Rechtsruck in Den Haag, Einmischung in Tiflis – und Attentat auf Fico
Die Watchlist EUropa vom 18. Mai 2024 – heute mit der Wochenchronik.
Die Ereignisse der vergangenen Woche lesen sich, als seien sie aus einem schlechten Politik-Thriller – oder aus der Vorzeit des 1. Weltkriegs. Es geht um anschwellenden Nationalismus, Aufruhr in einem fernen Land – und um den Mordanschlag auf einen Politiker, der keine Waffen für den Krieg liefern will.
War nun das Attentat auf Fico am wichtigsten? Oder die Krise in Georgien? Wir wollen uns auf die Vorgänge in den Niederlanden konzentrieren, wo der Rechtspopulist Geert Wilders eine neue Regierungskoalition vorgestellt hat.
Bemerkenswert ist sie aus zwei Gründen. Zum einen verzichtet Wilders auf radikale Forderungen wie einen EU-Austritt („Nexit“). Zum anderen sind die (Rechts-)Liberalen an seiner Koalition beteiligt.
Damit wird ein weiteres Tabu der EU-Politik gebrochen. Denn die EU-Liberalen („Renew“) hatten geschworen, den Vormarsch der Rechten zu bremsen. „Keinen Fußbreit den Demokratie-Gegnern“, tönt FDP-Spitzenkandidatin Strack-Zimmermann.
In Den Haag zeigt sich, was von diesen Wahlkampf-Sprüchen zu halten ist. Die Liberalen sind ebenso opportunistisch wie die EVP-Konservativen, die sich zuletzt in Kroatien auf ein Regierungsbündnis mit den Rechtsnationalisten eingelassen haben.
Wird die EU unregierbar?
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Im Grund ist die gesamte Wahl-Kampagne von EVP und Renew unglaubwürdig geworden. Auch die Werbespots des Europaparlaments („Demokratie retten“) klingen hohl. In Den Haag ist die „Brandmauer“ gegen Rechts gebrochen.
Heißt das nun, dass die EU unregierbar wird oder eine „Führungsnation“ ausfällt, wie manch einer behauptet? Nein. Denn die Niederlande sind spätestens seit dem „Nein“ zum Verfassungs-Referendum 2005 zu EU-Skeptikern geworden.
Unter dem rechtsliberalen Premier Rutte haben sie sich gegen EU-Schulden gestemmt; mitten in der Coronakrise 2020 hätte er mit seiner harten Haltung fast die EU gesprengt. Insofern kann es mit Wilders kaum schlimmer werden, jedenfalls nicht in Brüssel…
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Was war noch? Die pro-europäische Regierung in Georgien hat ein Lobbyismus-Gesetz durch das Parlament gebracht, das die EU für anti-europäisch hält. Deshalb geht die Opposition auf die Straße – und die EU-Kommission und viele EU-Politiker mischen sich offen in Tiflis ein.
Damit macht die EU genau das, was sie Russland, China und anderen immer vorwirft. Dass Georgien den EU-Kandidatenstatus hat, macht die Sache nicht besser – im Gegenteil: Die Vorgänge in Tiflis zeigen, dass das Land längst noch nicht reif für den Beitritt ist (wenn überhaupt).
Verstörend ist auch das Attentat auf den slowakischen Regierungschef Fico. Es zeigt, wie aufgeheizt mittlerweile die Atmosphäre in der Slowakei, aber auch in der EU ist. Appelle zur Mäßigung verhallten ungehört – deutsche Medien gaben Fico sogar Mitschuld an seinem Schicksal…
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