeigewalt zu den schlimmsten Unruhen seit 2005 geführt. In fast allen französischen Städten herrschte tagelang Anarchie, die Justiz war machtlos, der Rechtsstaat lag am Boden.

Doch die schwere innenpolitische Krise wird im Kommissionsbericht nicht mal erwähnt. Auch die Vorwürfe gegen Polizei und Justiz nach dem Todesschuss gegen Nahel M. kommen nicht vor.

Umso ausführlicher widmet sich Brüssel den “bösen Buben” aus Ungarn und Polen. Doch auch dort soll es Fortschritte geben – trotz eines polnischen Gesetzes, das den früheren EU-Chef Tusk effektiv von der Wahl ausschließen könnte.

Was soll man von so einem Rechtsstaats-TÜV halten? Es ist, als würde man einem Wagen mit kaputter Bremse und zwei geplatzen Reifen die grüne Plakette geben. Das muß wohl am Stromausfall bei der technischen Prüfung liegen…

Siehe auch “Unruhen in Frankreich: Probleme von 2005 sind immer noch da”