Plötzlich bangen sie um Merkel

Beim Parteitag der SPD geht es nicht nur um die nächste GroKo. Es geht auch um die Zukunft der Kanzlerin. Plötzlich dämmert dies auch den Leitmedien im In- und Ausland. Eine kleine Presseschau.

Monatelang haben die Medien so getan, als gehe es bei der Regierungsbildung nur um die “kleinen” Parteien. Erst wurden CSU, Grüne und FPD in die Mangel genommen, als das Spiel noch “Jamaika” hieß.

Dann kam die SPD an die Reihe. Die Genossen hätten die staatsbürgerliche Pflicht, eine Regierung zu ermöglichen, hieß es. Zuletzt wurden sogar kleine SPD-Ortsvereine in die mediale Pflicht genommen.

Nur die Kanzlerin hat keinen interessiert. Merkels Macht wurde wie selbstverständlich vorausgesetzt, ihre Brems-Manöver hinter den Kulissen – etwa bei der Euro-Reform – wurden geflissentlich ignoriert.

Warum schon ihr Merkel?” fragte ich in diesem Blog. Schließlich sollten die Medien doch vor allem den Mächtigen auf die Finger klopfen, und schließlich hat auch Merkel die Wahl verloren.

Doch nun, da es ernst wird bei der SPD, sorgen sich die Leitmedien plötzlich um die Kanzlerin. Allerdings wird sie noch immer nicht als Akteurin, sondern als eine Art unschuldiges Opfer dargestellt.

“Sozialdemokraten entscheiden über Merkels Zukunft”, schreibt die “Süddeutsche”. Wenn der SPD-Parteitag Verhandlungen über eine große Koalition ablehnt, sei Merkels letzte Chance auf eine Mehrheit vergeben.

Allerdings scheint der Autor selbst nicht recht an das Szenario “Machtverlust” zu glauben. Denn der Beitrag endet mit diesen beruhigenden (?) Sätzen:

Merkel mag also in ihrer bisher gefährlichsten Lage sein. Nach Lage der Dinge wird sie aber auch am Ende dieses Jahres noch Kanzlerin sein.

Größere Zweifel scheint “Le Monde” zu hegen. “En Allemagne, Merkel face aux états d’âme du SPD”, schreibt die französische Zeitung. Merkel sei nun mit den Zweifeln der SPD konfrontiert.

Die Korrespondentin geht nun aber nicht etwa der Frage nach, warum die Genossen an Merkel zweifeln. Stattdessen werden die Jusos porträtiert – und am Ende sogar in eine Reihe mit der FDP gestellt.

Ganz ähnlich geht der “Guardian” vor. “Young SPD activists in last-ditch bid to rule out Merkel deal”, heißt es in London. Immerhin wird hier von einem “Merkel-Deal” gesprochen.

Der Beitrag dreht sich dann zwar auch wieder vor allem um die Jusos und ihre Kritik am “Merkel-DEal”. Aber er ist doch skeptisch, was die Zukunft der “ewigen” Kanzlerin betrifft:

If the Jusos position wins the vote on Sunday, the SPD will have to abandon talks, setting Germany on a further, much longer, period of deadlock. It is likely that Schulz would be ousted, and Merkel’s future would also be in extreme doubt.

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