Pokern um Öl und Gas, Sorgen um Finnland – und Brüssel empört mit Chatkontrolle
Was bleibt von der Europapolitik der vergangenen Woche? Die EU und Russland pokern um Öl und Gas. Finnland drängt in die Nato. Und die EU-Kommission will Online-Chats kontrollieren.
Diese Woche lief nicht nach Plan. Vorgesehen war, das sechste EU-Sanktionspaket gegen Russland rechtzeitig zum Europatag am 9. Mai zu verabschieden. Doch die wichtigste Maßnahmen, ein Ölembargo, stieß auf erbitterten Widerstand in Ungarn und anderen EU-Ländern. Auch Ökonomen äußerten Kritik an dem Vorschlag der EU-Kommission. Behördenchefin von der Leyen versuchte zwar noch, ihren Plan zu retten – doch vergeblich. Nun könnte das Ölembargo ausgeklammert oder auf Eis gelegt werden, ein Beschluß ist in weite Ferne gerückt. Es ist das erste Mal, das ein Sanktionspaket platzt – dabei hatte diesmal sogar Deutschland Druck gemacht.
Gleichzeitig verdichten sich die Hinweise, dass Russland einen Gegenschlag plant. Kremlchef Putin untersagte die Versorgung über Gazprom Germania und weitere Unternehmen, die Gas nach Deutschland und in die EU liefern. Das entsprechende Dekret hatte er als Reaktion auf das EU-Ölembargo auf den Weg gebracht. Zwar wirkte sich die Sperre zunächst kaum auf die Gasversorgung aus – doch Energieminister Habeck dürfte es nun schwer fallen, die Gasspeicher bis zum nächsten Winter wie geplant zu füllen. Zudem könnte auf den Nadelstich schon bald ein kompletter Lieferstopp folgen – dies würde Deutschland in eine schwere Rezession stürzen.
Was war noch? Finnland kündigte an, so schnell wie möglich der Nato beitreten zu wollen. Dies soll die Sicherheit des Landes erhöhen, führte jedoch sogleich zu Spannungen mit Russland. Moskau drohte sogar mit „militärisch-technischen“ Maßnahmen, was so viel wie Krieg bedeutet. In Brüssel wird dem zwar keine große Bedeutung beigemessen, zumal andere Länder – darunter auch Deutschland – Sicherheitsgarantien für Finnland abgegeben haben. Dennoch haben sich die Sorgen in und um Nordeuropa vergrößert, nicht verringert. Für Verunsicherung sorgt auch, dass dass die Türkei ebenso massive wie dubiose Vorbehalte gegen den Nato-Beitritt angemeldet hat…
Last but not least gab es Streit um die Chatkontrolle, die die EU-Kommission einführen will. Offiziell geht es um den Schutz vor Kinderpornos – doch nicht nur Netzaktivisten fürchten, dass damit die Freiheit der Online-Kommunikation massiv eingeschränkt werden könne. Ein „Big Brother“ in Brüssel wäre das Letzte, was wir angesichts der Kriegspropaganda von allen Seiten und der jüngsten Zensurmaßnahmen brauchen…
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european
15. Mai 2022 @ 12:05
Gerade gelesen.
https://blackout-news.de/aktuelles/durchgesickertes-eu-dokument-zur-gasversorgung/
Man befürchtet Unruhen….