Panzerdebatte : Ein Faktencheck
Die Panzerdebatte im ARD-Presseclub hat die Gemüter bewegt. Könnte der Krieg nach Moskau getragen werden, sind schon Abrams-Panzer in Europa? Und was sagt General Milley zu den Aussichten? Ein Faktencheck.
- Zur Frage, ob der Kampf bis Moskau getragen werden könnte: Dazu die „New York Times“: Ukraine Targets Bases Deep in Russia, Showing Expanded Reach Launching drones at air bases 300 miles from its own territory, Ukraine changed the geography of the war. It said it had developed drones with a range of over 600 miles. Im Text heißt es: The other explosion occurred at the Dyagilevo military base in the central city of Ryazan, about 100 miles from Moscow, according to Russia’s defense ministry. – Die Drohnen könnten also auch Moskau treffen… – Nachtrag: Wie „Newsweek“ berichtet, ist Moskau im Visier der Ukraine. „Ukrainian presidential adviser Mikhail Podolyak has warned that the war in Ukraine could eventually reach Russia’s largest cities, including the capital, Moscow.„
- Zum Verhältnis Ukraine-Nato: Dazu erklärte der ukrainische Verteidigungsminister Resnikow: “Die Ukraine ist de facto Nato-Mitglied”, sagte Resnikow der BBC. “Ukraine as a country, and the armed forces of Ukraine, became [a] member of NATO. De facto, not de jure (by law). Und Nato-Generalsekretär Stoltenberg erklärte, die Nato leiste der Ukraine “vitale Hilfe”. – Das unterstreicht die These vom Stellvertreterkrieg.
- Zu Abrams-Panzern in Europa meldet Reuters am 11. Januar: U.S. military tanks at Dutch port en route to NATO frontier. Im Text heißt es: „There’s about 1,250 pieces of military equipment coming into this port,“ said Col. Robert Kellam, overseeing the operation on the U.S. side. The equipment includes M-1 Abrams tanks and Bradley Fighting Vehicles from the 2nd Brigade Combat Team, 1st Cavalry Division, of Fort Hood, Texas. Obwohl die Abrams schon in Europa stehen, will die USA sie nicht in die Ukraine schicken. Doch darüber wird nicht diskutiert – warum?
- Last but no least die jüngste Lagebeurteilung von General Milley, dem obersten Militär der USA: „From a military standpoint, I still maintain that for this year it would be very, very difficult to militarily eject the Russian forces from…every inch of Russian-occupied Ukraine,“ Milley said. „That doesn’t mean it can’t happen—doesn’t mean it won’t happen, but it’d be very, very difficult.“ Das sagte er am Freitag in Ramstein. Zugleich bekräftigte er seine Einschätzung, dass der Krieg nicht auf dem Schlachtfeld, sondern in Verhandlungen beendet werde. Die Quelle ist „Newsweek“.
Von all dem findet sich wenig bis nichts in den deutschen Medien. Ich habe es aus amerikanischen und ukrainischen Quellen – und nicht aus Moskau, auch wenn dies der eine oder andere Zuschauer des „Presseclubs“ mutmaßt.
Wie man die Quellen interpretiert, bleibt natürlich jedem selbst überlassen. Ich bleibe bei meiner Einschätzung: Die Lage in der Ukraine ist verdammt ernst, die Strategie des Westens ist unklar, und selbst US-Militärs warnen vor einer (rein) militärischen Lösung…
Mehr zum Ukrainekrieg hier
P.S. Die „Süddeutsche“ berichtet von einem Streit zwischen US-Verteidigungsminister Austin und dem Kanzleramt über die deutschen Panzer. Der Bericht enthält auch eine Passage zu den US-Tanks der Marke Abrams: „Austin verwies darauf, dass die Verlegung und der Betrieb der Abrams zu aufwendig und langwierig sein würde.“ Wenn er das so gesagt haben sollte, ist es nachweislich falsch – zahlreiche Abrams wurden gerade erst über die Niederlande nach Polen verlegt (siehe oben)!
KK
23. Januar 2023 @ 16:01
Wer das mit dem ukrainischen, von Selenskj verschärften Medienrecht in der Ukraine mal etwas genauer und aus Sicht der linken Opposition (ja, es gibt tatsächlich eine – verboten zwar und deren Mitglieder im Exil oder „verschwunden“, aber immerhin) wissen möchte:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=92840
KK
23. Januar 2023 @ 12:04
@ Thomas Damrau:
” – Schauen Sie sich das Leid in der Ukraine an!”
Und dabei nicht vergessen, dass die Pressegesetze der Ukraine gar keine anderen Bilder und Meinungen als die von Selenskyj gewollten aus dem Land lassen.
Selbst auf der Grünen Woche in Berlin gabs wieder eine Videoansprache von Selenskyi – der Typ ist inwischen wirklich sowas wie Orwells Big Brother, der einem von allen Bildschirmen omnipräsent seine Propaganda-Parolen ins Hirn träufelt!
Der ersetzt wahrscheinlich demnächst auch noch das Sandmännchen…
KK
23. Januar 2023 @ 10:51
@ Sigrid George:
„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk organisiert eine Diskussion, in der 1 Stimme der Vernunft 3 Militaristen gegenübergestellt wird.“
4 Militaristen – Sie vergessen die Moderatorin, die allenfalls gelegentlich mal wenig überzeugend versuchte, zumindest einen Anschein von Neutralität zu wahren.
Thomas Damrau
23. Januar 2023 @ 09:50
Ich habe mir jetzt auch den PresseClub vom Sonntag als Podcast angehört: Danke @ebo, dass Sie die Rolle des Renegaten ausgehalten haben.
Leider war auch das wieder eine Ukraine-Diskussion nach Schema F:
– Schauen Sie sich das Leid in der Ukraine an!
– Russland hat angegriffen!!
– Wir müssen alles tun, damit die Ukraine sich wehren~siegen kann!!!
Damit ist aber eben nicht geklärt:
– Was ist das Beste für die ukrainischen Bevölkerung (Ukrainische Bevölkerung ist nicht gleich ukrainische Führung), die Bevölkerung des Donbas, der Krim?
– Wer kämpft hier gegen wen?
– Welche Ziele haben Russland, die USA, die Ukraine und die EU?
– Wie unterscheiden sich die Ziele der gerade Genannten?
– Wie weit wollen wir mitgehen: Status Quo Ante 24. Feb 2023, Status Quo Ante 2014, Eroberung russischen Territorium als Faustpfand für einen Siegfrieden oder als Trigger für einen Regime-Change in Moskau (um ein Ukraine-Tribunal zu ermöglichen)?
– Damit verbunden: Was sind akzeptable Szenarien für ein Ende des Krieges?
– Vor allem: Wer bestimmt, was akzeptabel ist?
Die Diskussion über das Wer und Wozu wird klein gehalten. Stattdessen immer wieder der emotionale Appell: Wenn wir nicht …,
– machen wir uns schuldig !!!!!!!
– blamieren wir uns !!!!!!!
Sigrid George
23. Januar 2023 @ 09:12
Der Presseclub hinterließ den Eindruck, dass auch die demokratische Kultur in Deutschland Schaden nimmt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk organisiert eine Diskussion, in der 1 Stimme der Vernunft 3 Militaristen gegenübergestellt wird. Das Thema ist zu ernst, um es den „Moral“aposteln von den Grünen und der FDP Jeanne d’Arc zu überlassen. Danke an Herrn Bonse, der meines Erachtens die richtigen Fragen stellt. Es reicht ein Regimechange in den USA, und sie ziehen auf die gleiche Art ab wie aus Afghanistan. Der einzige, der ähnliche Fragen stellt, ist der ehemalige Verfassungsrichter Thomas Fischer, dessen Beiträge im Spiegel nun aber auch zu Bezahlartikeln gemacht wurden, während die Kriegspropaganda natürlich frei zugänglich ist.
ebo
23. Januar 2023 @ 09:19
Danke, aber Fragen stellen (sich) ganz viele. Allen voran die Militärs – Kujat, Vad in Deutschland, Ritter und sogar Milley in den USA. Doch auf diese Experten hört kaum noch einer…