Polen/Ukraine: Gefährliche Wendung im Infokrieg

Die Ukraine hätte mit ihrer voreiligen Schuldzuweisung nach dem Raketeneinschlag in Polen den 3. Weltkrieg auslösen können. Doch statt sich von Präsident Selenskyj zu distanzieren, wollen die USA noch enger mit ihm zusammenarbeiten – und den Infokrieg besser koordinieren.

Dies geht aus einem Bericht von „Politico“ (Washington) hervor. „U.S. officials (are) pushing to more closely coordinate messaging with allies, including Kyiv, on the explosion“ heißt es dort. Washington mache Druck, damit die Alliierten und die Ukraine ihre Botschaften besser abstimmen.

Selenskyj hatte sogar noch nach einer Nato-Krisensitzung behauptet, der Einschlag sei auf russische Raketen zurückzuführen. Er gab erst Ruhe, als Polen ukrainische Ermittler einreisen ließ. Dabei hatte US-Präsident Biden erklärt, es handele sich wohl um ukrainische Abwehrraketen.

Der Vorfall sei „one of the first major divergences in opinion between Washington and Kyiv“, schreibt „Politico“. Moskau könne diese Differenzen für seine Zwecke nutzen. Daher müssten sich die USA, die Ukraine und die EUropäer noch enger absprechen, auch in der Kommunikation.

Der Infokrieg wird also straffer geführt, die Alliierten sollen sich noch mehr an die amerikanischen Erkenntnisse und Erzählungen halten. Wenn so der 3. Weltkrieg verhindert werden kann – sei’s drum. Doch in Wahrheit geht es darum, den Stellvertreter-Krieg gegen Russland fortzuführen.

So versucht man in Washington, die Bemerkungen von General Mark Milley herunterzuspielen. Der hatte erklärt, dass die Ukraine im Winter keine großen Geländegewinne mehr machen und das Land nicht komplett befreien könne. Deshalb solle man Friedens-Gespräche erwägen.

Doch das passt der Biden-Administration nicht – und den EU-Chefs offenbar auch nicht. Jetzt sei nicht die Zeit für Gespräche, erklärte Chefdiplomat Josep Borrell. Die EU werde der Ukraine „bis zum Sieg“ helfen und falsche russische „Narrative“ bekämpfen.

Wie das geht, zeigt ein Blick in den Newsletter von EUvsDisinfo, der Stabsstelle des EU-Außendienstes gegen Fake News. Dort wird nicht etwa Selenskyjs falsche Schuldzuweisung aufgespießt. Vielmehr geht es wieder nur um „russische Desinformation“ (siehe unten).

Was sagt uns das? Selbst wenn brandgefährliche Falschmeldungen aus der Ukraine kommen, können wir uns nicht darauf verlassen, dass die EU-Faktenchecker diese aufdecken. Im Gegenteil: Auch dann ist natürlich Putin schuld!

Offenbar ist es besser, auf die USA zu hören…

Siehe auch Polen/Ukraine: Ein Fall für die Faktenchecker sowie Der “Krieg der Narrative” kennt keine Grenzen mehr

P.S.  Die G7-Staaten wollen entschlossen gegen russische Kampagnen zur Desinformation vorgehen. „Wir werden die Zusammenarbeit beim Aufspüren von Desinformations-Netzwerken vorantreiben“, kündigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach einem Treffen der G7-Innenminister an. „Wir haben verabredet, uns hierzu enger zu vernetzen und gute Ideen der anderen Partner zu übernehmen.“ Wie beruhigend…