Orban ermächtigt sich, Leyen-Truppe drückt sich

An Warnungen hat es nicht gefehlt. Auch Fragen wurden viele gestellt, öffentlich und im Hintergrund. Doch die LeyenKommission in Brüssel wollte sich nicht zu Ungarns Ermächtigungs-Gesetz äußern. Jetzt ist es zu spät – oder?

Orban kann künftig mit umfassenden Sondervollmachten gegen die Coronakrise vorgehen. Das Parlament in Budapest billigte ein Notstandsgesetz, das es dem rechtsnationalen Regierungschef ermöglicht, ohne zeitliche Befristung auf dem Verordnungsweg zu regieren.

Die Verordnungen sehen Haftstrafen von bis zu fünf Jahren vor, falls sich jemand Anordnungen zu Eindämmung des Virus widersetzt oder „Falschnachrichten“ über die Krise verbreitet. Orban kann aber noch weitere Sondergesetze erlassen – ohne das Parlament.

Die Dauer der Vollmachten ist erstmal nicht begrenzt. Sie bemisst sich lediglich daran, wie lange die Regierung den Notstand als gegeben ansieht. Orban hat sich sein Ermächtigungsgesetz auf den Leib geschneidert, so schnell kriegt man das nicht wieder weg.

Dass es so weit kommen würde, war seit Tagen absehbar. Immer wieder wurde die EUKommission nach Orban und seinen Plänen gefragt. Doch die Leyen-Truppe wollte keine Antwort geben. Sie verwies auf einen „Aktionsplan“ zu Demokratie und Menschenrechten.

Doch dieser Plan scheint mehr für Uganda gedacht zu sein als für Ungarn. Die zuständigen Kommissare ducken sich ebenso weg wie Kommissionschefin von der Leyen, die Orban ihr Amt verdankt. Man werde die Vollmachten „evaluieren“, heißt es in Brüssel.

Versagt hat auch die Europäische Volkspartei, der von der Leyen ebenso angehört wie M. Weber oder D. Tusk. Die EVP hat sich vor der Entscheidung gedrückt, Orbans Fidesz-Partei herauszuwerfen, wie Tusk forderte – CDU und CSU haben es verhindert.

Bleibt zu hoffen, dass die EU nun endlich die Lehren aus diesem politischen „Super-GAU“ zieht – und künftig früher und energischer einschreitet, wenn ein „Diktator“ (so Ex-Kommissionschef Juncker scherzhaft zu Orban) nach der Macht greift.

Vielleicht kommt man in Brüssel ja auch auf den Gedanken, dass die Notstandgesetze und Ausnahmeregeln, die wg. Corona erlassen werden, dringend überprüft und begrenzt werden müssen. Sonst könnte Orban schon bald Nachfolger finden…

Siehe auch „Wo bleibt die demokratische Kontrolle?“

P.S. Nun hat die EU-Kommission doch noch ein Statement herausgegeben. Allerdings wird darin weder von Orban noch von Ungarn gesprochen. Wer es gerne etwas konkreter hätte, könnte diese Petition unterschreiben – ich hab’s auch gemacht!