Warum die Rechten führen, Georgien schert aus – und “Frieden” ohne Biden

Die Watchlist EUropa vom 04. Juni 2024 – Heute mit den neuesten Prognosen zur Europawahl, einem Rückschlag bei der EU-Erweiterung und einer diplomatischen Niederlage für die Ukraine.

Der seit langem erwartete Rechtsruck bei der Europawahl nimmt Gestalt an. Zählt man alle Rechtsparteien zusammen, so könnten sie mehr Parlamentssitze erobern als die tonangebende konservative EVP von Kommissionspräsidentin von der Leyen. Dies geht es den neuesten Umfragen und Prognosen hervor.

Laut “Politico” könnte die EVP bei der Europawahl 171 Parlamentssitze erringen – rund 30 mehr als die Sozialdemokraten mit ihrem Spitzenkandidaten Schmit. Das rechte Lager käme demnach auf bis zu 184 Sitze. Es könnte somit stärker werden als die EVP und nach der Wahl ein gewaltiges Wörtchen mitreden.

Bei “Euronews” steht die EVP etwas besser da. Dort kommt sie auf 181 Sitze, S&D auf 135 – und die Rechten auf 225, wobei auch allerlei Splittergruppen mitgezählt werden. “Europe.Table” sieht die EVP bei 172, S&D bei 136 – und die Rechten bei 195. Außerdem 42 “Sonstige”, die auch rechts eingeordnet werden.

In Deutschland sieht es anders aus, aber auch nicht gut, schon gar nicht für die Ampel-Regierung. Laut INSA wird die AfD stärker als die SPD (16 zu 14 Prozent). Die Forschungsgruppe Wahlen sieht beide Kopf an Kopf bei 14 Prozent. Und das nach den vielen Demos “gegen Rechts” und “für die Demokratie”!

Meloni als Königsmacherin?

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Woran liegt’s? Erstaunlicherweise macht sich keiner die Mühe, den Rechtsruck zu erklären. Dabei liegen drei Gründe auf der Hand. Erstens “performt” die EU nicht so gut, wie von der Leyen gern behauptet. Sie rühmt sich ihres Krisenmanagements – dabei steckt die EU in der Dauerkrise, sogar im Krieg!

Zweitens trägt von der Leyen selbst zur Normalisierung der Rechten bei, indem sie die harte Migrationspolitik übernimmt und mit der post-faschistischen italienischen Regierungschefin Meloni kooperiert. Sie macht Meloni sogar – durch öffentliches Werben – zur rechten “Königsmacherin”!

Drittens lassen die “Pro-Europäer” – also Konservative, Sozialdemokraten, Grüne und Liberale – keine echte Alternative zum aktuellen EU-Kurs zu. Von der Migration bis zur Ukraine-Politik ist alles festgeklopft, der Wähler soll es nicht mehr ändern können. Und die Linke leistet keinen vernehmlichen Widerstand.

Allenfalls auf nationaler Ebene kann man oder frau noch etwas bewegen. Dort gibt es – wie in Deutschland mit BSW, der Partei, den Piraten, Volt etc. – noch Parteien, die nicht in die ganze große Koalition der “Pro-Europäer” eingebunden sind. Ich bin gespannt, wie diese unabhängigen Parteien abschneiden werden!

Mehr zur Europawahl hier

P. S. Ein weiterer Grund für den Rechtsruck ist, dass alles, was nicht passt, als “rechts” klassifiziert wird – sogar die Forderung nach Frieden ist mittlerweile “vorbelastet”…

News & Updates

  • Georgien verabschiedet das umstrittene “Foreign Agents”-Gesetz. Pleite für die EU: In Georgien ist das umstrittene Transparenz-Gesetz in Kraft getreten – trotz massiver Warnungen aus Brüssel und Berlin. Was nun? Es gelte, eine “neue politische Realität” in Georgien zu schaffen, erklärte die EU-treue Staatspräsidentin Salome Surabischwili. Wird die Regierung gestürzt, bleibt es friedlich? – Mehr im Blog
  • EU-Kommission verschenkt zehntausende Zugtickets. Zehntausende junge Europäer können ab Juli mit EU-Gratis-Zugtickets durch Europa reisen. Im Rahmen des Reiseprogramms “DiscoverEU” werden insgesamt 35 511 junge Erwachsene einen “Travel-Pass” erhalten, wie die Kommission mitteilte. Die Aktion findet seit 2018 zweimal im Jahr statt – diesmal rein zufällig kurz vor der Europawahl 🙂
  • Belgien will Ungarn das Stimmrecht entziehen. Der belgische EU-Vorsitz will Ungarn entmachten – und das kurz vor Beginn der ungarischen EU-Präsidentschaft am 1. Juli. Die EU solle das so genannte Artikel-7-Verfahren zum Entzug des Stimmrechts vorantreiben, fordert Außenministerin Lahbib. Grund ist der Frust über Ungarns eigenwilligen Kurs in der Ukraine-Politik. – Siehe auch “Wut auf Orban

Das Letzte

Biden kommt nicht zum “Friedensgipfel”. Nun ist es offiziell: US-Präsident Biden kommt nicht zum sog. “Friedensgipfel” für die Ukraine in die Schweiz. Er hat Wichtigeres zu tun – der US-Wahlkampf geht vor. Stattdessen hat sich nun Vizepräsidentin Kamala Harris angemeldet. “Die Vizepräsidentin wird ihre Unterstützung für das ukrainische Volk bei seiner Verteidigung gegen die anhaltende russische Aggression bekräftigen”, erklärte das Weiße Haus. Sicherheitsberater Sullivan werde Harris auf der Reise begleiten. Zuvor hatte Selenskyj in einem emotionalen Appell um die persönliche Teilnahme Bidens bei dem Gipfel geworben – und China beschimpft, das überhaupt nicht teilnimmt. Russland übrigens auch nicht – es war gar nicht erst eingeladen worden. Bleibt die Frage, wie man ohne Biden, Xi und Putin einen Frieden schließen kann? Die EUropäer schaffen es ja offenbar nicht allein…

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