Schlechtes Timing: EU-Parlament lässt Puigdemont fallen

Das Europaparlament will auf Antrag der spanischen Justiz die Immunität von drei katalanischen Abgeordneten aufheben. Deren Anführer Puigdemont spricht von „politischer Verfolgung“. Pikant ist vor allem das Timing.

Was ist eigentlich in den Rechtsausschuß des Europaparlaments gefahren? Schon seit Monaten schiebt er eine Entscheidung über das Schicksal von Puigdemont & Co. vor sich her.

Madrid hatte den Entzug der Immunität bereits Anfang 2020 beantragt. Wegen Corona verzögerten sich die Verfahren. Doch ausgerechnet jetzt gaben die Abgeordneten grünes Licht.

Schlechtes Timing: Spanien wird gerade von schweren Unruhen erschüttert, nachdem ein Rapper verhaftet worden war. Die Meinungsfreiheit sei in Gefahr, heißt es in Madrid, die Justiz wird scharf kritisiert. Sie gilt als parteiisch und politisiert.

Im Kern geht es um den Rechtsstaat, der in Spanien nicht über alle Zweifel erhaben ist. Und da fällt den EU-Abgeordneten nichts besseres ein, als genau dieser spanischen Justiz Folge zu leisten und frei gewählte Europaabgeordnete ihres Schutzes zu begeben?

Mindestens hätte der Ausschuß die Entscheidung vertagen können, denn Eile ist eh keine geboten. Der Rechtsstreit dürfte sich noch lange hinziehen. Und ob die belgischen Behörden die Politiker tatsächlich ausliefern, ist nach wie vor ungewiss.

Noch besser wäre es gewesen, sich den Fall einmal näher anzuschauen. Es gibt nicht nur Zweifel an der Zuständigkeit des spanischen Gerichts, das die Auslieferung fordert, sondern auch am Straftatbestand und am Strafmaß.

Puigdemont & Co. drohen wegen Rebellion bzw. Aufruhr langjährige Haftstrafen. Sie fühlen sich nun auch von der EU verfolgt. Die Entscheidung des Parlaments sei „politisch motiviert“, erklärten sie, doch der Kampf gehe weiter…

Siehe auch „Puigdemont beklagt Doppelstandards“