Panzer: Berlin folgt Washington, nicht Paris oder Brüssel
Nun also doch: Deutschland will (leichte) Panzer an die Ukraine liefern. Bei seiner Entscheidung, bis zu 40 “Marder” bereitzustellen, folgt Kanzer Scholz in Berlin allerdings nicht der EU, sondern der US-Vormacht in Washington.
Wir hatten es vorausgesehen: “Panzer aus Deutschland, Kampfflugzeuge aus Polen – ich würde nichts mehr ausschließen. Da die EU keinen (schnellen) Frieden mehr anstrebt, hält sie nichts mehr davon ab, noch weiter auf die schiefe Ebene des Krieges zu rutschen.”
Dies schrieben wir am 4. Januar. Einen Tag später kam die Nachricht, dass Deutschland tatsächlich (leichte) Panzer liefern will. Das ging schneller als erwartet. Die Entscheidung wurde offenbar dadurch beschleunigt, dass Präsident Macron in Paris vorgeprescht war.
Die eigentliche Überraschung ist aber, dass Scholz sich nicht mit Macron, sondern mit US-Präsident Biden abgesprochen hat.
Berlin wolle “Schützenpanzer vom Typ Marder” liefern und die USA den Schützenpanzer vom Typ Bradley, gaben die Bundesregierung und das Weiße Haus in einer gemeinsamen Erklärung bekannt.
Wir haben es also mit einer Achse Berlin-Washington zu tun – und nicht mit einem koordinierten deutsch-französischen oder europäischen Vorgehen. Der Kanzler holt sich die Genehmigung im Weißen Haus ab, nicht in der EU-Kommission oder im Elysée-Palast.
Souverän ist das nicht, der viel beschworenen “strategischen Autonomie” der EU spricht es Hohn. Ich vermute zwar, dass sich Biden, Macron und Scholz abgesprochen haben und Macron einfach nur vorgeprescht ist. Doch die Symbolik spricht eine andere Sprache.
Im ersten großen Krieg in Europa seit den Balkankriegen ist die EU genauso abhängig von den USA wie damals, in den 90ern. Dies zeigt sich auch im Kosovo, wo es regelmäßig die Amerikaner sind, die angerufen werden, wenn ein Konflikt mit Serbien droht!
Das heißt nicht, dass Brüssel keine Rolle spielt. Die EU-Kommission hat die Koordinierung der Sanktionen mit den USA übernommen, zudem kümmert sie sich fürsorglich um US-Konzerne wie Pfizer, Exxon & Co., um Impfstoffe und LNG-Gas zu beschaffen.
Dafür greift Kommissionschefin von der Leyen, wenn es sein muß, sogar selbst zum Handy…
Siehe auch “Best of 2022 Sanktionen made in Washington” und “Deutsche Panzer gegen Russland”
KK
7. Januar 2023 @ 17:27
@ Robby und umbhaki:
UNwort des Jahres 2022: Zeitenwende!
european
7. Januar 2023 @ 17:01
Die Franzosen schlafen auch nicht. Bruno Le Maire prescht vor.
“This bill will aim at encouraging green industries, green hydrogen and electric batteries production, nuclear energy of course, and renewable energies. Let’s take advantage of this moment … to become the leading decarbonized nation in Europe,” he said.”
https://www.politico.eu/article/frances-le-maire-announces-package-to-boost-reshoring-of-green-industries/
Robby
7. Januar 2023 @ 00:15
Wort des Jahres 2022: Zeitenwende
Wort des Jahres 2023: Dewesternisierung
umbhaki
7. Januar 2023 @ 12:06
UNwort des Jahres 2022: Wertewesten.
Arthur Dent
6. Januar 2023 @ 22:16
„Die eigentliche Überraschung ist aber, dass Scholz sich nicht mit Macron, sondern mit US-Präsident Biden abgesprochen hat.“
– wenn es so wäre, wäre es tatsächlich eine Überraschung. Alle Welt weiß spätestens jetzt, dass deutsche Außenpolitik in Washington gemacht wird. Olaf arbeitet lediglich die To-Do-Liste Bidens ab. Die trauen sich nicht einmal zu atmen, ohne Erlaubnis des großen Bruders. War aber sachon immer so – „die unverbrüchliche deutsch-amerikanische Freundschaft“ ist schließlich Staatsräson. Deutschland wurde dadurch zum Partner einer habituell friedensunfähigen Imperialmacht, offiziell als Wertegemeinschaft bezeichnet. Parteien in Deutschland werden erst dann regierungsfähig, wenn sie sich zur NATO bekennen, sprich zur Militarisierung der Politik. Dass die USA ein unbeirrbarer Hort der Freiheit wären, ist ebenfalls ein Märchen – Norman Mailer, Pearls S. Buck, Ernest Hemmingway, John Steinbeck, William Faulkner, Truman Capote – sie alle wurden aus politischen Gründen vom FBI überwacht.
KK
6. Januar 2023 @ 17:39
“Dafür greift Kommissionschefin von der Leyen, wenn es sein muß, sogar selbst zum Handy…”
Das ja schon seit ihrer Zeit als deutscher Verteidigungsministerin mit der APP “Diese Nachricht löscht sich automatisch sofort nach Kenntnisnahme”, deren Vorläufer man ja schon seit Jahrzehnten aus einer alten TV-Serie kennt, ausgerüstet ist…
Kopien der Kommunikation werden aber sicherlich bei der NSA aufbewahrt… und das ganz bestimmt nicht, um lediglich künftigen Historikergenerationen ihre Arbeit zu erleichtern.
KK
6. Januar 2023 @ 15:31
„Dafür greift Kommissionschefin von der Leyen, wenn es sein muß, sogar selbst zum Handy…“
Das wohl mit der Funktion, die man ja gut aus einer alten TV-Serie kennt, ausgerüstet ist: „Diese Nachricht wird sich nach Kenntnisnahme sofort vernichten“
european
6. Januar 2023 @ 12:29
Dazu passend der aktuelle Artikel von H. Flassbeck auf relevante-oekonomik.com.
Jedem einzelnen Punkt kann man nur zustimmen.
https://www.relevante-oekonomik.com/2023/01/06/die-verklemmte-republik-anmerkungen-zum-jahreswechsel/
„Wenn das Spitzenpersonal der Parteien bedient ist, der Geschlechterverteilung, dem Migrationshintergrund und der regionalen Verteilung der Ämter Genüge getan ist, bleibt einfach niemals mehr Platz für eine Person, die intellektuell und organisatorisch in der Lage wäre, ein Ministerium zu führen und dem Land die notwendige Orientierung zu geben.“
Sehr schönes Schlussstatement. Keine weiteren Fragen.