Oettinger stellt sich gegen Merkel

Wer hätte das gedacht? Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit als EU-Haushaltskommissar stellt sich Günther Oettinger (CDU) gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Regierung. Es geht ums Geld.

Oettinger fordert nicht nur, den deutschen Beitrag zum EU-Rahmenbudget 2021-2027 zu erhöhen. Er will auch das Ende aller Rabatte, die mit dem “Briten-Rabatt” eingeführt wurden.

Großbritannien hat seit 1984 einen Nachlass auf seine Mitgliedsbeiträge. In der Folge setzten auch die Nettozahler Deutschland, Niederlande und Schweden eigene Vergünstigungen durch.

Sie müssen nur 0,15 Prozent der Mehrwertsteuereinnahmen abführen. Dies ist die Hälfte dessen, was sonst üblich ist. So zahlte Deutschland 2018 nur gut zwei Milliarden Euro.

“Mit dem Austritt des Vereinigte Königreichs wird der damit verbundene Rabatt enden”, erklärte Oettinger. Dies sei “eine einmalige Gelegenheit”, um “alle Korrekturen auf der Einnahmeseite zu beseitigen”.

Zudem verweist der CDU-Politiker auf das Koalitionsprogramm. Daran hat sich Berlin nicht nur auf einen “Aufbruch für Europa”, sondern auch auf höhere deutsche EU-Beiträge verpflichtet.

Doch nun wollen Merkel und ihr Finanzminister Olaf Scholz (SPD) davon nichts mehr wissen. Sie wollen den deutschen Beitrag eng begrenzen und gleichzeitig den Rabatt behalten.

“Ist Deutschland das neue Großbritannien”, fragte der französische EU-Korrespondent Jean Quatremer nach. “Die Frage ist berechtigt”, antwortete Oettinger.

Es gebe zwar noch härtere EU-Staaten, die sich in der “Better Spending”-Allianz zusammengetan haben. Die deutsche Haltung passe jedoch nicht zum offiziellen Diskurs.

Dabei ist man in Berlin schon viel “weiter”. Merkel und Scholz arbeiten längst darauf hin, das neue EUBudget unter deutschem Ratsvorsitz zu beschließen, im 2. Halbjahr 2020.

Dann ist Oettinger nicht mehr im Amt. Stattdessen darf sich Merkels Freundin Ursula von der Leyen mit dem leidigen Thema herumschlagen. Wird ihr der Geldhahn abgedreht?

Siehe auch “Leyen kann nur so stark sein, wie Merkel sie lässt” und “Merz rechnet mit Merkels Europapolitik ab