Ohne die EU – wäre das Reisen beschwerlich

Die EU steckt in der Dauerkrise. Doch verzichten möchte kaum jemand auf die Vorteile der Union. Das gilt auch für die grenzenlose Reisefreiheit – ohne „Schengen“ drohen Wachstumseinbußen.Teil 2 einer fünfteiligen Serie.

Man kann es sich heute kaum noch vorstellen: Wer vor dem 26. März 1995 von Deutschland oder Portugal in ein anderes EU-Land reisen wollte, musste seinen Ausweis vorzeigen und sich auf lange Wartezeiten an der Grenze einstellen.

Viele EU-Länder kamen sogar erst 2001 oder – im Falle der neuen Mitglieder – 2007 in den Genuss des Schengener Abkommens, das die grenzenlose Reisefreiheit sichert.

Vor allem für Länder in Randlage wie Portugal war die Abschaffung der Binnengrenzen ein riesiger Gewinn. Sie waren nun nicht mehr vom Rest der EU „abgeschnitten“ und konnten Handel und Tourismus spürbar ausweiten.

Allerdings entstanden mit Schengen auch neue EU-Außengrenzen. Das schuf ungeahnte Probleme, wie sich während der Flüchtlingskrise vor allem in Griechenland gezeigt hat.

Den massiven Zustrom von Migranten durch ungesicherte Außengrenzen nahmen einige EU-Länder ab 2015 zum Anlass, wieder Kontrollen einzuführen und das Schengener Abkommen teilweise auszusetzen.

Damit werde ein „Eckpfeiler des europäischen Projekts“ erschüttert, kritisierte die portugiesische Zeitung Jornal I.

Auch die Experten von der deutschen Bertelsmann-Stiftung schlugen Alarm: Ein Ende von Schengen könne Europa dramatische  Wachstumsverluste bescheren, hieß es in einer Studie: Für die gesamte EU wären bis zum Jahr 2025 Einbußen von 470 Milliarden Euro zu erwarten.

Doch bisher haben sich diese Warnungen nicht bewahrheitet. Das Schengen-System ist nicht zusammengebrochen – trotz gelegentlicher Kontrollen funktioniert die Reisefreiheit weiter.

Welch dramatische Folgen die Wiedereinrichtung von Grenzen in Europa haben kann, hat sich am Streit um den Brexit und den „Backstop“ für Irland gezeigt.

Brüssel beharrt auf dieser Notfalllösung, um nach dem britischen EU-Austritt eine neue „harte“ Grenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland zu verhindern.

Zäune, Schlagbäume oder andere Barrieren könnten, so die Sorge, den Frieden nach dem Karfreitagsabkommen gefährden.

Grenzen bleiben in Europa also brisant – nicht nur aus ökonomischen Gründen. Sie auf Dauer wieder einzuführen, wäre nicht nur für Irland oder Portugal ein riesiges Problem.

Hinweis: Dieser Artikel wurde zuerst auf der Website des Goethe-Instituts e. V. veröffentlicht, das Original steht hier. Der erste Teil der Serie steht hier