Oettinger wehrt sich – Frontex rüstet sich

Günther Oettinger zeigt Nerven. Ungewöhnlich vehement widersprach der EU-Haushaltskommissar der Darstellung, Deutschland drohe ab 2021 ein „Beitrags-Hammer“. Das sei an den Haaren herbeigezogen, schimpft der CDU-Politiker.

Zuvor hatten die „Bild“ und mehrere andere Zeitungen berichtet, die deutschen Zahlungen würden sich bis 2027 verdoppeln und netto auf 33 Milliarden Euro ansteigen.

Oettinger, der den mittelfristigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 entworfen hat, sprach von „völlig falschen, unwahren und lügenhaften Zahlen“. Seine Kritiker seien unredlich.

Tatsächlich gehen in der Debatte mehrere Dinge durcheinander. Die Kritiker sprechen von Nettozahlungen – also dem Betrag, den Deutschland mehr nach Brüssel überweist, als es später wieder zurück bekommt.

Diese sollen bis 2027 tatsächlich steigen – allerdings nicht auf 33 Milliarden, sondern „nur“ auf 23,5 Milliarden, so Oettinger.

Diese Zahl habe er sogar schon mit dem Bundesfinanzministerium in Berlin abgestimmt, erklärte der scheidende deutsche Kommissar.

Dass der Nettobeitrag steige, liege am Brexit, aber auch an neuen EU-Aufgaben wie der Flüchtlingshilfe oder dem Satellitenprogramm Galileo. Berlin zahle dort ein, „doch es kommt kein Satellit zurück“. 

Oettinger kritisierte auch den Plan der Bundesregierung, das EU-Budget auf 1,0 Prozent der Wirtschaftsleistung zu begrenzen und den deutschen Beitrags-Rabatt zu bewahren.

Mit einem so niedrigen Budget könne man nicht mehr Geld für Klimaschutz oder Verteidigung ausgeben, wie dies die künftige Kommissionschefin Ursula von der Leyen plant.

Zudem sei der deutsche Rabatt widersinnig, wenn die „Mutter aller Rabatte“, der so genannte Briten-Rabatt, wegfällt.

Er war von der britischen Premierministerin Margaret Thatcher erkämpft worden, soll jedoch mit dem Brexit endgültig fallen. Dennoch will Berlin weiter einen Nachlass.

Dies passe nicht zum Koalitionsvertrag, so Oettinger. Denn darin war noch von einer Erhöhung des deutschen EU-Beitrags die Rede – und vom „Aufbruch für Europa“…

Siehe auch „Oettinger stellt sich gegen Merkel“ und „Die brisante Zwei-Prozent-Debatte“

Watchlist

  • Noch ein Gerichtsverfahren zur Flüchtlingspolitik. Eine Gutachterin des Europäischen Gerichtshofs äußert sich am Donnerstag zur Umverteilung von Asylbewerbern. Die EU-Kommission hat Polen, Ungarn und Tschechien verklagt, weil sie sich gegen den entsprechenden EU-Beschluss sperren. Ein Urteil wird allerdings erst in einigen Wochen oder Monaten erwartet.
  • Siehe auch „Wie Seehofer sich (s)ein neues Asylsystem vorstellt“

Was fehlt

  • Die Aufrüstung von Frontex. Die EU-Grenzschutzbehörde bekam endgültig grünes Licht für die Rekrutierung von 10.000 Mitarbeitern. Bisher zählt sie gerade einmal 700. Der Ausbau soll zwar bis 2027 dauern – was langsamer ist, als die künftige Kommissionschefin von der Leyen fordert. Dafür darf Frontex künftig aber auch gegen den Willen eines Mitgliedstaates eingreifen. Sogar in Nicht-EU-Staaten soll sie tätig werden…
  • Siehe auch „Frontex-Ausbau: Juncker läuft den Rechten hinterher“ sowie „Heuchelei um Frontex“

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