Putin ante portas

Die Kanzlerin musste eigens nach Moskau fliegen, doch nun kommt er persönlich nach Wien: Russlands Staatschef Putin besucht am Dienstag Österreich – es ist eine Reise mit hohem Reiz- und Symbolwert

Denn es ist Putins erster Trip in die EU nach seiner umstrittenen, von Ratspräsident Tusk demonstrativ ignorierten  Wiederwahl. Sie führt den Kreml-Chef in ein Land, das die westliche Sanktionswelle wg. Skripal nicht mitgemacht hat.

Und das genau einen Monat, bevor Österreich im Juli den halbjährlich wechselnden EU-Vorsitz übernimmt.

Damit sendet Kanzler Kurz ein starkes Signal: Er meint es ernst mit seiner Ankündigung, Österreich (wieder) zu einer “Brücke” zwischen West und Ost zu machen. Kanzlerin Merkel war dazu nicht willens oder in der Lage – trotz ihres Besuchs in Moskau.

Andere sind da weiter. So hat Kommissionschef Juncker gerade erst ein Ende des Russland-Bashings empfohlen. Trotz der Krim müsse man wieder zu normaleren Beziehungen finden, forderte der Luxemburger (war es nur RT eine Meldung wert?)

Gleichzeitig fordert die neue Regierung in Italien ein Ende der Russland-Sanktionen. Das Reich im Osten sei keine Bedrohung, glauben die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega (auch das melden die deutschen Medien kaum, warum eigentlich?).

Dagegen stehen Polen und Balten, denen die Sanktionen nicht hart genug sein können. Sie freuen sich über das Säbelrasseln im Baltikum mit einem neuen, gigantischen Nato-Manöver. Durchgespielt wird die Abwehr einer imaginären russischen Invasion.

Polen versucht neuerdings sogar, die USA dazu zu bewegen,  dauerhaft Truppen im Land stationieren – natürlich auch wegen der “russischen Gefahr”. Dafür will die Regierung in Warschau sogar 2 Mrd. Dollar locker machen, wie nun bestätigt wurde.

Wie passt all das zusammen? Überhaupt nicht. Es zeigt, dass die EU keine kohärente Russland-Politik hat – oder nur eine negative: über Sanktionen. Doch auch die Strafmaßnahmen werden bloß noch aufrecht erhalten, um die Einheit zu wahren.

Man könnte es auch anders ausdrücken: Die Russland- und/oder Ukraine-Sanktionen müssen bleiben, damit die EU nicht auseinander bricht… denn einen inneren Zusammenhalt hat diese “Union” schon lange nicht mehr.

Es braucht offenbar Besucher äußere “Feinde” wie Putin, um uns daran zu erinnern!?

WATCHLIST:

  • Die Innenminister debattieren in Luxemburg über Reform der Asylpolitik. Mit von der Partie ist Italiens neuer Ressortchef Salvini. Flüchtlingen rät er, “schon mal die Koffer zu packen”. Salvini lehnt auch das europäische Dublin-Abkommen zur Asylpolitik ab – dabei möchte die EU doch Ende Juni eine Reform beschließen. Das kann heiter werden…

WAS FEHLT?

  • Grenells Breitbart-Interview. Darin erklärt der US-Botschafter für Deutschland, dass er die “konservativen” Parteien (also die, die hierzulande meist Populisten genannt werden) bewundert. Die Bundesregierung war darüber nicht amüsiert und forderte eine Klarstellung – vielleicht in der “Bild”-Zeitung? Normalerweise würde man den Botschafter einbestellen…
  • Mindestens 112 Flüchtlinge sind bei einer Havarie vor der tunesischen Küste ertrunken. Das meldet BBC, die großen deutschen Medien melden nichts. Dementsprechend die Anteilnahme:sie geht gegen Null. Wollen CDU/CSU Tunesien nicht gerade zu einem “sicheren Herkunftsland” erklären?